Unterwäsche für Menschen mit Stomabeutel

Unterwäsche für Menschen mit Stomabeutel
Die Unterwäschemarke Vanilla Blush hat sich auf die Produktion von Lingerie für Stoma-Patienten spazialisiert.

Fashion, die eine Funktion erfüllt - und dabei das Selbstbewusstsein der Träger stärkt: So lässt sich die Kollektion von Vanilla Blush am besten beschreiben. Gründerin Nicola Dames verkauft seit mittlerweile fast zehn Jahren Höschen und Boxershorts für Stoma-Patienten. Dames leidet selbst an Colitis ulcerosa, einer chronischen Darmentzündung, und lebt seit 2006 nach der Entfernung des Dickdarms mit einem künstlichen Darmausgang. Durch eine chirurgisch herbeigeführte Öffnung eines Darmteils durch die Bauchwand werden ihre Ausscheidungen in einen Plastikbeutel ausgeleitet.

In Dames Designs eingenäht finden sich kleine Taschen, in denen der Stomabeutel Platz findet. Das verhindert Hautreizungen durch permanente Reibung und Schweißbildung. Auch Hernien wird vorgebeugt. Hernien sind Brüche der Bauchwand und gehören zu den häufigsten Komplikationen nach einer Stoma-Operation. Um den Gegendruck der Höschen zu verstärken, hat Dames in einige ein zusätzliches Bruchband eingearbeitet.

Obwohl die Teile aufgrund ihres Designs speziell sind, sehen sie ansonsten aus wie ganz normale, sexy Unterwäsche. Auf die entsprechende Optik wird, wie bei jeder handelsüblichen Wäsche-Kollektion, Wert gelegt. Kundinnen können unter anderem zwischen Modellen aus Seide in gedeckten Farben oder Spitzenwäsche in Knallpink wählen. Für Männer sind die Boxershorts ebenfalls in verschiedenen Farben und Schnitten erhältlich.

Seit 2011 gibt es Vanilla-Blush-Unterwäsche in England auf Rezept. Über den Webshop kann man die Wäsche auch nach Österreich bestellen.

Das Gefühl "normal" zu sein

Bei Betroffenen findet die Kollektion großen Anklang. Vergangenes Jahr veröffentlichte die Britin Sam Cleasby für das Online-Portal Metro einen Erfahrungsbericht, in dem sie von den Produkten schwärmt. Die Bloggerin, die im Internet offen über ihre Erkrankung spricht, postete auch auf Instagram Bilder von sich in Vanilla-Blush-Wäsche. Dazu schrieb sie: "Ich habe einen Stomabeutel und diese Höschen von Vanilla Blush sind großartig, weil sie mich wunderschön aussehen lassen und zudem praktisch für Leute mit Stomabeutel sind." Die Unterwäsche würde ihr ein gutes Gefühl geben, "nicht weil sie meinen Beutel oder meine Narben überdecken, aber weil sie mir das Gefühl geben normal zu sein".

Mit ihrer Bewertung spricht die Bloggerin vielen Betroffenen aus der Seele: Oft geht die entzündliche Darmerkrankung Colitis ulcerosa, die durch einen entzündlichen Befall des Dickdarms beziehungsweise des Colons gekennzeichnet ist, mit Scham, Isolation und nicht zuletzt Depressionen einher. In der Regel wird die Erkrankung bei einem akuten Krankheitsschub mit entzündungshemmenden Medikamenten behandelt. Greifen diese, wie bei Vanilla-Blush-Gründerin Nicola Dames und Bloggerin Sam Cleasby, nicht, ist eine Operation und die Konstruktion eines künstlichen Enddarms nötig.

Solidarität unter Betroffenen

Was es heißt, mit dieser für die Umwelt unsichtbaren körperlichen Beeinträchtigung zu leben, zeigte 2016 auch Chiara DeMarchi, selbst Trägerin eines Stomabeutels. Mit einem Kunstprojekt bricht die italienische Fotografin das Tabu rund um chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (mehr dazu hier). Auch Krystal Miller, bei ihr wurde im Teenageralter Morbus Crohn diagnostiziert, machte im vergangenen Jahr mit einem Foto auf sich aufmerksam. Um anderen Frauen Mut zu machen, postete sie auf Facebook ein Bild von sich mit Babybauch und Stoma (mehr dazu hier).

Anstieg der Erkrankungen bei Jugendlichen

Rund 40.000 Menschen leiden in Österreich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). Gerade bei jungen Menschen zwischen 14 und 18 Jahren wurde laut der österreichischen Initiative "Darm plus" zuletzt ein Anstieg an CED verzeichnet. Betroffene sind der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV) zufolge gefährdet, aufgrund der Auswirkungen von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa neben allen physischen Schwierigkeiten auch in eine soziale und berufliche Isolation zu geraten. Bei einer Erkrankung im Jugendalter können außerdem Wachstumsstörungen auftreten.

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