100 Prozent FIFA, 0 Prozent Steuern

Sepp Blatters erfolgreiches Druckmittel Steuerbefreiung kommt in Brasilien ebenso schlecht an wie die eigene Regierung.
Warum der Weltverband und seine Sponsoren in Brasilien ganz legal keine Steuern zahlen.

Ist es Ihnen aufgefallen? Vor der WM dominierten Bestechungsskandale, Massenproteste und nicht fertig gebaute Stadien die öffentliche Wahrnehmung. Doch seit dem Anpfiff beim Eröffnungsspiel BrasilienKroatien walzt die gut geölte Fußball-Maschine alle Nebenschauplätze nieder. Die Qualität des Gebotenen, die vielen Partien und der entstandene Sog Richtung Entscheidungsspiele übertönt medial alles andere.

Die vor Kurzem noch lautstark vorgetragene Kritik an der FIFA? Maria Regina Duarte hält an ihr fest. Sie äußert ihre Bedenken am WM-Business nicht per Lautsprecher, aber beharrlich. Seit 20 Jahren arbeitet die Steuerprüferin für die brasilianische Steuerbehörde, auf Einladung des Instituts für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (VIDC) war Duarte gemeinsam mit dem Schweizer Journalisten Jean Francois Tanda in Wien.

Die beiden Experten vermittelten ein präzises Bild davon, warum die Brasilianer ihre Seleçao lieben, aber doch gegen die WM protestieren. Und wie es die FIFA geschafft hat, dabei völlig legal steuerfrei zu verdienen.

"Das WM-Stadion in Brasilia ist das zweitteuerste der Welt", erklärt Duarte. Umgerechnet 670 Millionen Euro betragen die Gesamtkosten. "Nach der WM wird es aber ein weißer Elefant, weil es in Brasilia keinen erstklassigen Klub gibt." Ein teurer Spaß – vor allem, wenn man bedenkt, dass Steuerzahler dafür aufkommen müssen.

Bei der Vergabe der WM hatte der damalige Staatspräsident Lula noch angekündigt, dass die WM keine öffentlichen Gelder verschlingen würde. Seither sind nicht nur die Kosten für die Endrunde auf rund 8,5 Milliarden Euro angestiegen. Auch der Anteil der Steuergelder ist explodiert: Laut brasilianischem Rechnungshof kommt die Privatwirtschaft nicht wie angekündigt für 100 Prozent der Kosten auf, sondern nur für läppische 16 Prozent.

Und was hat die FIFA mit einer fahrlässigen bis korrupten politischen Führung in Brasilien zu tun? Tanda erklärt es: "Die FIFA ist ein gemeinnütziger Verein und darf sich laut Statut keinen wirtschaftlichen Aufgaben widmen." Dennoch macht der Weltfußball-Verband jährlich enorme Gewinne, im WM-Jahr 2010 waren es gar über 200 Millionen Dollar.

Kreativabrechnung

Es wäre also genug Geld für Brasilien vorhanden. Allein: Der WM-Gewinn fließt unversteuert in das FIFA-Hauptquartier ab. Und in der Schweiz muss das Imperium von Sepp Blatter dank der Einstufung als gemeinnützig einen fast schon lächerlich niedrigen Anteil von vier Prozent des Reingewinns als Steuer abführen.

Wie das geht? 2012 wurden in Brasilien mehrere Steuerbefreiungsgesetze beschlossen – für die FIFA, aber auch für ihre Tochterunternehmen und die WM-Sponsoren. Der Oberste Gerichtshof ist alarmiert, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit blieb bis heute aus.

Laut Tanda hat sich Brasilien vor der FIFA aber gar nicht weiter verneigt als andere WM-Kandidaten: "Egal, wo auf der Welt – jeder Bewerber sichert diese von der FIFA erwarte Steuerbefreiung zu. Sonst gibt es keine Chance, den Zuschlag für die WM zu bekommen."

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