Ein Schnellzug als WM-Motivator
Rekordnationalspieler mit 142 Länderspielen und gleich drei Mal nacheinander im Endspiel bei einer Fußball-Weltmeisterschaft: Nicht Pelé, Ronaldo, Zico oder sonst ein brasilianischer Fußball-Star hat das erreicht – nur der kantige Abwehrspieler Cafu.
Als Fußball-Deutschland im Frust versank, hatte Cafu den Auftritt seines Lebens: Nach dem WM-Finale 2002 hielten FIFA-Boss Joseph Blatter und Pelé gemeinsam den goldenen Pokal in den Händen, jeder wollte ihn unbedingt Brasiliens Kapitän überreichen. Der Mann mit der Rückennummer 2 rüttelte sicherheitshalber kurz am Rednerpult und sprang dann – entgegen dem Protokoll – auf dieses drauf. Mit dem Victory-Zeichen und einem unendlich glücklichen Lachen nahm Cafu die Trophäe entgegen und küsste sie.
Die Krönung
Sein breites Grinsen ist auch heute noch oft in seiner Heimat zu sehen: Der 43-Jährige ist eine Symbolfigur des fünften WM-Titels für die große Fußball-Nation, ein Werbeträger im Fernsehen, unter anderem Markenbotschafter bei Volkswagen und ein Experte für die Nationalmannschaft.
Cafus gewinnendes Lächeln leuchtet auch für die Fundação Cafu, seine Stiftung in São Paulo. Im Stadtteil Jardim Irene, wo der brasilianische Rekordnationalspieler einst aufwuchs, werden 750 Kindern aus armen Verhältnissen zwischen drei und 18 Jahren Freizeit- und Fortbildungsangebote gemacht.
Der Weltmeister von 1994 und 2002 wurde als Marcos Evangelista de Moraes geboren und erhielt seinen Spitzname später nach dem ehemaligen brasilianischen Stürmer Cafuringa. Beim FC São Paulo hatte er zunächst nichts zu lachen: "Etwa 15 Tage Probetraining musste ich absolvieren, die mir vorkamen wie eine Ewigkeit", erzählte er kürzlich. In Italien, wo er zwischen 1997 und 2008 für AS Roma und AC Milan spielte, nannten sie ihn "Pendolino", nach dem italienischen Schnellzug. Denn Cafu war kein Rastelli: Er raste die Außenbahn rauf und runter und empfahl sich als Flankengeber, auch wenn er dabei ab und zu seine Abwehraufgaben vernachlässigte.
In der Nationalmannschaft schätzten sie aber schon bald seine Zuverlässigkeit, seinen Teamgeist und seinen Humor. Im WM-Finale 1994 von Pasadena, beim 3:2-Erfolg im Elfmeterschießen gegen Italien, wurde Cafu nach 20 Minuten für den verletzten Jorginho eingewechselt. Damals hielt noch Carlos Dunga den WM-Pokal in die Höhe. 1998 durfte kein Brasilianer die Trophäe stemmen: Frankreich besiegte den Titelverteidiger aus Südamerika im Endspiel von Paris ganz klar mit 3:0.
Das Relikt
Bei der Endrunde 2002 in Südkorea und Japan war Cafu das letzte Überbleibsel des 94er-Weltmeister-Teams. Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari hatte ihn nach dem Ausfall Emersons vor WM-Anpfiff zum Kapitän ernannt und lobte ihn als "taktisch sehr diszipliniert, absolut zuverlässig und solide". 2006 führte er noch einmal sein Team bei der WM an, der Mitfavorit scheiterte aber im Viertelfinale an Frankreich.
Heute ist Scolari wieder Chefcoach, und er soll dem Rekordweltmeister bei der Heim-WM den sechsten Titel bescheren. Beim Confed-Cup im vergangenen Jahr in Brasilia stand Cafu auf dem Trainingsplatz bei Neymar und Kollegen. "Ich habe nur ein paar Worte an die Spieler gerichtet, um sie und den Trainerstab zu motivieren", sagte er und strahlte nach dem glanzvollen 3:0 im Finale gegen Spanien. Der Gastgeber werde mit der Atmosphäre vom Finale 2013 im Maracanã in die WM starten: "Brasilien ist die Mannschaft, die es zu schlagen gilt."
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