Die Regeln für das Pfeifkonzert
Die Aufregung war groß am 27. Juni 2010. WM-Achtelfinale zwischen Deutschland und England. Frank Lampard hatte von der Strafraumgrenze abgezogen, von der Unterkante der Querlatte sprang der Ball ins Tor, kam dabei klar hinter der Linie auf und sprang mit Effet wieder zurück ins Spielfeld. Tor? 2:2? Nein, die Unparteiischen aus Uruguay hatten das Tor nicht erkannt – Deutschland gewann mit 4:1.
Erstmals im WM-Einsatz ist auch die kleine Spraydose, welche die Referees bei Freistößen zur Anwendung bringen. Der Unparteiische markiert damit die Stelle, an der der Freistoß ausgeführt wird, und die Linie, die die Spieler in der Mauer nicht übertreten dürfen. Damit soll verhindert werden, dass sich die Spieler entscheidende Zentimeter erschwindeln, wenn ihnen der Referee kurz den Rücken zuwendet. Die Linien sind zwei Minuten später nicht mehr zu sehen.
So oder so wird in den nächsten Wochen wieder über strittige Entscheidungen diskutiert werden. War die rote Karte nicht zu hart? War dieser Hand-Elfmeter wirklich zu geben?
Der KURIER beleuchtet vor WM-Start drei Regel-Themen und versucht, Irrtümer aus der Welt zu schaffen.
Torraub – letzter Mann
Der Begriff "Torraub" ist im Fußball allgegenwärtig, obwohl er im Regelwerk überhaupt nicht existiert. Die Rede ist indes von der "Vereitelung eines Tores oder einer offensichtlichen Torchance". Es muss also nicht erst ein Tor "geraubt" werden. Auch die Bezeichnung "letzter Mann" findet man im Regelwerk nicht. Ob eine offensichtliche Torchance verhindert wurde, entscheiden folgende Komponenten:
Die Distanz zwischen Vergehen und Tor. Hätte der Angreifer unmittelbar einen Torschuss abgeben können?
Die Richtung des Spiels. Hatte der Angreifer einen klaren Zug zum Tor?
Die Position und Anzahl verteidigender Spieler. Hätte noch ein anderer Verteidiger eingreifen, sprich den Torschuss verhindern können?
Foul von hinten
Gängig ist die Meinung, das Attacken von hinten automatisch mit einer roten Karte geahndet werden müssen, sofern dabei nicht der Ball gespielt wird. Das ist grundsätzlich falsch. Der Irrglaube entstand durch diverse Schwerpunkte, die vor Großereignissen ausgegeben wurden, wie zum Beispiel, dass gegen Attacken, die die Gesundheit der Spieler gefährden, rigoros durchgegriffen werden soll.
In den Regeln ist von rücksichtslosem (Gelb) und groben (Rot) Foul die Rede. Wörtlich heißt es: Ein Spieler, der im Kampf um den Ball von vorne, von der Seite oder von hinten mit einem oder mit beiden Beinen in einen Gegenspieler hineinspringt und durch brutales Spiel die Gesundheit des Gegners gefährdet, begeht ein grobes Foul.
Somit ist klar: Eine Attacke von hinten wird nicht grundsätzlich anders bewertet als eine von vorne. Auch wenn der Ball gespielt wird, ist das nicht zwingend strafmildernd, sollte es sich um eine brutale Attacke handeln.
Handspiel
Die Bewegung der Hand muss zum Ball gehen.
Die Entfernung zum Gegner. Bei einem plötzlichen Pass oder Torschuss aus der Nahdistanz kann keine Absicht unterstellt werden.
Die Position der Hand bzw. des Armes. Es wird zwischen natürlicher und unnatürlicher Haltung unterschieden.
Für eine gelbe Karte reicht ein absichtliches Handspiel alleine noch nicht. Die Verwarnung gibt es erst, wenn auch eine Unsportlichkeit vorliegt. Sprich, ob mit dem Handspiel verhindert wird, dass ein Gegenspieler an den Ball kommt oder gar ein aussichtsreicher Angriff unterbunden wird.
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