Film: In den Schuhen von Manolo Blahnik
Eines will Manolo Blahnik auf keinen Fall – Star sein. Daher stellte der 74-Jährige auch nur eine Bedingung, als der Modejournalist Michael Roberts ankündigte, einen Film über sein Leben zu drehen: "Ich wollte so wenig wie möglich im Bild sein", sagte der Designer anlässlich des Filmstarts gegenüber der Vogue. Die eineinhalbstündige Dokumentation "Manolo: The Boy Who Made Shoes for Lizards" (Der Bub, der Schuhe für Eidechsen machte) wird am Freitag erstmals in New York gezeigt und ist danach in ausgewählten Kinos (vorerst nur in den USA) zu sehen.
Bianca Jagger
Ja, die Stars liegen Manolo, der selbst keiner sein will, zu Füßen (Popdiva Madonna meinte einst sogar, seine Stilettos seien besser als Sex) – und das, obwohl er das Handwerk des Schuhmachers eigentlich gar nicht erlernt hat. Blahnik wuchs auf der Kanareninsel La Palma auf, wo seine Eltern – die Mutter Spanierin, der Vater Tscheche – eine Bananenplantage besaßen. Auf diese Zeit bezieht sich auch der ungewöhnliche Titel der Dokumentation: Der kleine Manolo bastelte für seine Haustiere, Eidechsen und Hunde, leidenschaftlich gerne Schuhe.
Nach einem Studium der Literatur und Architektur in Genf begann Blahnik, für die italienische Vogue zu arbeiten. Diana Vreeland, legendäre Chefredakteurin der Modezeitschrift, soll ihn Anfang der Siebzigerjahre ermutigt haben, seine eigenen Modelle zu entwerfen. Der Jungdesigner widersetzte sich dem damaligen Zeitgeist; statt plumpen Keilabsätzen und glitzerndem Discoglam schwor er auf elegante Stilettos, meist zwischen zehn und zwölf Zentimeter hoch. Sein Siegeszug begann, als Bianca Jagger 1977 auf einem Schimmel in den New Yorker Nachtclub Studio 54 ritt – in einem Paar Manolos.
Carrie Bradshaw
Dann, 20 Jahre später, kam Carrie – und Manolo Blahnik wurde beinahe doch noch ein Superstar. Kaum eine Folge gab es, in der die Heldin von "Sex and the City" den Namen des Designers nicht erwähnte. Fans der Kultserie dürften sich vor allem an jene Szene erinnern, in der die Kolumnistin überfallen und ihrer Stilettos beraubt wird. Oder an die kobaltblauen Satinpumps, die ihr Mr. Big zur Verlobung schenkte und deren Preis sich anschließend aufgrund der starken Nachfrage verdoppelte.
Dass seine Heels zu teuer seien – 700 Euro aufwärts kostet ein Paar aus der aktuellen Kollektion –, lässt Señor Blahnik nicht gelten. Schuhe, die sexy, bequem und zeitlos sind, hätten eben ihren Preis. Bis heute entwirft er jedes Modell selbst und verbringt jede freie Minute in der Fabrik. "Ich schlafe selten mehr als fünf Stunden."
In seinem Anwesen im Westen Englands bewahrt der Architekturfan all seine Kreationen auf – 25.000 an der Zahl. Ans Aufhören denkt Blahnik kurz vor seinem 75er nicht. "Ich mache einfach weiter", sagte er kürzlich in einem Interview, "ich denke nicht einmal dran, dass ich alt sein könnte".
Wer in Birkenstock-Sandalen rumläuft, ist ein Öko-Freak. Träger von Chelsea-Boots hören gerne Punk-Musik. Und Männer in Tod’s Mokassins legen besonderes viel Wert auf ihr Erscheinungsbild.
Das Tragen von Schuhen geht häufig mit Klischees einher – aber warum eigentlich? Diese Frage behandeln die deutschen Autoren Frank Berzbach und Saskia Wragge in einem neuen Buch. Die Kapitel sind nach Kultmodellen benannt – von Ballerinas über Gummistiefel bis zu Nike Air Max. Das Thema ist viel weniger oberflächlich, als es scheint, meint der studierte Psychologe. "Kleidung bestimmt unseren Alltag. Durch Kultschuhe können wir Bekenntnisse zu Musikrichtungen oder Subkulturen kommunizieren. Die klassischen Schuhe lassen uns bürgerlich aussehen, manche Sneaker verweisen auf Skaten, Surfen oder Hip Hop. Es gibt Schuhe aus puritanischen Traditionen, die heute von Intellektuellen getragen werden. High Heels haben mit Sex zu tun. Flip Flops mit Formlosigkeit."
Große Bedeutung
Das Phänomen entstand im 20. Jahrhundert; in den 1960er-Jahren etwa drückten gewisse Schuhe ein Bekenntnis zur beginnenden Popkultur aus. Die Akteure der schwarzen Hip-Hop-Kultur gaben später fast ihr ganzes Geld für ein Paar Marken-Sneakers aus. "Wer sich heute für bestimmte Schuhe entscheidet, trägt diese Vergangenheit an den Füßen", schreibt Berzbach.
An Schuhen ließe sich viel mehr ablesen als an Taschen oder bedruckten T-Shirts. "Jeder trägt Schuhe, ohne geht es fast nicht. Und Schuhe, die keine Aussage treffen, gibt es kaum. Früher galt die Regel: Die Schuhe sollen so viel kosten wie der Rest der Garderobe zusammen. Das zeigt ihre große Bedeutung."
Diese Einstellung habe sich geändert. "Heute wird leider oft an den Schuhen gespart. Das hat negativen Einfluss auf das ganze Erscheinungsbild."
"Die Sprache der Schuhe" von Berzbach und Wragge, Midas Verlag. 128 Seiten, 17,90 €.
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