Frühstück mit Dagmar Koller

Frühstück mit Dagmar Koller
G’schamig. Vier Jahre nach dem Tod von ihrem Helmut Zilk kehrt die Sängerin und Entertainerin wieder auf die Bühne zurück. Bei Käsepappeltee und Buttersemmerl erzählt sie über ihre Trauerarbeit, ihre neue Fröhlichkeit und ihre Gedanken über Partnerschaft.

Ich bin zurück im Leben“

Ist das eine Freude!", ruft sie strahlend und schlägt die Hände zusammen, als sie den KURIER-Fotografen Kristian Bissuti sieht. "Bei seiner Ausstellung hab’ ich Helmut Zilk 1970 das erste Mal getroffen." Ein Tag, den Dagmar Koller nie vergessen wird. Beim zweiten Wiedersehen sagte der damalige Fernsehdirektor Zilk, als Dagi nach der Probe zu spät kam, zu seiner Sitznachbarin: "Das ist die Frau, die ich heiraten werde."

Acht Jahre später waren sie verheiratet. "Ich muss sagen, ich vermisse ihn jeden Tag. Schrecklich. Ihr seht ja, ich habe nichts verändert", sagt die ehemalige Volksopern-Sängerin und führt durch die Innenstadt-Wohnung. Helmut Zilk ist allgegenwärtig. Bilder und Fotos an allen Wänden und auf sämtlichen Kommoden: der ehemalige Bürgermeister mit seiner Dagi, Helmut als Karikatur, Wiens First Couple mit prominenten Staatsgästen. Wo noch ein Plätzchen frei wäre, liegen Stöße von Post. "Ich komme kaum dazu, sie aufzuarbeiten."

 

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Kristian BissutiDagmar Koller
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Kristian BissutiDagmar Koller
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Trauerarbeit

Frühstück mit Dagmar Koller

Drei Jahre lang ging sie jeden Tag ans Grab ihres 2008 verstorbenen Mannes. "Es wird immer weniger, denn das tut weh. Da ist der Tag kaputt", sagt der Musicalstar, der 23 Jahre als Eliza in "My Fair Lady" und 36 Jahre lang als Dulcinea in "Der Mann von La Mancha" sein Publikum begeisterte. "Wenn ich am Grab bin, spreche ich laut mit Helmut und berühre immer den Stein drauf. Ein Granit mit Einschlüssen aus Bergkristall." Sie liebt Steine. Vor allem Türkise und Rosenquarz. Auf dem Wohnzimmertisch steht ein Blumenstock aus chinesischen Edelsteinen. "Den hat mir Helmut mitgebracht und gesagt, das sind die Blumen des Lebens." Mit einem Pinsel kehrt sie täglich den Staub ab. Dagmar Koller braucht man nicht viel zu fragen. Sie erzählt gerne und viel. Anekdoten, in denen der Zilk immer eine Rolle spielt.

"Das Leben mit Helmut war bis zum Schluss so intensiv. Die Liebe ist immer größer geworden. Es ist so, als hätten sie mir den Arm amputiert." Ja, über die Liebe könne sie gerne erzählen. "Wie viel und wie heiß ich geliebt habe. Ich habe nie eine Enttäuschung mit einem Mann erlebt. Es gibt keinen einzigen Fall, den ich bereue."

Aber über Sex will sie nicht mehr sprechen. "Sex im Alter ist nicht tabu, aber reden muss man nicht drüber", sagt die 72-Jährige, die mit ihren Modellmaßen perfekt in hautenge Jeans passt. "Sexualität ist ein Geheimnis, das man sich bewahren soll." Auch wenn sie auf der Bühne in sexy Unterwäsche brillierte, "g’schamig bin ich schon. Ich wollte auch nicht, dass Helmut überraschend ins Badezimmer kommt", sagt die Kärntnerin.

 

Lebensfreude

Frühstück mit Dagmar Koller

Schön langsam kehrt ihre Lebensfreude wieder zurück. Da ist eine Partnerschaft nicht ausgeschlossen. "Ja, ich bin manchmal einsam. Vor allem an Wochenenden, weil da ist jeder mit seiner Familie unterwegs oder im Wochenendhaus. Und ich will mich bei meinen Freunden, die fast alle jünger sind, nicht als alte Omi reindrängen." Langweilig wird ihr nie, aber die große Einsamkeit kommt auch, wenn sie beschäftigt ist. "Mir geht die Kommunikation ab."

Männer sind der blonden Schönheit ihr ganzes Leben lang zugeflogen. "Trotzdem bin ich immer meinen Mann gestanden." Ob sie wieder einen Partner haben möchte, ist sie nicht so sicher. "Es müsste ein Mann sein, der reif ist, auch ein Leben hinter sich hat, auch Witwer ist. Und er müsste jünger sein. Ich fühle mich ja viel jünger, ich bin ja noch so aktiv", sagt die Koller, die diszipliniert wie eh und je täglich ihr Balletttraining macht. "Ich glaube nicht, dass es jemand aushalten würde, mit mir noch zu leben. Ich kann den Helmut nicht aus meinem Leben drängen", sagt sie und geht in die Küche, um Käsepappeltee aufzugießen. Gekocht wird hier nie. "Das mach’ ich nur in Portugal."

 

Frühstück mit Dagmar Koller

Erst hatte sie Gastritis, jetzt eine Histamin-Intoleranz. Auf ihren "geliebten" Kaffee müsse sie genauso ein paar Monate verzichten, wie auf ihre "geliebte" Schokolade. "Mein ganzes Leben hab’ ich keine Schokolade gegessen, damit ich nicht zunehme. Nach dem Tod von Helmut wurde Schokolade meine Leidenschaft, mein Beruhigungsmittel." Champagner und Wein sind ebenfalls gestrichen. "Ich hab’ immer so Kopfweh gekriegt." Ab und zu ein Glas Wodka geht immer noch. "Mit der Diät hab’ ich auf 51 Kilo abgenommen, jetzt muss ich Babynahrung und Buttersemmerln essen, damit ich wieder zunehm’." Schließlich muss sie fit für ihre Rückkehr auf die Bühne sein.

"Nie mehr auf die Bühne", dachte Koller, als sie ihren Mann vor vier Jahren täglich zur Dialyse begleitete und ihre Mutter kurz darauf starb. Die Fröhlichkeit kehrte wieder zurück, als sie an ihrem Buch "Die Kunst, eine Frau zu sein" arbeitete. "Da sind die treuen Fans, die auch alle älter geworden sind. Sie haben mich nicht verlassen und sagen immer, bitte, bitte, Frau Koller kommen Sie wieder auf die Bühne." Und seitdem sie als Jurorin bei der ersten Dancing-Stars-Staffel Furore machte, habe sie auch junge Fans.

 

Frühstück mit Dagmar Koller

Mit ihrer Koller’schen Fröhlichkeit ist auch ihr lang gehegter Traum zurückgekehrt. "Ich wollte schon lange, nur mit ein paar Musikern, auf einer kleinen Bühne schöne Sachen singen und erzählen. In großen Hallen will ich nicht mehr auftreten." Jeden Tag probt sie für die Premiere am 24. 5. im Stadttheater Berndorf. Dazu passend der Titel ihres Liederabends, bei dem sie auch Anekdoten aus ihrem Leben erzählen wird: "Leben für die Bühne".

Frühstück mit Dagmar Koller

Für ihre Karriere habe sie alles geopfert. "Das war auch der Grund, warum ich keine Kinder gekriegt hab’. Helmut hat das akzeptiert. Alle andern Männer vor ihm haben mich verloren, weil sie wollten, dass ich den Beruf aufgebe. Das konnte ich nicht", erzählt die Tochter einer Kärntner Dolmetscherin, die sie streng erzogen hat. "Meine Eltern waren geschieden, sie hat meinen älteren Bruder und mich alleine erzogen. Es war ein hartes Leben, Kind von meiner Mutter zu sein. Sprachen, Tischmanieren und eiserne Disziplin. Mit Siegmar, dem Liebling der Familie, dem Mann im Haus, war sie nicht so streng", erinnert sie sich. "Wir waren die frechsten Kinder, wenn wir den ganzen Tag alleine zu Hause waren. Wenn General Mama nach Hause gekommen ist, dann waren wir brav." Heute weiß Dagmar Koller, dass sie ohne die harte Hand ihrer Mutter nie diese Erfolge gehabt hätte. Mit fünf Jahren begann sie in Klagenfurt mit dem Ballett. Später studierte sie in Wien an der Akademie Gesang und Schauspiel. Und wehrte sich schon damals, ihre Nase, für die sie sich genierte, operieren zu lassen. "Dank der großen Nase von Barbara Streisand, hab’ ich meine Komplexe verloren."

 

Frühstück mit Dagmar Koller

Heute, mit 72 Jahren, schimpft sie immer noch über Botox und Schönheitsoperationen. Sie steht zu ihren Falten, kaschiert sie höchstens mit einem Seidentuch am Hals und etwas Make-up. Böse Briefe von Leuten, die sie fragen, "ob ich mich mit dem Gesicht überhaupt noch auf die Straße traue", ignoriert sie. Dagmar Koller ist jung im Herzen und freut sich – wenn auch sehr aufgeregt – wieder im Scheinwerferlicht zu stehen.

Info

Dagmar Koller, "Leben für die Bühne": 24. 5. Stadttheater Berndorf; 16. 6. Rosengarten Linz; 19.10. Stefaniesaal Graz; 25. 10. Schloss Esterházy Eisenstadt; 1.12. Kammerspiele Wien

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