Haider: "Volk hat Lauda Lügen gestraft"

Haider: "Volk hat Lauda Lügen gestraft"
Im Interview mit Conny Bischofberger spricht Alfons Haider über seinen Abschied von Dancing Stars, Männer wie Arnold und Schwulsein in Österreich.

Eine laue Sommernacht im Wiener MuseumsQuartier: Alfons Haider betritt das Kulturareal, auf dem Massen von Menschen chillen, wie eine Bühne, zieht genussvoll Blicke auf sich, schickt ein paar Lächeln auf die Reise. Meistens kommen sie zurück. Er braucht von seiner Wohnung genau drei Minuten zum Café der Kunsthalle.

Dancing Stars, Life Ball, Theaterfest Niederösterreich. Haider tanzt, probt, moderiert. Das KURIER-Interview quetscht er zwischen drei Termine. "Es geht wieder mal Schlag auf Schlag", seufzt er, nimmt im historischen Ambiente vor der ehemaligen Winterreithalle Platz, bestellt Weißwein mit Almdudler und Soda ("Die Haider-Mischung") und Käseplatte. Haider redet wie ein Wasserfall, überholt mitunter sogar die eigenen Gedanken.

Haider: "Volk hat Lauda Lügen gestraft"

KURIER: Herr Haider, schon verdaut, dass Sie`s nicht ins Finale von Dancing Stars geschafft haben?
Alfons Haider:
Sicher. Ich habe mich doch in Wahrheit nur von Woche zu Woche gerettet. Und in aller Demut und Bescheidenheit möchte ich sagen: Wir haben trotzdem gewonnen.

Wir?
Vadim und ich und viele Menschen, denen das Hoffnung macht, dass es in einem Land, in dem Tausendschaften von Burschen tanzen und schuachplatteln, endlich normal ist, dass auch zwei Männer miteinander tanzen. Komischerweise kam sehr viel Zuspruch gerade von Frauen. Die identifizieren sich mit uns, weil auch sie eine Art Unterdrückung erleben, nur halt von Machomännern.

Warum haben Sie sich das überhaupt angetan?
Ich bin dankbar, dass ich es mir angetan habe, und dass es sich vor allem der ORF angetan hat. Der Start war ja wirklich nicht lustig. Heute bin ich Herrn Lauda und Konsorten dankbar, auch den Nachplapperern wie der Frau Koller, der selbsternannten Schwulen-Ikone, die es lustigerweise grässlich findet, wenn zwei Männer miteinander tanzen, und dem armen Toni Polster, der sich jetzt entschuldigen muss, dass er heterosexuell ist. Ich bin ihnen dankbar, weil das Volk diese Leute Lügen gestraft hat. Wir haben neun Wochen durchgehalten.

Haider: "Volk hat Lauda Lügen gestraft"

Niki Lauda hat gemeint, Sie hätten gleich mit einem Schwulen tanzen können.
Was soll ich mich mit einer lebenden Litfaßsäule auseinandersetzen? Hätte ich provozieren wollen, dann hätte ich einen deklarierten Schwulen als Tanzpartner genommen. Aber ich wollte nicht provozieren. Was mich wirklich geärgert hat, war Laudas Vorwurf, ich würde das machen, um in der Öffentlichkeit zu punkten. Sagt grad er. Bei ihm könnte ich in Sachen Selbstvermarktung den Meistertitel erlangen. Liebe Grüße Herr Lauda!

Wenn Niki Lauda jetzt daherkommen würde, was würden Sie sagen?
Ich hab` ihn schon zweimal gesehen. Ich sage Guten Abend, und das ist es. Fliege aber trotzdem weiterhin mit Fly Niki, denn seine Stewardessen entschuldigen sich jedes Mal bei mir.

Herr Haider, bei Dancing Stars hat es ja bereits zweimal gefunkt…
Einmal bin ich sogar Trauzeuge.

Bei Ihnen und Vadim auch?
Lacht. - Nein, weil der Bua ist derartig hetero, da fahrt die Eisenbahn drüber. Nur ein einziges Mal, da hab` ich einfach nimmer gekonnt - zwei gebrochene Rippen, die Achillessehnen haben weh getan und die Bandscheiben - da hab` ich mich hingesetzt und geweint. Da hatte dieser harte Bursche aus der Ukraine auf einmal Tränen in den Augen und hat mich in die Arme genommen.

Ein intimer Moment?
Ja, weil er nur zwischen uns beiden war. Die Kameraleute haben es nicht ausgenutzt, obwohl das gigantische Bilder gewesen wären. Exklusiv! Haider weint. Die haben sich verzogen.

Ein bisschen mehr Innigkeit hätte beim Tanzen vielleicht auch nicht geschadet.
Das war nicht notwendig! Ich wollte kein Höschen zeigen, keinen nackten Oberkörper und auch keinen Kuss. Vadim und ich waren nie die schlüpfrigen Gockeln, die Pfaue, wir wollten einfach nur tanzen.

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Warum hat Ihre Mutter, die jedes Mal im Ballroom saß, manchmal geweint?
Weil Mütter Schmerzen spüren. Sie kriegt natürlich mit, was ich alles mitgemacht habe am Anfang, da gab es gigantische negative Reaktionen. Wenn sich die Reaktionären zusammenbündeln und hinhauen, dann tut es weh.

Ist es eine Frage der Ideologie, ob man Sie mag oder nicht?
Es ist eine Frage der Ideologie, ob man Homosexualität ablehnt oder nicht. Diese Tendenz hab ich schon bemerkt. Mit meiner Person hat das nichts zu tun. Es wird auch Linke und Liberale geben, die mich hassen, vielleicht sogar Reakionäre, die mich mögen.

Hat Ihr Männertanz der Sache genützt?
Naja, mein Tanzen wird jetzt nicht den nächsten Außenminister, so wie in Deutschland, schwul machen, aber ich glaube, dass zwei Männer, egal ob im Fernsehen oder im normalen Leben, nicht mehr so auffallen in Zukunft. Ein deutscher Journalist hat mich gefragt: War Ihnen klar, dass Sie mit Ihrem Auftritt vielleicht 0,5 Millimeter Fernsehgeschichte in Österreich mitschreiben würden? So hatte ich es noch gar nicht gesehen. Aber so ist es.

Ist es heute leichter, schwul zu sein in Österreich?
Josef Pröll hat gesagt: Wir haben die Gesetze geändert, warum lassen wir die Menschen dann nicht auch so leben? Auch Spindelegger hat mich überrascht. Ich erlebe seit Dancing Stars einen offenen, ehrlichen Zuspruch in der Öffentlichkeit. Besonders von Frauen, die sind offenbar intelligenter und haben das größere Herz.

Sie haben Österreich einmal ein "verschissenes Land" genannt. Würden Sie das noch einmal sagen?
Einem viel wichtigeren Mann als mir, dem Herrn Treichl, ist vor einer Woche das Wort "blöd" herausgerutscht. Man hätte das von ihm genauso wenig erwartet wie von mir das Wort "verschissen". Nein, ich würde es nicht mehr sagen. Es ist bei mir so wie bei Treichl: Seine Wortwahl war vielleicht unpassend, aber in der Sache hatte er recht. Meine Sache war die Verlogenheit.

Apropos Verlogenheit: Was haben Sie sich gedacht, als Sie von Arnold Schwarzeneggers Kind mit der Haushälterin gehört haben?
Dass sich die das untereinander ausmachen sollen! Ich bin schließlich kein Kalifornier. Wenn Schwarzenegger hier mit uns sitzen würde, sähe die Sache vielleicht schon wieder ganz anders aus. Mir tut diese Frau leid und vor allem das Kind. Spürt man so was nicht als Frau?

Sie sind ja der Männerkenner. Was geht in einem Menschen wie Dominique Strauss-Kahn vor?
Ich habe auch Strauss-Kahn nicht sofort verurteilt. Weil ich selbst erlebt habe, wie falsch man mit Annahmen oft liegen kann. Wenn ich als Schwuler einen jungen Freund habe, dann bin ich gleich eine Sau, wenn ein älterer Herr mit einem jungen Mädchen daherkommt, ist er ein Superstecher. Das ist auch Sexismus.

Herr Haider, sind Sie eigentlich auf der Suche nach einem neuen Partner?
Darf ich ein Inserat aufgeben? Blond, jung und willig! Lacht. - Darüber rede ich nicht in der Öffentlichkeit. Ich hatte zweieinhalb Jahre einen Freund, den ich versteckt habe wie nur irgendwas. Für den war es nicht lustig, mit einem Fernsehgesicht verbandelt zu sein.

Wünschen Sie sich manchmal, ein ganz normaler, unauffälliger Österreicher zu sein?
Nein... Wenn ich nicht auffallen will, fahr` ich ins Ausland, sitze stundenlang in einem Straßencafé und schau mir Leute an. Wenn dann irgendwelche Augen hängen bleiben, egal ob Männlein oder Weiblein, dann weiß ich: Die sind interessiert an dir als Mensch. Aber meistens steige ich irgendwo aus, - Kuala Lumpur, New York - und höre, so schnell kann ich gar nicht schauen, schon: Jö schau, der Fonsi.

Der "Fonsi" in zehn Jahren, was ist da Ihre Vision?
Ich könnte jetzt sagen, da moderiere ich den 21. Opernball, die 13. Staffel Dancing Stars, den 15. Life Ball. Ich weiß es nicht… Ich werde zufrieden sein mit meinem Leben, sehr zufrieden. Ich habe nur eine einzige Sorge und das betrifft einen eventuellen Abschied von meiner Mutter. Davor habe ich wirklich Angst, denn sie ist das Einzige, was ich habe. Ansonsten bedanke ich mich bei Niki Lauda und auch beim Postler in der "Krone".

Wofür denn?
Für den Diskurs, ohne den es diese Auseinandersetzung nicht gegeben hätte. Ich habe übrigens mit Alexander Wrabetz eine Wette laufen, wer von uns am Ende dieses Jahres mehr Briefe von ihm bekommen hat. Im Moment liege ich klar voran.

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