Christine Kaufmann über Ruhm

Christine Kaufmann, Interview im Hotel Altstadt, Barbara Reiter
Christine Kaufmann über ihre neues Buch, Hollywood und ihr Luxusleben.

freizeit: Frau Kaufmann, Sie haben 14 Bücher geschrieben. Ihr jüngstes „Scheinweltfieber“, befasst sich mit der kulturgeschichtlichen Betrachtung des Ruhms. Verkauft es sich gut?

christine Kaufmann: Ich habe festgestellt, dass die Leute lieber meine Schönheitsbücher lesen. Das nächste wird wieder ein Wellnessbuch. „Scheinweltfieber“ habe ich vor allem für mich gemacht. Ich wollte klarstellen, dass die vermeintlich moderne Verrücktheit im Bezug auf Idole und Stars keine ist. Es hat sie schon immer gegeben.

Christine Kaufmann über Ruhm
Christine Kaufmann 2013
freizeit: Hat Sie das „Scheinweltfieber“ erwischt?

Es ist ein Unterschied, ob man, wie ich, als Kind berühmt wird oder als Erwachsener. Für mich kam der Aufstieg zum Star einer gesellschaftlichen Entwurzelung gleich. Ich habe die Arbeit sehr genossen und finde auch eine Bühne für Kinder per se nicht schlecht. Das Gefühl hat ein Kind ja auch, wenn es vor versammelter Familie ein Gedicht vorträgt. Es ist alles gut, wenn das Straucheln Teil der Liebe ist. Bei einem Kinderstar ist das meist nicht so.

freizeit: Haben Ihre Eltern Sie nicht beschützt?

Kaufmann: Mein Bruder und ich fanden, dass unsere Eltern als Paar so optimal waren, wie ein Igel zum Arsch abwischen – Entschuldigung. Mutter war Französin, Vater ein deutscher Offizier. Das ergab eine Mischung aus extrem Aktiv und G’schaftlhuberisch. Das ist nichts für eine familiäre Struktur und die Normalität.

freizeit: Waren Sie auf der Suche nach einer Ersatzfamilie, als sie mit 18 Tony Curtis geheiratet und rasch hintereinander zwei Kinder bekommen haben?

Kaufmann: Unbewusst bestimmt. Im Nachhinein habe ich mir oft überlegt, warum ich so gehandelt habe. Ich war ja nicht dumm, dafür sehr jung, was man nicht vergessen darf. Tony und ich dachten, wir könnten uns gegenseitig sanieren. Ich habe bald gelernt, dass das nicht möglich ist.

Christine Kaufmann über Ruhm
Christine Kaufmann, Interview im Hotel Altstadt, Barbara Reiter
freizeit: Ein Leben im Luxus, eine Ehe mit einem Hollywood-Star: Was will man mehr?

Kaufmann: Das ist alles eine Illusion. Den gut aussehenden Traummann, der immer potent und treu ist und keiner anderen Frau nachsieht, gibt es nicht. Was das Luxusleben betrifft, habe ich Tony gesagt, dass ich so nicht weiterleben kann. Für ihn war Normalität aber undenkbar und ich verstand ihn auch.

freizeit: Was war so schlimm am Luxusleben?

Kaufmann: Ich möchte das anhand einer Begebenheit skizzieren. Ich habe einmal auf einem Fest ein Valentino-Kleid mit einer türkisen Tasche kombiniert. Das Türkis war vom Ton her nicht ganz stimmig mit der Farbe meiner Schuhe. Als mich das gestört hat, wurde mir klar, dass man so nicht leben kann.

freizeit: Wie ist Ihr Verhältnis zu Mode heute?

Kaufmann: Entspannt. Mode und Eleganz haben für mich mit Mut und Angstfreiheit zu tun. Und, was viele nicht glauben: mit einer Prise Humor.

freizeit: Und Ihr Hut?

Kaufmann: Den habe ich von einer Freundin gekauft. Ich habe einen gesucht, der beim Fahrradfahren nicht davonfliegt.

freizeit: Zurück zum Abschied vom Glamourleben. Nach Ihrer Scheidung von Tony Curtis sind Sie ohne Ihre Kinder zurück nach Deutschland gegangen. Was empfindet eine Mutter da?

Kaufmann: Ich habe sehr viel verloren und war völlig verarmt. Da ich arbeiten musste, konnte mir Tony die Kinder wegnehmen. Er meinte: „Sie kann nicht arbeiten und gleichzeitig zuhause sein und kochen.“

Christine Kaufmann über Ruhm
Christine Kaufmann, Interview im Hotel Altstadt, Barbara Reiter
freizeit: Und die Kinder?

Kaufmann: Ich habe in meiner Kindheit gelernt, gewisse Gefühle wegzudrücken. Ich war fokussiert auf die sechs Wochen im Sommer, die ich jedes Jahr mit den Kindern verbracht habe.

freizeit: Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus Ihrer Zeit in Hollywood nach Deutschland importiert haben?

Kaufmann: Dem Ruhm gegenüber rücksichtslos zu sein. Das kann ich nur jedem empfehlen. Man darf keine Angst vor Ruhm, Erfolg und schon gar nicht vor Misserfolg haben. Viele Menschen sabotieren jede Form von Karriere, weil sie Angst vor dem Scheitern haben. Man muss nur eines wissen: Erfolg ist schön, währt nur nicht ewig. Erfolg ist eine Droge, die Spaß macht, aber gefährlich ist.

freizeit: Haben Sie jemals echte Drogen konsumiert?

Kaufmann: Als junge Frau habe ich Haschisch geraucht. Aber das geht schon lange nicht mehr. Haschisch rauchen ist wie über 60 zu sein – dasselbe Lebensgefühl. Man ist manchmal tattrig und unkonzentriert.

freizeit: Sie sind schon 68 und sehen toll aus. Woran liegt’s?

Kaufmann: Operiert bin ich jedenfalls nicht. Ich habe mir nur die Augenbrauen und Lippen nachzeichnen lassen. Also: Bewegung ist für den Körper das Wichtigste. Ich turne jeden Morgen. Man unterschätzt das, was der Chinese Chi nennt. Wenn der Energiefluss staut, wird man alt. Außerdem habe ich, das Haschisch ausgenommen, nie geraucht und gehe nicht in die Sonne.

freizeit: Heutzutage sonnen sich Menschen am liebsten im Rampenlicht. Was empfinden Sie bei Casting-Shows?

Kaufmann: Ein Mensch, der begabt ist, will dafür geschätzt werden. Das ist klar. Bei Shows wie „X-Factor“ fasziniert mich, wie viele Menschen wahnsinnig gut singen können. Die wissen aufgrund der Biografien anderer „Kurzzeitstars“ mittlerweile schon, dass sie nicht in eine Sphäre katapultiert werden, die nur aus Glück und Gesundheit besteht. Viel schlimmer als das Märchen vom Ruhm finde ich das vom Reichtum.

Christine Kaufmann über Ruhm
Christine Kaufmann, Interview im Hotel Altstadt, Barbara Reiter
freizeit: Sie meinen, dass Reichtum vorgegaukelt wird?

Kaufmann: Zu diesem Thema fällt mir immer das Schicksal des Ehepaars Rausing ein. Hans Rausing ist einer der reichsten Männer Großbritanniens und hat seine an einer Überdosis Kokain verstorbene Frau zwei Monate in einem Zimmer der gemeinsamen Villa mit Müllbeuteln und Kleidung bedeckt. Er hat die Leiche immer wieder besprüht, damit niemand den Verwesungsgeruch bemerkt. Reines Geld macht also keinesfalls glücklich. Der Sohn von Michael Douglas sitzt wegen Drogenmissbrauchs im Gefängnis. Ich habe beobachtet, dass die Kinder reicher Eltern oft sehr unglücklich sind.

freizeit: Woran liegt das?

Kaufmann: Das passiert immer dann, wenn die Normalität zu kurz kommt. Jodie Foster ist nach ihrer Karriere als Kinderstar normal geblieben, weil ihre Mutter ihr auch ein normales Leben abseits vom Ruhm gezeigt hat. Errol Flynns Tochter hingegen war ein Junkie. Ein Vater, der immer in Strumpfhosen herumläuft und von Boot zu Boot springt, ist ja auch eigenartig. (Anm.: Flynn war Robin-Hood-Darsteller.)

freizeit: Gibt es ein Lehrstück in Sachen Ruhm?

Kaufmann: Der beste Film über Ruhm ist „Notting Hill“. Julia Roberts spielt eine berühmte Schauspielerin – quasi sich selbst. Sie sagt zu Hugh Grant, der einen Buchhändler spielt: „Hinter der Diva steckt ein kleines Mädchen, das geliebt werden will.“ Sie hat das offenbar verinnerlicht und hat mit ihrem Kameramann ein normales Leben verwirklicht.

freizeit: Noch ein paar Fragen zum Schluss: Bereuen Sie es, als „Golden Globe“-Gewinnerin Teleshopping gemacht zu haben?

Kaufmann: Das liegt zeitlich sehr weit auseinander und ich habe es in der Anfangsphase, wo es im Trend lag, mit aufgebaut. Außerdem konnte ich das Studium einiger Enkel davon finanzieren.

freizeit: Sie waren nie in der Schule. Hat Sie das geprägt?

Kaufmann: Anfangs habe ich dort Lesen und Schreiben gelernt. Danach konnte ich vertiefen, was mich interessiert hat, von Kunst bis Archäologie. Ich spreche auch fünf Sprachen. Ich empfinde es als große Chance, nicht in der Schule gewesen zu sein.

freizeit: Sie waren vier Mal verheiratet. War es das?

Kaufmann: Ted Turner finde ich gut. Er ist gebildet, gut aussehend, reich und hat Erfahrung mit Schauspielerinnen. Er ist auch Single, wie ich recherchiert habe.

freizeit: Sie sagten doch, Geld macht nicht glücklich?

Kaufmann: Jetzt, wo ich es weiß, könnte ich damit umgehen.

Info: Christine Kaufmann: „Scheinweltfieber“, erschienen im Verlag LangenMüller um 25 €.

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