Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück mit Michael Heltau
Bühnenmensch. Seine bayrischen Urgroßeltern prägten den Sänger. Loslassen ist sein Geheimrezept, Dankbarkeit sein Lebensmotto.

Ein Prinzendasein

So charmant und elegant, wie ihn seine Fans seit sechzig Jahren kennen, begrüßt der Doyen des Burgtheaters die Gäste in seinem Haus direkt am Wienerwald. Michael Heltau ist so unendlich liebenswürdig. Und mit seinen 78 Jahren fesch wie eh und je. Dazu passend das jugendliche Outfit: unter dem karierten Hemd ein weißes Polo-Shirt, dazu ein grauer Kapuzensweater und Jeans. Hündin Senta, die er aus dem Tierheim erlöste, begleitet ihn wedelnd.

"Ich bin mehr Österreicher als viele Österreicher, weil ich es mir ,erliebt" habe", sagt der Bayer, der 1953 illegal, ohne Papiere, über Großgmain nach Wien kam, um hier am Reinhardt-Seminar als Stipendiat zu studieren. Heute ist der überzeugte Europäer stolz auf seine österreichische Staatsbürgerschaft.

Wienerlieder hat er genauso verinnerlicht wie die Chansons von Jacques Brel, der ihm einst die Rechte für den deutschsprachigen Raum überließ. Heltau kopiert nicht. Seine Interpretationen sind unverwechselbar. Deshalb liebt das Publikum seine minimalistischen Soloabende. Er bezeichnet sich lieber als Bühnenmenschen denn als Schauspieler.

Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau
Frühstück mit Michael Heltau

Frühstück am Sonmiag mit Michael Heltau

Sammler

Frühstück mit Michael Heltau

Voll mit Antiquitäten und Raritäten ist sein Haus bestückt. "Vor vierzig Jahren hab’ ich es gebaut", sagt der Sammler. Die alten Dachbodenziegel von einem Abbruchunternehmen verlegte er selbst in der Küche. "Die sind abgeschliffen und gewachst." Heltau weiß zu jedem Stück seines Hauses eine Geschichte zu erzählen. Über den Tiroler, der ihm den Herd setzte und die Kacheln für ihn handfertigte. Über den Antiquitätenhändler, von dem er die abgebeizten Schränke erstand. Und über die Gärtner, die ihm halfen, ein Stück Paradies in seinen kleinen Park mit Salettl und Gewächshaus zu zaubern.

Frühstück mit Michael Heltau

Sein 500 Jahre altes – "man sagt, es ist das schönste" – Tiroler Haus musste er verkaufen. "Ich hatte ja kein Geld, um hier in Wien zu bauen." Für ihn wäre es nicht gut, "über Geld nicht nachdenken zu müssen. Ich habe mich permanent übernommen. Für Dinge, die ich liebe. Das ist vorbei." Er könne leicht los lassen. "Ich finde, alles hat seine Zeit. Gerade in meinem Metier. Wenn du eine Rolle nicht loslässt, kannst du keine neue kriegen", ist er überzeugt. "Auslassen ist das Geheimnis meines Lebens. Das hält mich jung, das macht mich glücklich." Deshalb sagte er der Theaterbühne vor zwölf Jahren ade – ohne einen Funken Wehmut. "Ich wusste, ich kann in meinem Metier nichts Neues machen oder erfinden."

Frühstück mit Michael Heltau

Ausführlich erklärt der Sänger, während er auf der Terrasse den Tisch mit Meissen- Porzellan deckt, seine Lebensgewohnheiten. Aufstehen um sechs, frühstücken um 7.30 Uhr. Er, als begnadeter Koch, macht nie das Frühstück. Halina, die gute Seele des Hauses, ist dafür zuständig. "Beim Frühstückmachen bin ich ungeschickt, das dauert bei mir so lange wie ein Dreigang-Menü." Der Kammerschauspieler beginnt mit Grünem Tee, gefolgt von einem Müsli aus Magertopfen, Magerjoghurt, Hafer- und Hefeflocken, Weizenkleie, Cranberries, Honig und geriebenem Ingwer. "Dazu gibt es Brot-Orgien, ich liebe Brot, nur mit Becel, das reicht." Später trinkt er Filterkaffee, gemischt mit Kaffee Hag und einer Prise Salz. "Das macht den Geschmack runder."

Die Leidenschaft fürs Kochen erbte der in Ingolstadt Geborene von seinem Urgroßvater, Bauernsohn und Leibkoch beim Prinzregenten Luitpold. "Ihm hab’ ich mit fünf Jahren in die Kochtöpfe geschaut."

Glückspilz

Frühstück mit Michael Heltau

Gemeinsam mit den Urgroßeltern lebten sie in der Zwischenkriegszeit "in einem Haus, das einer Baracke glich" als Großfamilie in der Garnisonsstadt. Von diesen fünf Jahren seiner Kindheit schwärmt der Mime. "Meine Urgroßeltern haben mich geprägt, sie waren die unbeschreiblichsten Vorbilder. Ich hatte ein Prinzendasein", schreit er so laut, als müssten es seine Ahnen im Himmel hören. "An mir hat niemand was ändern wollen."

Als sein Vater zum Autobahnbau – "er war Lokführer für Baumaterialtransporte" – mit der Familie nach Seewalchen am Attersee übersiedelte, kam Michi ins Internat nach Gmunden. "Mein Vater war dann in Stalingrad, hat überlebt und war einer der letzten, der zurückgekommen ist." Heltau erinnert sich an einen heiteren, fröhlichen und vor allem attraktiven Mann, dem die Frauen zugeflogen sind, "das kann man gar nicht schildern". Nach dem Krieg wurden sie als Deutsche aus Österreich ausgewiesen. "Mein Vater hat nie etwas von der Front erzählt. Als wäre er nie dort gewesen. Es war vermutlich ein Selbstschutz."

Frühstück mit Michael Heltau

Das fröhliche Naturell scheint Heltau, Bruder von zwei jüngeren Schwestern, von seinem Vater geerbt zu haben. "Mein ganzes Leben ist so schön, von tollen Zufällen geprägt. Zu mir sind die Menschen wirklich immer so nett."

Berechnung und Neid sind ihm fremd. Tratsch ist ihm ein Gräuel. "Deshalb war ich am Theater auch nie in der Kantine. In seinem ganzen Leben habe er nie bei einem Direktor um Rollen nachgefragt. "Alles kam auf mich zu, wie ein Garten, wie ein Haus, wie ein Mensch, wie eine Rolle." Der Schauspielerberuf, ein Beruf ohne Netz, sei abwechslungsreich gewesen. "Wenn Leute von mir glauben, ich hätte nur Schauspieler werden können, dann lass’ ich ihnen die Freud’. Aber ich hätte auch Koch, Innenarchitekt oder Lehrer werden können. Eigentlich wollte ich ja nach der Matura in Ingolstadt Germanistik studieren." Aber durch einen Zufall, wie so oft in seinem Leben, kam alles ganz anders. In München ging er mit einer Freundin als Stichwortgeber zur Aufnahmeprüfung in die Falkenberg-Schauspielschule. Sie wurde nicht aufgenommen, ihm hätten sie sogar ein Stipendium gegeben. Das war der Anstoß einer großen Karriere.

Beruflich sei die Zeit schnell vergangen. "Das Leben, gottlob, nicht so schnell. Einsam fühlt sich der Grandseigneur des Theaters nie. "Ich habe jeden Tag eine Weltpremiere, wenn ich aufwache." Er war in seinem ereignisreichen Leben himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. "Das ist das Maß." In jeder Lebenssituation, ob glücklich oder unglücklich, könne er Schubert hören. "Aber in ernsten Momenten will ich mich nicht zerstreuen und ablenken lassen, da höre ich keine Musik", sagt der Menschenfreund, der "die Gesellschaft" meidet, aber gern gesellig mit seinen Freunden beim Heurigen oder im Wirtshaus sitzt.

Jungbrunnen

Frühstück mit Michael Heltau

"Dankbarkeit" ist sein Lebensmotto. Loslassen sein Geheimrezept. Schwimmen und Yesudian Yoga, das er seit seiner schauspielerischen Anfänge am Schillertheater täglich eine Stunde macht, ein Jungbrunnen.

Eitel sei er nicht. "Ich habe kein Problem damit gehabt, dass ich die Haare relativ früh verloren hab’." Und vor dem Sterben hat der fidele Chansonnier auch keine Angst. Geburtstage hat er noch nie gefeiert. "Meine Eltern waren immer enttäuscht, weil ich muffig war bei meinen Geburtstagen. Ich hab’ kein Gesicht für Geburtstage. Und ich will vor allem keine Geschenke."

Wie wird er dann am 5. Juli seinen 79er begehen? "Da läuft der Anrufbeantworter", sagt der Entertainer liebenswürdig und lässt seine perlengrauen Augen schelmisch, wie ein Bub, blitzen.

Frühstück mit Michael Heltau
Ein Wort, das ich am Sonntag nicht hören kann:
Sonntag. Ich mache mir die Sonntage selber.

Info

Klassik am Dom 2012, vor dem Mariendom in Linz, Michael Heltau und Sigrid Hauser treten mit der Big Band der Wiener Volksoper auf.

www.klassikamdom.at

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