Frühstück mit Cordula Reyer

Frühstück mit Cordula Reyer
Makelvolle Schönheit: Augenringe als Markenzeichen. Mit 48 ist das österreichische Model immer noch im Geschäft. Auf Schönheits-OP wird gepfiffen.

Sie ist eine Pendlerin. Ihr Hauptwohnsitz ist seit mehr als 25 Jahren in Los Angeles. Viel Zeit verbringt sie aber auch in der Nähe von Turin. Der Grund: Ihr Freund, ein Österreicher, lebt in Italien. Wenn Cordula Reyer in ihre Heimat kommt, wohnt sie bei ihrer Mutter in Gießhübl, bei einem ihrer Geschwister in Wien oder, wie diesmal, bei einer Freundin am Schafberg.

Fast ungeschminkt, bloßfüßig, die Haare streng zurückgebunden und die makellose Figur in ein Sommerkleid vom Flohmarkt gehüllt, bittet Österreichs erfolgreiches Model zum Frühstückstisch. Steinpilz-Carpaccio, Buttermilch, Joghurt mit Heidelbeeren, Schüttelbrot aus Südtirol, dazu Butter und Honig und einen Cappuccino serviert die 48-Jährige. "Wenn es nicht so heiß ist, esse ich auch gerne Spiegeleier", erklärt Reyer, die eine Vorliebe für Secondhand-Stücke hat. "Ich habe immer schon gerne Kleider am Flohmarkt gekauft und sie umgenäht." Die Tochter des gestorbenen Burgschauspielers Walther Reyer kennt die besten Vintage-Läden der Welt. "Als Vintage bezeichnet man Sachen, die mindestens 20 Jahre alt sind", erklärt die Wienerin, deren Lieblingsoutfit immer schon die Latzhose ist.

Schöne Makel

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Sie war "die" Muse von Helmut Lang. Der österreichische Designer war es, der sie vor 25 Jahren entdeckte. Das Modeln war keinesfalls geplant, wie sie sagt, sondern ein Zufall. An ihre Schönheit hatte sie nämlich in ihrer Kindheit nie geglaubt. "Heute sind meine Augenringe mein Markenzeichen. Das war nicht immer so." Wie sie im Laufe ihrer Karriere ihre Schwächen zu Stärken machte, beschreibt die Mutter eines 25-jährigen Sohnes in ihrem neuen Buch "Glücklichsein für Fortgeschrittene" . Es ist eine Mischung aus Biografie, Ratgeber - "Hämorrhoidensalbe gegen Augenringe " - und Service - "die besten Slow-Food-Rezepte".

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Die Schatten unter den markanten, leicht verquollenen Augen und "die böhmische Nase" - alles Erbstücke ihres Vaters und ihrer Großmutter -, stören sie schon lange nicht mehr. Sie steht zu ihrem Alter, ist trotzdem noch im Model-Geschäft, kann sich an manchen Tagen lieben und an manchen akzeptieren, wie sie ist. "Das hat nichts mit Selbstverliebtheit zu tun, sondern mit Wohlgefühl." Nachsatz: "Wenn man älter ist, soll man nicht zu oft in den Spiegel schauen", sagt Reyer lachend.

Nichts ist an ihr unecht. Botox und Schönheitsoperationen brauche sie nicht. "Man kann seinem Gesicht und seinem Körper gegenüber nicht so undankbar sein. Noch dazu ich als Fotomodel kann und will das nicht." Sie nehme sich ein Beispiel an ihrer Mutter. "Sie schmiert sich nur mit Nivea-Creme ein und schaut toll aus."

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Als sie ihre internationale Karriere in den USA mit 25 Jahren begann, war sie, im Gegensatz zu ihren Kolleginnen, Cindy Crawford, Linda Evangelista, Naomi Campbell oder Tatjana Patitz, ein Oldie. "Ich war außerdem das erste Model mit einem Kind. Das ist heute ganz normal." Wenn sie von einem Fotoshooting zum nächsten rund um den Globus jettete, kümmerte sich Bens Vater, mit dem sie zehn Jahre zusammenlebte, um den gemeinsamen Sohn.

Starfotografen rissen sich um die Schönheit aus Wien. Steven Meisel fotografierte sie für die amerikanische, französische und italienische Vogue . Und Peter Lindbergh, dem großen deutschen Fotografen, verdankt sie, "dass ich die Schönheit meines eigenen Makels erkennen konnte", nachdem er der Visagistin sagte: "Lass die Augenringe! Die sind so schön."

Schöne Kindheit

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Wenn Cordula Reyer versucht, ihre große Patchworkfamilie zu erklären, wird es kompliziert. Sie hat zwei Schwestern und einen Bruder, zwei Halbschwestern und einen Halbbruder, dazu kommen noch zwei Stiefbrüder und eine Stiefschwester. "In der Zwischenzeit gibt es schon unzählige Enkelkinder. Meiner Mutter wird nicht fad." Walther Reyer war vier Mal verheiratet. Cordulas Mutter heiratete nach der Scheidung - "ich war damals 16" - ihre Jugendliebe und bekam noch eine Tochter. "Meinen Vater haben wir viel gesehen. Wir sind von der Schule gekommen und er saß da im Morgenmantel und hat Text gelernt."
Sie liebte die Theaterbesuche als Kind. "Ich mochte den speziellen Geruch, es war so festlich und feierlich, und wir durften hinter die Bühne in die Garderobe." Schauspielerei war nie ein Thema. Nachdem der Traum von der Eisprinzessin schnell ausgeträumt war, wollte sie Kostümbildnerin werden. "Ich war wahnsinnig schlecht in der Schule, hab' erst mit 21 maturiert, aber ich war handwerklich begabt." Während sie die Schneiderlehre machte, modelte sie schon.

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"Supermodel war ich nie", sagt sie. Dafür dauert ihre Karriere immer noch an. "Die Stabilität und das Bei-Dingen-Bleiben hab' ich von meiner Mutter", erklärt sie ihre Besonnenheit. Verlässlich und verantwortungsbewusst sei sie. "Auf der anderen Seite habe ich den Drang zum Drama von meinem Vater geerbt."

Als ihr Sohn mit 20 Jahren von zu Hause auszog und sie die ersten grauen Haare entdeckte, schlitterte sie in eine klassische Midlife-Crisis. "Ich schlug mir die Nächte um die Ohren. Alles geriet aus den Fugen und manchmal erkannte ich mich selbst nicht wieder." Deshalb nahm sie sich ein Zitat der Yogis zu Herzen - "Schmerz entsteht, wenn man sich gegen etwas wehrt" - und lernte loszulassen. Wenn sie sich heute zurückerinnert, denkt sie: "Was war das für ein sentimentales Gesudere?"

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Jetzt könne sie ihr Leben wieder genießen. In Italien wird mit dem um ein paar Jahre jüngeren Freund gekocht. Und wann immer sich die Gelegenheit bietet, tanzt sie. "Egal, ob Walzer oder Disco. Ich kann durchtanzen", sagt sie und zeigt selbstbewusst ihre schönsten Lachfalten. Ja, das Model ist auch ein Modellfall für Coco Chanels wunderbare Wortschöpfung: "Eine Frau kann mit zwanzig schön, mit vierzig charmant und ihr ganzes Leben lang unwiderstehlich sein."

Buchtipp:

Frühstück mit Cordula Reyer

"Glücklichsein für Fortgeschrittene - Wie ich lernte, meine Schwächen zu lieben", von Cordula Reyer, Brandstätter Verlag, 22,50 Euro

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