Sonnengrün: Wo Shampoo nicht aus Tuben kommt

Gründerin Elisabeth Sonnleithner setzt auf ein sorgfältig ausgewähltes Sortiment.
In der ersten plastikfreien Drogerie Österreichs bekommt man alles – nur keinen Kunststoff.

Beim Betreten der Drogerie Sonnengrün liegt Lavendelduft in der Luft – und hält, was er verspricht: In den Stellagen des Geschäfts findet man alles, was das Kosmetik-Herz begehrt. Creme-Tiegel reihen sich an bunte Seifen, diverse Make-ups stehen neben Pinseln in unterschiedlichen Größen. Lidschatten in Herbsttönen findet man neben farblich passendem Lippenbalsam. Dazwischen sind Haarbürsten, Gesichtsmasken und Peelingschwämme drapiert.

Sonnengrün: Wo Shampoo nicht aus Tuben kommt
Drogerie Sonnengrün, Rochusgasse, Drogerie ohne Plastik

Mit einer Drogerie im herkömmlichen Sinn hat das von Elisabeth Sonnleithner gegründete Geschäft dennoch wenig zu tun. In dem kleinen Laden im Herzen des dritten Wiener Gemeindebezirks sucht man eins vergeblich: Plastik. Anfang des Jahres hat die erste plastikfreie Drogerie Österreichs eröffnet.

Wie es dazu kam

Nach der Geburt ihrer Kinder begann Sonnleithner, sich mit ihrem Lebensstil auseinanderzusetzen und diesen nachhaltiger zu gestalten: "Ich habe angefangen zu überlegen, wie ich lebe und was ich meinen Kindern damit hinterlasse", erinnert sich die Quereinsteigerin, die früher in der Medienbranche tätig war.

Ein besonderes Anliegen war es der 40-Jährigen, Wegwerf-Plastik so weit wie möglich aus ihrem Alltag zu verbannen. Sie begann Obst und Gemüse lose und Milchprodukte im Glas zu kaufen, auf Plastiksackerl zu verzichten und bewusster mit Verpackungsmaterial umzugehen. Bei Drogerie-Produkten stieß die in Wien lebende Zweifachmutter schnell an Grenzen. "Das war nicht so leicht. Jedes Haarshampoo kommt in der Plastikflasche. Da musste ich Alternativen suchen." Beim Shampoo fand sie diese in Haarseifen, die man vielerorts in Papier gewickelt oder gänzlich unverpackt erwerben kann.

Sonnengrün: Wo Shampoo nicht aus Tuben kommt
Drogerie Sonnergrün, Rochusgasse, Drogerie ohne Plastik

Im Zuge ihrer Recherchen zu anderen Körperpflegeprodukten entdeckte sie, dass das Angebot an plastikfrei verpackten Schönheitsartikeln groß, die Beschaffung aber meist mühsam ist. Die Idee, eine Drogerie, in der nur Produkte ohne Plastik Platz finden, zu gründen, war geboren. "Ich wollte Produkte, die ich getestet und für gut befunden habe, gebündelt zur Verfügung stellen." Bei Sonnengrün findet man nur Naturkosmetik, die – bis auf wenige Ausnahmen – in Europa produziert wird. Das plastikfreie Konzept bezieht sich aber nicht nur auf die Verpackung: "In keinem Produkt findet sich Kunststoff in Form von Mikroplastik."

Problemfaktor Plastik

Was Sonnleithner mit ihrem Projekt umzusetzen versucht, ist von globaler Bedeutung: Jährlich werden in der EU rund 1,3 Milliarden Tonnen Abfälle produziert. Vor allem Plastikmüll ist ein großes Problem, da er nicht verrottet und das Aufkommen rasant ansteigt. 2015 rechneten Forscher im Fachmagazin Science vor, dass jedes Jahr etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll nur in den Weltmeeren landen. Besonders bedenklich: In einigen Gebieten gibt es inzwischen mehr Mikroplastikteilchen als Plankton. Auch die Zahl der im Meer schwimmenden Fische könnte Experten zufolge 2050 von Kunststoffteilen überschritten werden.

Sonnengrün: Wo Shampoo nicht aus Tuben kommt
Drogerie Sonnengrün, Rochusgasse, Drogerie ohne Plastik

Deswegen findet man bei Sonnengrün Zahnbürsten mit Bambusborsten und Deocremes in der Dose. Auch der Haushalt lässt sich mit Sonnleithners Produkten bewältigen – mit waschbarer Küchenrolle, Bienenwachstüchern als Jausenpapier und kompostierbaren Müllsäcken. Die Eröffnung des Shops ist nun knapp zehn Monate her. Sonnleithners erste Bilanz: "Das Konzept ist vom ersten Moment an angenommen worden. Ich habe mittlerweile Stammkunden und kann mein Sortiment ständig erweitern."

Sonnengrün: Wo Shampoo nicht aus Tuben kommt
Drogerie Sonnengrün, Rochusgasse, Drogerie ohne Plastik

Anregungen für neue Artikel holt sich die Unternehmerin auch bei ihrer Kundschaft. Was ihren Praxistest übersteht, findet sich wenig später in den Regalen ihres Geschäfts und im Online-Shop. Versandt werden die Produkte in plastikfreier Verpackung und CO₂-neutral. Sonnleithner sieht ihr Geschäft nicht zuletzt als Ergänzung zu Unverpackt-Läden. In Zero-Waste-Geschäften werden Waren lose angeboten. In Wien gibt es mittlerweile einige Märkte für Konsumenten, die auf Verpackungsmaterial verzichten wollen. Neben Lunzers Maß-Greißlerei, Maran Vegan und Der Greißler bietet auch die Warenhandlung Wenighofer & Wanits verpackungsfreie Waren an.

Wohin es mit der plastikfreien Drogerie noch gehen soll? In jedem Fall wird das Sortiment, das derzeit etwa 300 Artikel umfasst, ausgebaut. Den Online-Shop möchte die 40-Jährige zusehends etablieren. Auch über Expansion und eine eigene Kosmetiklinie denkt Sonnleithner nach – die wäre dann "natürlich nachhaltig und plastikfrei".

Drogerie Sonnengrün: Rochusgasse 19, 1030 Wien

Infos unter: www.sonnengruen.com

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