China: Häftlinge fertigten für europäische Modeketten

C&A und H&M sind in Erklärungsnot
Zwangsarbeit in Gefängnissen wurde 2013 offiziell abgeschafft - dennoch erhebt ein früherer Privatdetektiv schwere Vorwürfe.

Ein britischer Privatdetektiv berichtet, er habe als Häftling in einem chinesischen Gefängnis gesehen, wie Insassen zu Hungerlöhnen für die beiden Handelsketten produzierten.

"Unsere Männer stellten Verpackungsteile her. Ich erkannte bekannte Marken wie 3M, C&A, H&M. So viel zur sozialen Verantwortung von Unternehmen", schrieb Humphrey in einem Artikel für die Financial Times von Mitte Februar über seine Haftzeit in den Jahren 2013 bis 2015. Für ihre Arbeit in Vollzeit erhielten die Gefangenen dem Bericht zufolge einen Monatslohn von umgerechnet rund 15 Euro.

Vorhandene Transparenz reicht nicht aus

Beide Modeketten kündigten am Mittwoch eine Untersuchung an. "Wir nehmen diese vom Autor erwähnten Vorwürfe sehr ernst und werden versuchen, mehr Informationen über den Fall zu recherchieren", hieß es in einer Mitteilung von C&A. Das Unternehmen toleriere "keine Form der Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft" in seiner Lieferkette. "Im Falle von Zwangsarbeit würden wir die Geschäftsbeziehung zum Lieferanten sofort aufkündigen. Dies schließt jegliche Art von Gefängnisarbeit ein."

Auch H&M teilte mit, es sei "komplett inakzeptabel", Herstellung in Gefängnisse zu verlegen. Dies würde zu einer sofortigen Beendigung von Verträgen führen. "Wir kennen die Behauptungen und nehmen sie sehr ernst. Im Moment können wir nicht bestätigen, ob sie zutreffend sind oder nicht." Eine Untersuchung sei bereits eingeleitet.

Menschenrechtsorganisationen in China zufolge gibt es weder Beweise noch Gegenbeweise, dass Zwangsarbeit in chinesischen Gefängnissen weiterhin existiert. Offiziell sei sie 2013 abgeschafft worden.

Die Vorwürfe treffen zwei Unternehmen, die sich nach Ansicht von Experten in den vergangenen Jahren Mühe gegeben haben, ihre Lieferketten transparent zu machen und damit Verantwortung für die Produktionsbedingungen vor Ort zu übernehmen. Allein H&M listet auf seiner Website über 660 Fabriken in China mit Namen, Adressen und Eigentümern auf. C&A nennt 273 Produktionsstätten in dem Land.

Im "Mode-Transparenz-Index" der nach dem Rana-Plaza Unglück in Bangladesch entstandenen weltweiten Initiative "Fashion Revolution" rangiert H&M unter den 100 überprüften globalen Mode-Marken und -Händler auf Rang drei, C&A auf Platz 18. C&A wurde außerdem erst vor wenigen Monaten von der Thomson Reuters Stiftung in London für seine Bemühungen im Kampf gegen Sklaverei mit dem "Stop Slavery Award" ausgezeichnet.

Für Bernd Hinzmann vom entwicklungspolitischen Netzwerk Inkota ist der Bericht des Briten dennoch ernst zu nehmen. "Es ist nicht selten, dass Gefangene in Gefängnissen in China für verschiedene Firmen arbeiten müssen. Man muss dem Vorwurf deshalb nachgehen", meint er. Die aktuellen Vorwürfe zeigen, dass die vorhandene Transparenz noch nicht ausreiche.

Peter Humphrey und seine US-amerikanische Ehefrau Yu Yingzeng wurden 2014 in China zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Dem Paar wurde vorgeworfen, illegal Informationen über chinesische Staatsbürger beschafft zu haben. Humphrey hatte sich in China als Privatdetektiv verdingt und war von dem britischen Pharmariesen GlaxoSmithKline (GSK) beauftragt worden herauszufinden, wer Korruptionsvorwürfe gegen den Konzern in China erhoben hatte. Er wurde 2015 aus gesundheitlichen Gründen gemeinsam mit seiner Frau aus der Haft entlassen und kehrte nach Großbritannien zurück.

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