Kann man sich glücklich kleiden?

Kann Kleidung unsere Stimmung heben? Eine britische Psychologin gibt Antworten.

Vergessen Sie positives Denken – diesen Frühling ist positives Anziehen angesagt. Dieser Gedanke drängt sich einem zumindest auf, wenn man die jüngsten Schauen der internationalen Designer betrachtet: Orange bei Armani, leuchtendes Pink bei Valentino, Sonnengelb bei Giambattista Valli. Doch nicht nur die Haute Couture besinnt sich dieser Tage auf fröhliche Farben. Die Modegeschäfte sind voll mit Smiley-Prints, launigen Sprüchen und Regenbogen-Motiven. Das märchenhafte Einhorn ziert vom Pulli bis zum Ohrring neuerdings sowieso alles.

Ein Auslöser für das neue "Happy Dressing" ist zweifelsohne der beginnende Frühling. Ein anderer könnte das medial dauerpräsente Filmmusical "La La Land" gewesen sein, in dem Hauptdarstellerin Emma Stone jede Szene in einem anderen farbenfrohen Kleidchen antanzt (siehe großes Bild – Ryan Gosling bevorzugt klassisches Schwarzweiß). Im soeben angelaufenen "Beauty and the Beast" mit Emma Watson spielt eine opulente Robe in Gelb eine Schlüsselrolle und ziert das offizielle Filmplakat.

Farbe weckt Erinnerung

Für die frisch fröhliche Frühlingskleidung hob der britische Guardian jüngst den Begriff "Dopamine Dressing" aus der Taufe – inspiriert vom bekannten Botenstoff, der im Körper für Glücksgefühle sorgt. Stimmt es also wirklich, dass die Stimmung automatisch steigt, wenn man in ein sonnengelbes Kleid schlüpft oder ein Einhorn auf dem Pulli trägt?

So einfach ist es nicht, sagt die britische Psychologin Carolyn Mair. Am London College of Fashion erforscht und lehrt sie die Zusammenhänge zwischen Mode und Psychologie, hat dafür sogar einen eigenen Master-Studiengang entwickelt, den sie nun leitet. "Es ist nicht so, dass ein gelbes Kleid wie durch Zauberhand unserer Gefühle ändert", sagt sie. "Es ist der Gedanke an die Farbe Gelb, der uns ein glückliches Gefühl gibt. Und wenn andere Menschen sehen, dass wir glücklich sind, sind sie es auch eher. Es handelt sich also um eine Spiegelung."

Die Geschäfte in der Modestadt London seien derzeit voll mit gelben Kleidern und Oberteilen, berichtet die Expertin. "Und das, obwohl Gelb eigentlich eine schwierige Farbe ist, die normalerweise nicht sehr viele Menschen tragen." Entscheidend sei, dass Farben Assoziationen wecken. "Das spielt eine wichtige Rolle bei der Frage, wie Farben unsere Stimmung beeinflussen", sagt Mair. "Wenn wir etwas sehen, egal was, nehmen wir ja nicht nur das Objekt wahr. Unser visuelles System – das damit beschäftigt ist, visuelle Information zu verarbeiten – greift auf unsere Erinnerungen zurück, um das Gesehene zu interpretieren."

Das könnte das Lieblingskleid aus der Kindheit sein, das dieselbe Farbe hatte. Oder eben ein kürzlich gesehener Kinofilm, der ein positives Gefühl auslöste und in dem die Hauptdarstellerin eine ähnliche Farbe trug. "Viele, die jetzt ein gelbes Kleid sehen, werden es mit Emma Stone in ‚La La Land‘ in Verbindung bringen", glaubt die Psychologin. "Ein Gute-Laune-Film, eine Liebesgeschichte – das könnte uns beeinflussen."

Der Einfluss von Farben der Kleidung auf die Stimmung sei bisher wenig erforscht, meint Mair. In früheren Studien zeigte sich aber immer wieder, dass etwa die Farbe Gelb einen positiven Effekt auf das Gemüt hat: Ein britisches Unternehmen testete im Herbst die Wirkung von verschiedenfarbigen Lebensmitteln und stellte fest, dass gelbes Essen bei 70 Prozent der Probanden Glücksgefühle auslöste. Schon damals mutmaßten Wissenschaftler, dass die Farbe Gelb vor allem schöne Erinnerungen weckt, belebend und erheiternd wirkt. Eine weitere Studie aus dem Jahr 2015 zeigte, dass die Farben Rot und Gelb eher im Gedächtnis bleiben als etwa Grün und Blau.

Carolyn Mair weist darauf hin, dass die Bedeutung von Farben in verschiedenen Ländern eine ganz andere sein kann. "Farben sind kulturell geprägt. In der westlichen Welt steht Schwarz für Trauer, in China ist das Weiß. Dort wiederum tragen Bräute rote Kleider, weil die Farbe Glück bringen soll."

Die Lust an freundlichen Farben hängt auch mit der aktuellen Weltlage zusammen, glaubt Mair. "Ich denke, die Menschen haben gerade ein gesteigertes Bedürfnis nach lustigen Prints und hellen Farben. Wir brauchen das gerade sehr. Es ist doch so: Wenn du einen Smiley auf deinem T-Shirt hast, werden die anderen Menschen mit großer Wahrscheinlichkeit zurücklachen." Und das ist in allen Kulturen gleich.

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