Modebranche unter Druck: Wie mager darf ein Model sein?

Models bei der New York Fashion Week
Nach Frankreich erwägt nun auch Deutschland ein Verbot für untergewichtige Laufstegmodels.

Der Februar ist naturgemäß ein geeigneter Monat, um das Erscheinungsbild von Models zu diskutieren: In den Metropolen zeigen namhafte Designer ihre Herbstkollektionen, im Fernsehen startet eine neue Staffel Germany’s Next Topmodel. Immer wieder wurde das Klum’sche Model-Bootcamp für die Verbreitung fragwürdiger Körperideale kritisiert – nun schaffte es die Show indirekt auf die Agenda der deutschen Innenpolitik: Es sei höchste Zeit, dem Schlankheitswahn mit gesetzlichen Vorschriften entgegenzuwirken, fordern Vertreter von CDU und SPD. "Size-Zero-Models gaukeln ein Ideal vor, das weder ästhetisch noch gesund ist – mit gefährlichen Langzeitschäden für Körper und Seele bis hin zum Tod", wird Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer im Spiegel zitiert.

Magersucht vorbeugen

Als Vorbild gilt Frankreich, wo Models nur noch mit ärztlicher Bestätigung beschäftigt werden dürfen – andernfalls drohen sechs Monate Gefängnis oder eine Geldstrafe von 75.000 Euro. Vor wenigen Monaten war ein weiteres Gesetz in Kraft getreten, welches eine Kennzeichnung von retuschierten Werbefotos vorschreibt. Die Ziele sind dieselben: keine Verbreitung unerreichbarer Ideale und, vor allem, Vorbeugung von Magersucht bei Jugendlichen. Denn die Zahl jener, die an einer Essstörung leiden, steigt dramatisch – in Österreich hat sie sich in den vergangenen 20 Jahren verzehnfacht. Experten gehen davon aus, dass die Darstellung zu dünner Models ein Mitgrund ist; erst kürzlich sorgte ein Kampagnenbild von Victoria Beckham für Entsetzen in den sozialen Medien (siehe unten). Auch die Modekette Zara schockierte in ihrem Online-Shop wieder einmal mit deutlich abgemagerten Models.

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Ein verheerendes Signal, warnt Beate Wimmer-Puchinger, Präsidentin des Berufsverbandes Österreichischer Psychologen (BÖP): "Wir wissen aus Studien, dass Dünn-sein die Sorge Nummer 1 der 13- bis 15-Jährigen ist. Das ist wirklich eine Epidemie." Das angedachte Laufstegverbot für unterernährte Mannequins hält sie für "sehr sinnvoll": "Wir müssen Körpervielfalt unterstützen, keinen ungesunden Einheitslook."

Und in Österreich? Wäre der Effekt eines solchen Gesetzes aufgrund der fehlenden Modeindustrie überschaubar, meint die Expertin. Dafür müsse man bereits im Kindergarten sensibilisieren: "Es ist wichtig, den Kindern möglichst bald zu vermitteln: ‚Dein Körper ist ok, wie er ist.‘"

Umdenken in Sicht

Jedoch spricht einiges dafür, dass sich die Modebranche ihrer Verantwortung langsam bewusst wird: Im September einigten sich Luxuslabels wie Gucci und Dior überraschend auf eine "Charta für das Wohlbefinden von Models": Mini-Konfektionsgrößen sind tabu, ebenso Models unter 16. Bei der aktuellen Fashion Week in New York liefen – etwa bei der Schau von Prabal Gurung – neben sehr schlanken auch kurvige Frauen über den Laufsteg. Und sogar Modeldompteurin Klum scheint – spät, aber doch – auf die Dauer-Kritik an ihrer Show zu reagieren: Nicht alle Meeedchen der soeben angelaufenen Staffel sehen mager aus. Oder, wie die Chefin selbst im Vorfeld konstatierte: "Heute sind auch Mädchen mit tollen Kurven gefragt."

Mir persönlich gefallen diese Magermodels nicht. Was soll an dürren Frauen attraktiv sein? Dennoch sind sie für viele Mädchen, gerade in meinem Alter, ein Vorbild. Manche hungern sogar. Auch in meiner Klasse sind viele Mädchen dünn, aber nicht zu dünn. Sie hungern zwar nicht, legen aber wert auf ihre Figur. Diese Mädchen zählen zu den beliebteren in unserem Jahrgang. Ihnen ist aber sehr wohl bewusst, dass extremes Hungern schnell gefährlich werden kann. Dieses Bewusstsein bekommen sie zum Glück auch von den Eltern vermittelt. Hingegen definieren Sendungen wie "Germany’s Next Topmodel" ein gesundheitsschädigendes Schönheitsideal – solche Sendungen haben leider oft mehr Einfluss als die Eltern. Dass in der Show fülligere Models meist schnell rausfliegen, verstärkt diesen Effekt noch. Die meisten Mädchen meiner Klasse schauen sich diese Sendung an. "Curvy Supermodel" – da werden kurvige Models gecastet – ist im Klassenzimmer dagegen kein Gesprächsthema. Was aber positiv ist: Bei uns wird niemand, der etwas stärker ist, ausgeschlossen. Es wäre schön, wenn das überall in der Gesellschaft so wäre.

Anna Hofbauer besucht die vierte Klasse eines Wiener Gymnasiums. Derzeit absolviert sie in der KURIER-Redaktion ein Schülerpraktikum.

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