Deutsches Casting vor großem Auftritt

Vor dem heutigen Achtelfinalspiel gegen Algerien sind noch nicht alle Positionen besetzt.

An ein Scheitern denkt in Deutschland keiner. Nicht schon im Achtelfinale, und schon gleich gar nicht gegen Algerien.

Vor dem heutigen Match in Porto Alegre (22 Uhr MESZ) steigt Bundestrainer Joachim Löw aber auf die Euphoriebremse: "Diese Spiele haben schon eine besondere Magie und Spannung. Da geht es auch für uns um viel. Das Motto ist Konzentration und Fokussierung", sagt Löw und erwartet von seinen Spielern "eine gewaltige Steigerung gegenüber den Gruppenspielen. Wir wissen, wir können besser spielen."

Die Algerier wird der 54-Jährige nicht unterschätzen: "Wenn jemand glaubt, man hat im Achtelfinale einen vermeintlich leichten Gegner und kann den Fokus schon ein bisschen auf die nächste Runde richten, begeht er einen schweren Fehler."

Der Schwarzwälder wies auf die Stärken der Nordafrikaner hin, zeigte sich aber vom Gerede über eine "Rache für Gijón" irritiert. Kaum ein aktueller Spieler sei damals überhaupt geboren gewesen, sagte Löw. 1982 war Algerien durch den Nichtangriffspakt im WM-Spiel zwischen Deutschland und Österreich ausgeschieden, das Spiel ging als Skandal von Gijón ein. "Das ist Vergangenheit", sagt Löw. Kapitän Philipp Lahm warnt ebenfalls: "Alle, die jetzt im Achtelfinale stehen, stehen definitiv zu recht da."

Offene Fragen

Gegen den Weltranglisten-22. aus Nordafrika heißen die brennenden Fragen: Bastian Schweinsteiger oder Sami Khedira? Mario Götze wieder für den verletzten Lukas Podolski (Zerrung)? Oder doch mit dem echten Stürmer Miroslav Klose? Bei Rechtsverteidiger Jérôme Boateng (Reizung im Knie) hofft Joachim Löw auf eine rechtzeitige Genesung.

Der von Löw als besonders wertvoll angesehene Khedira könnte nun wieder in die erste Elf zurückrücken, auch wenn Schweinsteiger bei seinem Startelf-Debüt in diesem Turnier für mehr Organisation sorgte. "Er hat eine gewisse Dynamik, er hat Qualitäten auch nach vorn, wenn er von einer tiefen Position in die Spitze stößt", sagte Löw zum Mehrwert von Khedira. Der Ex-Stuttgarter selbst wertete die Pause im letzten Gruppenspiel gegen die USA als "ganz gut für mich, um wieder ordentlich zu trainieren und dann in die K.-o.-Phase zu gehen."

Bauchentscheidung

"Der Trainer muss entscheiden, was für ihn und die Mannschaft das Beste ist", sagt Khedira, der beim jüngsten 1:0 über im Dauerregen von Recife eine Schonpause erhalten hatte. "Beide machen im Training einen guten Eindruck. Beide können die Aufgaben erfüllen", sagte Löw und kündigte eine "Bauchentscheidung" im Job-Sharing der beiden Führungskräfte an: "Die Aufteilung war bisher ganz gut."

Eine Entscheidung hat Löw trotz der anhaltenden Fragen um die Rolle von Lahm als zusätzlicher Spieler in der Defensivzentrale schon getroffen: Eine grundsätzliche Veränderung "unseres Systems und unserer Spielidee" werde es nicht geben: "Was wir brauchen, sind Verbesserungen im Detail." Bei aller Konzentration auf defensive Stabilität brauchen die Offensivaktionen wieder einen gefährlicheren Zuschnitt. Zuletzt fehlte dem von Löw zum WM-System erhobenen 4-3-3 noch die ganz große Gefahr. "Es ist nicht so einfach, wenn man zu dritt da vorne ist", erkannte Torwart Manuel Neuer. "Spiel im letzten Drittel, letzter Pass, letzte Konsequenz im Torabschluss, Besetzung im Strafraum – das sind Dinge, die wir besser machen müssen", meinte Löw. "Wir können noch besser sein", sagte auch Manager Oliver Bierhoff.

Letzte Infos: Bei den Deutschen fällt Lukas Podolski aufgrund einer Muskelzerrung aus. Die Algerier sind komplett, auch das schwierige Thema Ramadan scheint rechtzeitig gelöst. Ein extra aus Algier eingeflogener Imam der Al-Quds-Moschee hat den muslimischen Spielern das Essen während des Fastenmonats gestattet.

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