Ein Fest für das neue Lernhaus

Ein Fest für das neue Lernhaus
Neunkirchen: Volksschüler bekommen am Nachmittag Hilfe von erfahrenen Pädagogen

Die Sonne lachte das erste Mal seit Wochen. Auch die Gesichter der Kinder strahlten beim heurigen Schulfest der Steinfeld-Schule Neunkirchen (NÖ). Dieses Fest war nämlich ein besonderes: Das erste niederösterreichische KURIER-Lernhaus wurde an diesem Tag offiziell eröffnet. Bereits seit Februar wird hier nachmittags mit 13 Kindern gelernt (siehe Zusatzberichte).

Margit Gatterer ist eine von drei Lernhaus-Pädagoginnen. „Margit“, so wird sie von ihren Schützlingen genannt, lernt mit ihnen. Meist heißt das: Hausübungen machen. Und zwar so, dass die Schüler den Stoff auch verstehen. Das ist nicht immer einfach: „Einmal mussten sie in Mathematik eine Textaufgabe lösen“, so Gatterer. Sie sollten berechnen, wie viel sie bezahlen müssen, wenn sie Obst einkaufen. Das Problem: Viele Schüler haben den Text nicht verstanden.“

Was sollte sie also tun? Gatterer ging die Sache praktisch an. Sie kaufte Äpfel, Mandarinen sowie Bananen und spielte mit den Kindern „Einkaufen“: Das Obst wurde aus den Kisten genommen, gewogen, der Preis berechnet und bezahlt. „Am schönsten war, dass wir das alles zum Schluss gegessen haben. Es hat sehr gut geschmeckt“, sagt Ramona, die regelmäßig ins Lernhaus kommt. Die Schüler lernten so nebenbei ein paar deutsche Ausdrücke und verstanden bald, wie die Textaufgabe zu lösen ist.

Selbstbewusst
Im Lernhaus wird übrigens oft Theater gespielt. Denn: Wer spielt und sich vor anderen artikuliert, wird selbstbewusster und entwickelt Selbstvertrauen – die beste Voraussetzung für den Schulerfolg. So wurde nach und nach in Neunkirchen aus manch einem verschlossenen, schüchternen Kind ein fröhlicher und selbstsicherer junger Mensch. Dazu trägt sicher auch bei, dass die Pädagogen den Schülern mit Respekt begegnen: „Den haben sie sich verdient“, sagt Gatterer bestimmt. Die Kinder spüren diese Achtung.

Wie sehr, zeigen Aufsätze, die sie über das KURIER-Lernhaus geschrieben haben: „Die Lehrerinnen sind nett, wir fühlen uns wohl. Wir werden in der Schule besser.“ So wie Alena* (*Name geändert), die stolz erzählt: „Im Semesterzeugnis habe ich einen Fünfer gehabt. Jetzt bekomme ich einen Dreier in Mathe.“

Über solche Sätze freut sich Barbara Paulus, die pädagogische Leiterin des Lernhauses. „Besonders begeistert mich, dass sich die Schüler und Schülerinnen endlich getrauen, nachzufragen , wenn sie im Unterricht etwas nicht verstanden haben. Sie treten jetzt anders auf, weil sie ein anderes Bild von sich selbst haben.“

Paulus hat somit ihr Ziel erreicht. Mehr noch: „Kinder sollen hier eine Zeit der Unbeschwertheit erleben können, sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen und sich öffnen können.“ Die Schüler gehen jetzt auch viel entspannter in die Schule. Schließlich wissen sie, dass die gemachte Hausübung in der Schultasche ist.

Konzept
Das Lernhaus ist ein Zusatzangebot zur regulären Schule und soll Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen. Während in Wien Kinder aus mehreren Schulen sich an einem Ort treffen, ist das Lernhaus in Neunkirchen im Schulgebäude integriert, wo ein Raum ausgestattet wurde.

Angebot
Die Einrichtung der KURIER-Aid- Austria (KAA) in Neunkirchen (NÖ) bietet Volksschulkindern drei Mal wöchentlich die Möglichkeit, an Lernschwächen zu arbeiten. Zielgruppe sind Kinder aus bildungsfernen Familien. Der Besuch des Lernhauses ist kostenlos. Die Auswahl der Kinder wird in Kooperation mit der Schule getroffen. Getragen wird das Projekt vom Roten Kreuz.

„Das ist eine Auszeichnung. Ich bin begeistert, dass gerade wir für das Projekt ausgewählt wurden“, sagt Direktorin Edda Koinig. Schon seit dem Frühjahr gibt es in der Steinfeld-Schule Neunkirchen das erste niederösterreichische KURIER-Lernhaus. Möglich wurde die Errichtung nur durch die Unterstützung von Raiffeisen, dem Roten Kreuz und des Landes Niederösterreich. Sie alle schickten prominente Vertreter, die mit Schülern, Eltern und Lehrern die Einweihung feierten.

Ein gemütlicher Raum wurde eigens im Schulhaus eingerichtet. Fauteuils, Bücher, Stifte und was man sonst braucht gibt es im Lernhaus. Zwölf Kinder werden hier von drei Pädagoginnen betreut: „Von einem solchen Betreuungsverhältnis können wir in der Schule nur träumen“, sagt die Direktorin. Ihr naheliegender Wunsch: „In den Genuss einer solchen Hilfe sollten noch mehr Kinder kommen.“ Deshalb ist für kommendes Schuljahr auch geplant, dass 15 Kinder ins Lernhaus dürfen.

Koinig selbst ist leidenschaftliche Direktorin: „Ich mag Kinder. Es ist ein riesiger Spaß, mit ihnen zu arbeiten. Die Schüler spüren das und geben mir tausendfach zurück, was ich in sie investiere.“

Welches Kind im Lernhaus betreut wird, wurde gemeinsam mit den Eltern entschieden – übrigens nicht nur Migranten. „Die Väter und Mütter wissen das Angebot zu schätzen.“ Von den Pädagoginnen bekommen die Schüler Anerkennung und Zuwendung. „Hier sollen die Schwächen in den Hintergrund und die Stärken in den Vordergrund gedrängt werden“, ist das Ziel der Direktorin.

Zusammenhalt
Dass die Leistungen der Schüler mithilfe des KURIER-Lernhauses verbessert werden, davon ist Koinig überzeugt. Hier sollen Kinder aber nicht nur das ABC und Einmaleins lernen. „In der Gruppe soll auch ein soziales Miteinander entstehen. Der Zusammenhalt soll gestärkt werden.“ Langfristig sollen die Kinder hier so gestärkt werden, dass sie sich in ihrem weiteren Leben selbstständig durchschlagen können.“

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