Der Wald, das beste Fitnessstudio der Welt

  
Bestseller-Autor Clemens G. Arvay erklärt, warum wir unter Bäumen sporteln sollten.

Manchmal schlüpft Clemens G. Arvay um Mitternacht in seine Laufschuhe, schnallt sich die Stirnlampe um den Kopf und läuft los. In den Wald. Durch die Nacht. "Wenn die Sterne funkeln oder der Vollmond leuchtet, ist das ein ganz besonderes Erlebnis", schwärmt der Pflanzenwissenschaftler. Sein Buch "Der Biophilia-Effekt" wurde ein Bestseller; morgen erscheint der Nachfolger "Das Biophilia-Training", das er gemeinsam mit Fitnesstrainerin Mariya Beer geschrieben hat. Und auch dieses Buch handelt, natürlich, von Arvays allerliebstem Ort: dem Wald.

Der Wald, das beste Fitnessstudio der Welt
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Denn dieser, so der 35-Jährige, sei "der beste Physiotherapeut" und "besser als jedes Fitnessstudio". Er empfiehlt, die stickige Muckibude so oft wie möglich gegen den kühlen Wald zu tauschen – aus mehreren Gründen. "Wir sind Naturwesen, unser Körper ist an natürliche Untergründe angepasst: Waldböden, Wiesen, Felsen." Die unebenen Flächen haben positive Effekte für den Körper: "Sie sind gut für unsere Gelenke, weil die Stöße gedämpft werden und wir Unebenheiten ausgleichen müssen. Dabei stabilisiert sich die Muskulatur bis ins Genick hinauf. Das Trainieren der Feinmuskulatur ist auf dem ebenen Boden des Fitnesscenters gar nicht möglich."

Abenteuerlust

Auch in Sachen Motivation kann das Studio mit dem Wald nicht mithalten, findet Arvay. "Im Fitnesscenter kommen wir nicht voran, es ist langweilig. Der Wald hingegen ist ein Ort der Abwechslung, man kann immer etwas Neues entdecken. Diese Abenteuerlust motiviert." Studien haben den anspornenden Effekt von Grünflächen bereits bewiesen: Menschen, die in der Nähe von Parks oder Wäldern leben, machen bis zu drei Mal so viel Sport wie andere.

Über das "Wunder Waldluft" hat Arvay bereits in seinem Buch "Biophilia-Effekt" geschrieben. Beim Sporteln unter Bäumen wird die positive Wirkung gesteigert: Aufgrund der intensiven Atmung strömen noch mehr sekundäre Pflanzenstoffe in die Lunge – unter ihnen befinden sich die sogenannten Terpene, Aromastoffe, die aus dem pflanzlichen Sozialleben stammen und sich positiv auf das Immunsystem auswirken. "Nicht nur das", sagt Arvay. "Die Terpene regen die Nebennierenrinde dazu an, mehr körpereigene Herzschutzsubstanzen zu produzieren, die wiederum vor koronaren Herzerkrankungen und Infarkten schützen."

Der Wald, das beste Fitnessstudio der Welt

Bei dieser Fülle an Vorteilen scheint es verwunderlich, dass die Wälder nicht voll sind mit joggenden und kniebeugenden Menschen. Genau das möchte Clemens Arvay hinterfragen: "Warum hat sich das Naturwesen Mensch so weit von der Natur entfernt, obwohl sie ihm so guttut? Die einfachen Dinge des Lebens, wie den Wald zu genießen, sind ja oft für viele aus Zeitgründen gar nicht mehr möglich."

Nicht esoterisch

Dabei ermögliche das Biophilia-Training, vom Stress am Arbeitsplatz sowie von einer Welt, "in der wir nur noch Konsumobjekte sind", Abstand zu gewinnen, sagt Arvay. "Aus meiner persönlichen Erfahrung ist das in der Natur viel leichter möglich als im Fitnesscenter. Das Fitnessstudio ist ein weiterer Marketingtempel, wo uns Proteinshakes verkauft werden und Mitgliedsbeiträge zu zahlen sind. Die Natur darf man einfach so nutzen, gratis und jederzeit. Und wir sind sogar ein biologischer Teil davon."

Arvay, der in der Nähe von Krems an der Donau lebt, läuft oder spaziert jeden Tag durch den Wald – auch im Winter, bei Eis und Schnee. Ausreden, ist er überzeugt, gibt es nämlich keine. "Mit der richtigen Ausrüstung ist das kein Problem und sogar ein Erfolgserlebnis. Könnte ich das Biophilia-Training im Winter nicht machen, würde ich wohl auswandern."

Das Vorurteil, seine Bücher seien esoterisch angehaucht, ärgert den studierten Biologen. "Alle Wirkungen sind wissenschaftlich belegt. Es ist doch nichts rationaler und logischer, als dass uns die Natur guttut."

Der Wald, das beste Fitnessstudio der Welt
Biophilia Training

„Das Biophilia-Training – Fitness aus dem Wald“ von Clemens G. Arvay und Mariya Beer ist im Verlag edition a erschienen und ab sofort um 22 Euro erhältlich.

Im Buch "Das Biophilia-Training" zeigen Clemens Arvay und Fitnesstrainerin Mariya Beer zahlreiche Übungen für das Work-out unter Bäumen.

Wärmen Sie auf Zum Aufwärmen eignet sich ein etwa 15-minütiges Lauftraining. Suchen Sie sich zuerst eine Strecke, die etwa 40 Meter lang und frei von Hindernissen ist, und traben Sie locker hin und her. Für den Hindernislauf suchen Sie eine Stelle, die Ihnen besonders "gruselig" vorkommt, und prüfen Sie sie auf unebene Stellen oder Löcher. Bei diesem Lauf geht es darum, die Knie möglichst schnell hochzuziehen.

Atmen Sie Stellen Sie sich hüftbreit auf den Waldboden und führen Sie Ihre Arme nach außen in einer kreisförmigen Bewegung nach oben (wie eine Baumkrone). Atmen Sie tief ein, zuerst in den Bauch, dann in die Brust. Anschließend führen Sie die Arme geschlossen vor dem Körper nach unten, gehen leicht in die Hocke und drücken die Ellenbogen auf Höhe der Magengrube an den Körper. Atmen Sie vollständig aus, sodass die verbrauchte Luft aus Ihnen entweicht. Durch diese Übung nehmen Sie viele Terpene aus der Waldluft auf und stoßen Schadstoffe aus der Lunge aus.

Werden Sie kreativ Der Wald bietet zahlreiche natürliche Trainingsgeräte, die gewöhnliche Übungen intensivieren können. Für Kniebeugen stellen Sie sich etwa auf einen umgelegten Baumstamm und nehmen Sie einen herumliegenden Ast, der vom Gewicht her Ihrem Können entspricht, in die Hände. Die Regeln sind dieselben wie bei der normalen Kniebeuge, nur halten Sie den Ast mit beiden Händen in die Höhe, sodass die Übung schwieriger wird.

Dehnen Sie Für das Strecken der Brustwirbelsäule suchen Sie sich eine Erhöhung, etwa einen Ast oder freistehenden Felsen. Je beweglicher Sie sind, desto tiefer darf er sein. Strecken Sie die Arme über den Kopf, die Handflächen zeigen zueinander. Neigen Sie sich so weit nach vorne, dass die Arme auf der Erhöhung abgestützt sind. Atmen Sie aus und strecken Sie die Brustwirbelsäule.

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