Kleidung als Protest: So mächtig kann Mode sein

Schauspielerinnen und Aktivistinnen bei den Golden Globes
Die Suffragetten trugen Lila, Julia Roberts ging barfuß – ihre Botschaften kamen an

Gut möglich, dass die eine oder andere Schauspielerin bei der Golden-Globes-Gala Virginia Woolf im Ohr hatte: "Kleidung", sagte die britische Schriftstellerin und Feminismus-Pionierin einst, "hat wichtigere Aufgaben, als uns zu wärmen: Sie verändert unseren Blick auf die Welt und den Blick der Welt auf uns". Letzteres ist den Initiatorinnen der Gleichstellungskampagnen MeToo und Time’s Up gelungen: Während weibliche Filmstars auf roten Teppichen bis dato als wandelnde Kleiderständer betrachtet und von Reportern eher zu ihrer Maniküre als zu ihrer Rolle befragt wurden, drehte sich in der Nacht auf Montag alles um Hollywoods Kampf gegen Sexismus. Sogar die Online-Ausgabe der Vogue verzichtete in ihrer Berichterstattung anfangs darauf, die Designer der Kleider zu nennen. Ja, das gab es noch nie.

Schwarz

Die Botschaft wäre wohl nicht so breit diskutiert worden, hätte Hollywoods A-Riege nicht geschlossen – bis auf wenige Ausnahmen – Schwarz getragen. Wie einflussreich die Farbe ist, ahnte Coco Chanel bereits in den 1920ern, als sie Frauen vom Korsett befreite und in das kleine Schwarze steckte: "Eine modische Revolution gegen das Bürgertum und für die Freiheit der Frau, das seither Ausdruck von Stärke und Unbeugsamkeit ist", sagt Yella Hassel von der Modeschule Hetzendorf.

Die Designerin und Lektorin, die selbst schon Stars für Award-Shows einkleidete, hält Mode für ein ideales Mittel, um gesellschaftspolitische Forderungen anzubringen: "Es gibt doch nichts Schöneres als Mode, um der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Das Statement in Schwarz wird als Gesamtes wahrgenommen und zeigt, wie schon oft in der Geschichte, dass Mode ein starker Verbündeter ist."

Etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Mitglieder der Women’s Social and Political Union in Violett (für Loyalität), Weiß (für Reinheit) und Grün (für Hoffnung) das Frauenwahlrecht erkämpften. Dem Dresscode zu folgen sei "Pflicht und Ehre" zugleich, hieß es. Später rebellierten Hippies, noch später Punks mit Frisuren und bunter Kleidung gegen bestehende Konventionen.

Kleidung als Protest: So mächtig kann Mode sein
A woman in a Suffragette outfit joins others for a gender equality march organised by CARE InternationalÕs #March4Women campaign in London on March 5, 2017 to mark the upcoming March 8 International WomenÕs Day. / AFP PHOTO / CHRIS J RATCLIFFE

Auch auf dem roten Teppich fungierte Mode schon mehrmals als Ausdruck von Protest. Im vergangenen Jahr steckten sich Stars bei der Oscar-Gala eine blaue Schleife an – eine Unterstützung für die US-Bürgerrechtsunion ACLU, die zuvor erfolgreich gegen das von Trump geplante Einreiseverbot geklagt hatte. 2016 erregte Julia Roberts bei den Filmfestspielen in Cannes Aufsehen: Weil Frauen in flachen Schuhen im Jahr zuvor der Zutritt zum Festival-Palast verwehrt worden war, kam Hollywoods Darling barfuß. Ein großer Schritt in Richtung Emanzipation, attestierten ihr Medien. Den taten auch die Hunderttausenden Demonstrantinnen vor einem Jahr beim Women’s March gegen Trumps Politik: Ihre pinken "Pussy-Hats" wurden zu einem Symbol für Frauenrechte.

Kleidung als Protest: So mächtig kann Mode sein
US actress Julia Roberts arrives on May 12, 2016 for the screening of the film "Money Monster" at the 69th Cannes Film Festival in Cannes, southern France. / AFP PHOTO / ANNE-CHRISTINE POUJOULAT
Kleidung als Protest: So mächtig kann Mode sein
Women wearing pink pussy protest hats gather in front of the U.S. Capitol for the Women's March on Washington, following the inauguration of U.S. President Donald Trump, in Washington, DC, U.S. January 21, 2017. REUTERS/Brian Snyder

Kritik

Doch die Kombination aus Mode und Feminismus bleibt eine heikle, nicht alle Reaktionen auf den "schwarzen Teppich" waren euphorisch: Eine schwarze Designer-Robe auszuführen sei noch lange nicht mutig, schimpften Kommentatoren, ein Dekolleté bis zum Bauchnabel kein Zeichen gegen Sexismus. Vielleicht am besten brachte es Eva Longoria in der New York Times auf den Punkt: "Seit Jahren haben wir Frauen mit unseren Roben, Farben, unseren hübschen Gesichtern und unserem Glamour diese Preisverleihungen vermarktet. Das hier ist kein Moment der Mode – sondern der Solidarität."

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