Polen: Streit um den Weihnachtskarpfen

Sogar der Generalstaatsanwalt ist gegen die Sitte, lebende Karpfen bis zum Heiligen Abend in der Badewanne zu halten.

In Plastikfolie eingewickelte Nackte störten am Dienstag in Polens Städten den Frieden des Weihnachtseinkaufs.

Denn gestern war der „Tag des Fisches“, ein von Tierschützern kreiertes Datum, um den Karpfen vor seinem traditionellen Tod am Heiligen Abend zu bewahren.

Mit Theaterstücken, Konzerten und Flugblättern warben Organisationen wie „Empatia“ oder „Viva“ für einen fischlosen 24. Dezember. Sowie mit den besagten Nackten, die den Karpfen nachbildeten, wie er in Folie in den Kühlregalen der Supermärkte ausliegt.

Der Karpfen gilt als die bekannteste der zwölf fleischlosen Speisen, die bei einer konservativen polnischen Familie auf den Tisch kommt. Die Zahl leitet sich von den zwölf Aposteln ab.

In dem über 90 Prozent katholischen Land werden jährlich 15 Millionen Karpfen verspeist, rund 80 Prozent davon am Heiligen Abend. In Kübeln auf der Straße und in geheizten Zelten vor Supermärkten mit Riesentanks wird der Teichfisch zur Zeit angeboten.

"Absurd"

Der polnische Traditionalist nimmt den Karpfen dann ein paar Tage vor dem Fest zappelnd nach Hause, setzt ihn in die Badewanne und streut dem Tier dann Salz auf die Kiemen, womit es erlöst ist.

„Wir wollen die Zeit vor Heiligabend dazu nutzen, den Leuten zu erklären, was es heißt, ein solches Lebewesen wie den Fisch zu töten“, so Katarzyna Biernacka, die Vorsitzende des Vereins „Empatia“.

Die meisten Polen lassen sich jedoch nicht von den Tierschützern beeinflussen, gerade mal ein Prozent ernährt sich vegetarisch.

Die Tierschützer haben jedoch prominenten Beistand erhalten: Generalstaatsanwalt Andrzej Seremet hat an alle Staatsanwaltschaften des Landes ein Schreiben verschickt, in dem er das gängige Nach-Hause-Tragen eines lebenden Weihnachtskarpfen in einer Plastiktüte geißelt. „Dies ist eine Rechtsübertretung, die mit bis zu einem Jahr Freiheitsentzug geahndet werden könne“, heißt es dort. „Absurd“, „ein Scherz“, „Seremet macht sich über unser Amt lustig“, sagen viele Staatsanwälte.

Kommentare