Madeline Stuart, das Model mit Downsyndrom

Madeline Stuart will beweisen, dass Menschen mit Downsyndrom genauso schön und sexy sein können
Ein Traum wird wahr: Madeline Stuart modelt bei der Fashion Week in New York - obwohl sie das Downsyndrom hat.

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"Die Leute werden starren – sorge dafür, dass es sich auszahlt", steht in großen Buchstaben auf Madeline Stuarts Homepage. Das Zitat von Juwelier Harry Winston, der Menschen damit ermutigen wollte, anders zu sein, sich anders zu kleiden, wurde zu Madelines Lebensmotto.

Anders sein, angestarrt werden, das kennt sie nur zu gut: Die 18-Jährige hat das Downsyndrom, eine Genommutation, die sich auf das Aussehen und die kognitiven Fähigkeiten auswirkt – aber nicht zwingend auf das Selbstbewusstsein und die Lebensfreude. Das beweist Madelines Geschichte in diesen Tagen eindrucksvoll. Die Australierin denkt gar nicht daran, sich zu verstecken, und ließ sich auch nicht davon abhalten, ihren Traum zu leben. Am Wochenende eröffnet das aufgeweckte Mädchen mit den langen roten Haaren eine Schau bei der Fashion Week in New York. Als ModelModel mit Downsyndrom.

Gegen Stigmatisierung

Als Madeline vor 18 Jahren im australischen Brisbane zur Welt kam, gaben ihr die Ärzte höchstens acht Jahre zu leben, berichtet ihre Mutter Rosanne, die gleichzeitig ihre Managerin ist. Doch Madeline entwickelte sich gut, wurde acht, zehn, siebzehn Jahre alt. Etwa in diesem Alter entstand ihr größter Wunsch: Sie wollte Model werden. Model trotz Downsyndrom, Model trotz einer Körpergröße von 1,50 Meter. Nur ihre Figur, die störte sie (Menschen mit Downsyndrom sind häufig übergewichtig): Madeline, die eine Herz-OP hinter sich hat und täglich Medikamente nimmt, begann zu schwimmen und zu tanzen und nahm in wenigen Monaten mehr als 20 Kilo ab.

Diese Willensstärke imponierte Madelines Familie. Ihre Mutter, die früher ebenfalls als Model gearbeitet hatte, organisierte ein Fotoshooting und veröffentlichte die Bilder auf Madelines Facebook-Seite – innerhalb weniger Monate hatte sie Hunderttausende Fans. Bis heute haben mehr als 460.000 Menschen Madelines Profil geliked, auf Instagram folgen ihr 75.000. Über die sozialen Netzwerke möchten Madeline und ihre Mutter anderen Mut machen und gegen die Stigmatisierung von Menschen mit Downsyndrom kämpfen. "Als Maddie geboren wurde, bekam ich keinerlei Unterstützung", erzählte Rosanne Stuart der Daily Mail. "Die Informationen, die ich im Krankenhaus bekam, waren so negativ: alte Fotos von Menschen mit Downsyndrom, mit heraushängender Zunge und Übergewicht. Es ist Zeit, dass die Leute begreifen, dass auch Menschen mit Downsyndrom sexy und schön sein können."

Vorbild Tyra Banks

Madeline selbst spricht ungern mit der Presse – sie sei zu schüchtern, heißt es. Ihr Vorbild ist das amerikanische Supermodel Tyra Banks – "weil sie an Inklusion glaubt und viel für die Modewelt getan hat". Am Sonntag kommt Madeline ihrem Idol einen Schritt näher: Sie darf die Schau des italienischen Modelabels FTL Moda eröffnen, mitten in New Yorks Hauptbahnhof, der Grand Central Station. Das Unternehmen verkündete die Botschaft "mit großer Freude und Stolz" auf seiner Facebook-Seite. Neben Madeline werden ein Model mit Armprothese und eines mit amputiertem Unterarm auf dem Laufsteg im Einsatz sein.

Und Maddie? Erfüllt sich in dieser Septemberwoche gleich zwei Lebensträume: Sie wird über den Laufsteg stolzieren – und endlich die Freiheitsstatue besichtigen.

Madeline Stuart, das Model mit Downsyndrom
Model Winnie Harlow on the red carpet at the MuchMusic Video Awards (MMVA) in Toronto, June 15, 2014. REUTERS/Mark Blinch (CANADA - Tags: ENTERTAINMENT TPX IMAGES OF THE DAY)

Madeline Stuart ist nicht das erste Model mit Downsyndrom: Schon im Februar lief die 30-jährigeJamie Brewerbei der New York Fashion Week. Das derzeit wohl bekannteste "Model mit Makel" ist die KanadierinWinnie Harlow. Wegen der Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) hat sie am ganzen Körper Pigmentflecken. Ihre Teilnahme bei America’s Next Top Model brachte den Durchbruch, es folgten Kampagnen für Desigual und Diesel. AuchShaun Rosssieht nicht aus wie ein klassisches Model: Er ist Albino – Givenchy und Alexander McQueen buchten ihn trotzdem. Der DeutscheMario Gallaträgt eine Beinprothese. Michalsky wollte ihn für die Fashion Week Berlin – in kurzen Hosen.

Mit ihrer ungewöhnlichen Model-Auswahl wollen die Designer eine Botschaft vermitteln, sagt Pedro Müller von der Wiener Modelagentur Flair. "In New York propagiert man momentan ganz stark die ‚variety of people‘, also die Vielfalt der Menschen. Alle sind gleich! Wir leben in einer Zeit, in der sich auch Menschen, die von der Norm abweichen, gerne schön anziehen – und das ist gut so!"

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