Frühstück mit Heinz Zednik

Frühstück mit Heinz Zednik
Pingelig. Als Kind wollte der umjubelte Charaktertenor einmal Priester werden. Mit 72 steht der Sänger noch immer auf der Bühne.

Ein König kann’s nicht lassen

So fein, ordentlich und penibel wie die Dachgeschoßwohnung im Diplomatenviertel in der Nähe der Wiener Innenstadt ist auch sein gepflegtes Schönbrunner Deutsch. "Auf schöne Aussprache hat man zu Hause Wert gelegt", sagt Heinz Zednik, während er zum liebevoll gedeckten Tisch führt. Der Charaktertenor und Wienerlied-Spezialist hat aber auch "die ganze wienerische Palette" drauf. Wenn er im Arbeitszimmer, das bis zur Decke mit Büchern tapeziert ist, auf seinen Ohrensessel zeigt, erklärt er genüsslich: "Das ist mein Refugium, hier lese ich. Da kann mich die ganze Welt am A... lecken." 

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Frühstück mit Heinz Zednik

Heinz Zednik_Frühstück am Sonntag_22.04.2012_ mit Maria Gurmann am 16.04.2012
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Heinz Zednik_Frühstück am Sonntag_22.04.2012_ mit Maria Gurmann am 16.04.2012
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Frühstück mit Heinz Zednik

Frühstück mit Heinz Zednik
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Nein, derb ist der 72-jährige Sänger, der 2015 sein 50. Jubiläum als Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper begehen wird, nicht. Humorvoll und feinsinnig sehr wohl. Und vor allem beliebt – beim Publikum genauso wie bei seinen Freunden. Feinde scheint er nicht zu haben. Obwohl schon seit Jahren in Pension, holt man ihn immer wieder auf die Bühne. Dort gehört er hin. Dort fühlt er sich wohl. Nächste Woche wird er im Konzerthaus mit Andrea Eckert, Cornelius Obonya und Bela Koreny "WienBuchenwaldNew York" (Hermann Leopoldi) singen. Und in der Volksoper probt er gerade für die Premiere von " Madame Pompadour", wo er im Juni den König Ludwig XV. geben wird.

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 Trotzdem bleibt dem Kunstsammler und seiner Frau Christl noch Zeit genug für Reisen. Venedig und das Baltikum sind geplant. "Und Thüringen wollen wir uns auch wieder zu Gemüte führen", sagt er und serviert Schinken, Wurst, Schweinsbraten und Käse vom Urbanek am Naschmarkt, selbst gemachte Marillenmarmelade, Briochekipferl und den Kaffee "von Clooney". Das könne er gerade noch. "Ich lasse kochen", sagt der leidenschaftliche Heurigenbesucher.

Er genießt sein Wochenendhaus in Pressbaum, wo er auch seine Tennisrunde hat. "Man hat Glücksgefühle, wenn man so schöne Abende verbringt. Es ist warm draußen, wir sitzen auf der Terrasse, ich hab’ gegrillt, man trinkt einen herrlichen Wein, man lacht und der Schmäh rennt." Seinen Freund Heinz Holecek, der in der Vorwoche starb, wird er dabei vermissen. "Ich hab’ ihn 1965 beim Heinz Conrads kennengelernt. Da begann unsere Freundschaft."

Publikumsliebling

Frühstück mit Heinz Zednik
Ein Wort, das ich am Sonntag nicht hören kann:
Heute stürmt und regnet es.

Wenn ich Zeit habe, ...
... höre ich klassische Musik und lese gute Bücher.


Zehn Operndirektoren hat er miterlebt. 17 Jahre lang war er ein "schwarzer Betriebsrat", der trotzdem genauso gut mit Rudolf Scholten und Hilde Hawlicek auskam. "Ich hab’ kein Parteibuch", sagt der bürgerlich aufgewachsene Sohn eines Kaufmannes, der mit Hüten und Hutzubehör gehandelt hat. Welcher seiner Chefs war ihm der liebste? "Ioan Holender war schon einer der Besten. Er hat das Haus hervorragend geführt. Auf der anderen Seite konnte er schrecklich sein", sagt er über seinen pensionierten Freund. Holender selbst streut Zednik nur Rosen. "Die Qualität des zweiten Tenors wurde durch ihn geadelt. Zednik hat bewiesen, dass es keine zweiten Partien gibt, sondern nur zweitklassige Sänger. Er war eine erstklassige zweite Partie und hat diese zur ersten Partie gemacht." Unter Holenders Direktion wurde der Kammersänger auch Ehrenmitglied seines geliebten Stammhauses.

Das Herz des Kammersängers schlägt für die Oper. "Hänsel und Gretel" sah er im Theater an der Wien 1945. Da war er gerade fünf Jahre alt. "Das war eine Initialzündung. Ich war fasziniert. So was wollte ich auch machen." In der Schule, bei den Piaristen, wurde musiziert, Theater gespielt und in Museen gegangen. Der Stehplatz im Burgtheater und in der Oper waren seine zweite Heimat. Kurz dachte er darüber nach, Pfarrer zu werden. "Das Theatralische der Messe mit den Kostümen und dem Weihrauch, ist ein Schauspiel, das hat mir gefallen."

Trottel und Teufel

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Er war neun Jahre alt, als sich seine Eltern scheiden ließen. "Meine Mutter hat die Schuld auf sich genommen, um den Mann ihres Lebens zu heiraten. Ich wurde dem Vater zugesprochen." Trotzdem litt er nicht wirklich darunter. "Beide haben wieder geheiratet. Ich hab’ zwischen den Haushalten gewechselt, und wie das bei Kindern üblich ist, hab’ ich mir immer die besten Zuckerln von den jeweiligen Seiten ausgesucht." Mit seinem Vater ging er in die Oper und auf Fußballmatches der "Vienna". Am Wochenende fuhr man nach Baden oder Vöslau in die Thermalbäder. "Danach machten wir Rast beim Heurigen in Gumpoldskirchen. Da hat er seine zehn Vierteln getrunken, dann sind wir nach Hause gefahren. Das war kein Problem, es war ja kein Mensch auf der Straße. Kaum einer hat damals ein Auto gehabt."

Viel strenger war Zedniks Mutter. "Sie hat mir nichts durchgehen lassen. Sie war gerecht." Nachdem er einmal einen Christbaum aus Jux und Tollerei gestohlen hatte, bekam er zwei Ohrfeigen, musste den Baum dem Händler zurückbringen und sich entschuldigen. "Weihnachten war gestrichen. Das hat mich sehr getroffen."

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Dem Vater gehorchend, schloss er nach der Matura zwar die Hutmacherlehre ab. Aber der Weg auf die Bühne war unaufhaltsam. Den Gesang- und Schauspielunterricht finanzierte er sich selbst. Nachdem sein Vater plötzlich starb, als Heinz Zednik 23 Jahre alt war, kam sein erstes Engagement an die Grazer Oper – der Beginn einer großen Karriere als umjubelter Charaktertenor. Er sang an allen großen Opernhäuser der Welt, in Bayreuth und bei den Salzburger Festspielen.

Was ist das Geheimnis seines Erfolgs? "Dass ich, abgesehen von dem, was ich kann und gelernt hab’, immer präzise war." Engstirnigkeit mag er nicht. Ein "Das geht nicht" oder ein "Das war immer so" akzeptiert er nicht. Er sagt lieber: "Kinder, probieren wir es doch. Mehr, als dass es nicht funktioniert, kann uns nicht passieren. Ich lasse nichts unversucht." Wegen seiner Ordnungsliebe und seiner Pingeligkeit kann er sich oft über "Kleinscheiß" ärgern und jähzornig werden. "Damit kann ich vor allem meiner Frau schrecklich auf die Nerven gehen. Bei den großen Dingen, wie bei einem Autounfall, bleib ich ganz ruhig."

Genießer

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Ins Theater gehe er nicht mehr so oft. "Ich tu’ mir diesen ganzen Regiewahnsinn nicht mehr an." Lieber genießt er Musik aus dem Äther. Klassik, Kammermusik und Zeitgenössisches. "Pop mag ich nicht. Jazz schon." Ein bequemer Mensch sei er, zappt gern durch die Programme, liest ein gutes Buch, raucht eine Pfeife oder Zigarre und genießt die schon 30 Jahre währende Zweisamkeit mit seiner Frau. Einen Manager hat er nie gehabt. "Ich hab’ fast immer ,Ja" gesagt, nie verhandelt. Beim Karajan haben wir die Höchstgagen bekommen, in Bayreuth sehr niedrige. Ich hab’ gesagt, wenn ich etwas machen will, dann mach’ ich es unabhängig von der Gagenhöhe", sagt er zufrieden.

Froh ist er, dass er nicht Volksoperndirektor wurde. Drei Mal bewarb er sich. "Lange hab’ ich hin und her überlegt. Und festgestellt, ich hätte es wahrscheinlich nicht gekonnt. Ich wäre in sämtliche Fallen, die einem die Journaille stellt, dümmlichst hineingetappt. Da hab’ ich gesagt, nimm dich nicht so wichtig und lass es."

Er hat es gelassen und nicht bereut. "Im Großen und Ganzen bin ich ein Glückskind."

Frühstück mit Heinz Zednik

Info

"Madame Pompadour", Premiere am 6. Juli 2012 www.volksoper.at

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