Burberry geht neue Wege

Mode sofort zu kaufen – vom Londoner Laufsteg in die Wiener Auslagen.

Weiße Vorhänge verhüllten am Sonntag die Auslagen der Burberry-Boutiquen. Weltweit. Mit nichts als einer kurzen Botschaft darauf: "Die neue Kollektion kommt am Montag ins Geschäft."

Das Außergewöhnliche daran – bevor die Geschäfte ihre Auslagen wieder enthüllen durften, wurde die Kollektion am Montagabend in London gezeigt. Als ein Höhepunkt der Fashion Week.

Er begann mit Geschrei auf der Straße. Vor dem Makers House im Londoner Stadtteil Soho stauten sich Neugierige. Man weiß, wenn Burberry seine neue Kollektion zeigt, kommen unzählige Promis. Fuhr eine elegante Limousine vor, wurden Handys und Kameras gezückt und der Lärmpegel stieg.

Gekreische setzte ein, als zunächst zwei lange Beine zu sehen waren. Es ging über in hysterische "Naomi, Naomi, Naomi!"-Rufe, als das Model dem Wagen entstieg. Ohrenbetäubend wurde die Sache, als das hübsche, chinesisch-kanadische Model und Multitalent Chris Wu erschien. Gnädig winkte er den glücklichen Fans zu und verschwand mit Medienleuten und Boutiquebesitzern ins Innere der Show-Location.

Dort begrüßen Skulpturen von Henry Moore die Gäste. Plakate auf Londons Bus-Haltestellen und Wänden hatten es schon verraten: Der große britische Bildhauer (1898–1986) war die Inspiration für Burberry-Designer Christopher Baileys neue Frühjahrskollektion. Frühjahrskollektion? Wird bei diversen Modewochen in New York, Mailand, Paris und jetzt eben London nicht gerade die neue Herbstmode gezeigt? Die dann nach Bestellungen der Einkäufer produziert wird und im September in die Geschäfte kommt?

Christopher Bailey hat sich dem traditionellen Vorgehen schon vergangene Saison widersetzt – einige Kollegen wie Tom Ford oder Ralph Lauren machen das auch – und zeigt seither nach dem "See-now, Buy-now"-Prinzip aktuelle, eben Frühjahrsmode. Für Damen und Herren zugleich.

Man will die Vorteile der neuen Medien nützen. Im Internet wurde die Show live gestreamt, konnte daher in Echtzeit weltweit mit ange-schaut werden. Instagram, Twitter & Co. tragen auch dazu bei, dass Menschen die Kollektion sofort sehen und dann haben, also kaufen wollen. Im Geschäft oder online.

Auf einen Klick

Wer die skulpturalen Modelle, die neuen, auch nach Henry Moores Vorbild gestalteten Trenchcoats, die übergroßen, oft wild gestrickten Oberteile, die schlichten Anzüge, die gestreiften (!) Leibchen oder die spitzenbesetzten, wunderhübschen Kleider noch nicht gesehen hat – show.burberry.com/at macht es nach wie vor möglich.

Auch im Burberry-Store auf dem Wiener Kohlmarkt ist die neue Kollektion ab sofort erhältlich. Über Nacht wurden die Schaufenster mit Looks aus der aktuellen Show gestaltet. Weg sind die verhüllenden Vorhänge.

Frage an Christopher Bailey backstage nach der großartigen Show: "Warum Henry Moore?" Einleuchtende Antwort: "Ich bin auch in Yorkshire, ganz in seiner Nähe aufgewachsen. Seine Kunst hat mich das ganze Leben begleitet. Nach seinem Vorbild habe ich versucht, neue Frauen- und Männer-Silhouetten zu gestalten."

Ob im Buckingham Palace oder Balmoral Castle – die Queen hat’s immer angenehm warm. Seit 1955 macht Burberry als königlich-britischer Hoflieferant ihre Majestät wetterfest, seit 1989 schneidert man für den Naturliebhaber Prinz Charles.

Burberry geht neue Wege
Britain's Queen Elizabeth (C), Prince Philip (L) and Prince Charles (R) watch the caber being tossed at the annual Braemar Highland Gathering in Braemar, Scotland September 6, 2014. The referendum on Scottish independence will take place on September 18, when Scotland will vote whether or not to end the 307-year-old union with the rest of the United Kingdom. REUTERS/Russell Cheyne (BRITAIN - Tags: POLITICS SPORT ROYALS ENTERTAINMENT)
Aus heutiger Sicht wäre Burberry wohl ein Start-up-Unternehmen – Firmengründer und Textilkaufmann Thomas Burberry war gerade einmal 21 Jahre alt, als er sein erstes Geschäft in Basingstoke, Hampshire eröffnete. Dort verkaufte er Funktionskleidung aus wasserfester Gabardine. Berühmt wurde er mit der Entwicklung des Trenchcoats, der 1914 ursprünglich als Militärmantel erfunden wurde. Dessen Innenleben, das legendäre Burberry-Karo namens Nova-Check, wurde zum Statussymbol, das um die Welt ging. In der Folge führte dies zur Kommerzialisierung des Labels – nicht immer zu dessen Vorteil. Der britische Designer Christopher Bailey, er zeichnet seit 2001 für das Design von Burberry verantwortlich, setzte das Karo schließlich sparsamer ein und verlieh der Marke mit seiner Uminterpretation ein ganz neues Image.- G. Kuhn

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