Gefallene Sport-Helden

Der Südafrikaner ist nicht der erste Spitzensportler, der wegen Mordverdachts angeklagt wurde.

Sie alle wurden gefeiert und als Helden verehrt. Der Fall des südafrikanischen Olympiahelden Oscar Pistorius, der diese Woche wegen Mordverdachts an seiner Freundin Reeva Steenkamp angeklagt wurde, steht nicht allein da. Auch Footballstar O. J. Simpson, die Boxer „Bubi“ Scholz, Carlos Monzon und Mike Tyson waren gewalttätig, als ihr Ruhm zu verblassen drohte. Einige von ihnen glaubten wohl, sich an ihren Frauen für den Mangel an öffentlicher Zuwendung rächen zum müssen.

Im Frühjahr 1994 sorgte der Fall O. J. Simpson für weltweites Aufsehen. Der auch als Schauspieler („Die nackte Kanone“) bekannt gewordene ehemalige Footballsportler stand im Verdacht, seine 35-jährige Ex-Frau Nicole Brown Simpson und deren Liebhaber Ronald Goldman vor ihrer Wohnung in Los Angeles erstochen zu haben. Für die Kriminalisten stand fest, dass es sich um ein Eifersuchtsdrama handelte.

Flucht live im TV

O. J. Simpson flüchtete mit seinem Auto, wobei ein Fernsehsender die Verfolgungsjagd der Polizei quer durch Beverly Hills live übertrug. Er stellte sich schließlich und kam in Haft. Bald stand auch fest, dass sein „genetische Fingerabdruck“ mit dem übereinstimmt, den man am Tatort fand.

Doch dann wurde der Doppelmord zum Desaster für die US-Justiz: Während der Strafprozess mit einem Freispruch für den einstigen „Sportler des Jahres“ endete und er ein freier Mann war, folgte ein Zivilverfahren, das die Familien seiner Ex-Frau und Ronald Goldmans anstrengten. Nun wurde Simpson schuldig gesprochen und zur Schadenersatzzahlung von 33,5 Millionen Dollar (die er nie zahlte) verurteilt. Doch er blieb in Freiheit.

Raubüberfall

Vorerst. Denn der Simpson-Krimi war noch nicht zu Ende. Als ihm 2007 in Las Vegas zwei Sammler einige Fan-Artikel wegnahmen, zwang er sie mit Waffengewalt zur Rückgabe. Simpson wurde wegen Raubes und Geiselnahme schuldig gesprochen. Er sitzt zurzeit in einem Gefängnis in Nevada und hat bei guter Führung die Möglichkeit nach neun Jahren Haft freizukommen.

Für enormes Aufsehen sorgte auch der Fall des Box-Europameisters Gustav „Bubi“ Scholz, der am 22. Juli 1984 seine Frau Helga nach 29 Ehejahren unter Alkohol- und Tabletteneinfluss in seiner Berliner Villa erschoss. Scholz, eines der Idole der deutschen Nachkriegszeit, gab an, dass sich beim Reinigen seiner Waffe ein Schuss gelöst hätte. Der 54-Jährige kam mit drei Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung davon und heiratete nach seiner Freilassung Sabine Arndt. „Bubi“ Scholz, dessen Leben mehrfach verfilmt wurde, starb im August 2000, seine Witwe heiratete später den Schauspieler Klausjürgen Wussow.„In diesen Zeiten gab es keine Dopingkontrollen“, erklärt die Wiener Suchtforscherin Gabriele Fischer, „,man weiß aber, dass Spitzensportler auch damals muskelaufbauende Substanzen zu sich nahmen. Das Problem ist, dass diese hormonellen Stimulationen zu nachhaltigen Gemütsstörungen führen können, die Aggressionsdurchbrüche begünstigen.“

Gefallene Sport-Helden
FKM18 - 20000821 - FRANKFURT, DEUTSCHLAND: (ARCHIV) Bubi Scholz mit seiner ersten Ehefrau Helga, aufgenommen im Februar 1981 in ihrer Berliner Wohnung (Archivbild). Die Boxsport-Legende "Bubi" Gustav Scholz ist am Montag (21.08.2000) im Alter von 70 Jahren gestorben. Wie der Scholz-Anwalt Herr Salm mitteilte, erlitt der ehemalige Profi einen Herzstillstand. Scholz war Europameister im Mittel- und Schwergewicht. Nach seiner aktiven Laufbahn hatte das einstige Idol immer wieder fuer Schlagzeilen mit seinem Lebenswandel gesorgt. So erschoss er 1984 seine Frau Helga und wurde dafuer zu einer mehrj hrigen Haftstrafe verurteilt. Scholz litt an der Alzheimer-Krankheit und hatte die letzten Jahre in einer Seniorenresidenz am Rande Berlins verbracht. EPA PHOTO DPA FILES/EVA VON MAYDELL

Er schlug alle Frauen

Der Argentinier Carlos Monzon war von 1970 bis 1977 Weltmeister im Mittelgewicht und ein weltweit gefeiertes Boxidol. Er wurde im Februar 1988 verhaftet, nachdem das Fotomodell Alicia Muniz von Monzons Balkon in seinem Ferienhaus in Mar del Plata fiel und tot liegen blieb. Während der 45-jährige Ex-Boxer beteuerte, die Mutter seines Sohnes sei einem Unfall erlegen, zeigte sich bei der Autopsie, dass Alicia vor dem Sturz bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt worden war. Außerdem sagten Nachbarn – ähnlich wie im aktuellen Fall Pistorius – dass es vor der Tat einen heftigen Streit gab. Monzons wenig überzeugende Verteidigung: „Ich schlug alle meine Frauen, und noch nie ist etwas passiert!“

Der Boxweltmeister wurde in einem der spektakulärsten Prozesse in der Geschichte Argentiniens zu elf Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Auch er stand während der Tat unter Alkohol- und Medikamenteneinfluss.

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Oscar Pistorius (R) and his girlfriend Reeva Steenkamp pose for a picture in Johannesburg in this February 7, 2013 file photograph. The airing of a Caribbean reality TV show featuring the girlfriend of Paralympic star Oscar Pistorius two days after she was shot dead has upset some South Africans. REUTERS/Thembani Makhubele/Files (SOUTH AFRICA - Tags: CRIME LAW SPORT ATHLETICS)

Alkohol führte dann auch zum Ende von „El Macho“, wie seine Fans ihn nannten: Als Monzon am 8. Jänner 1995 als Freigänger das Gefängnis verlassen durfte, verunglückte er nach einer Zechtour mit dem Auto. Vielen blieb er dennoch mehr als Boxidol denn als Gewalttäter in Erinnerung. „Ich war bis zuletzt mit ihm in Kontakt“, erklärte Argentiniens Staatspräsident Carlos Menem in einem Nachruf, und der Schauspieler Alain Delon sagte, „mit Monzon einen Teil meines Lebens verloren zu haben“.

Häusliche Gewalt

„Boxer“, meint Prof. Gabriele Fischer, „neigen dazu, ihre Impulskontrolle leichter zu verlieren. Aber auch bei anderen Spitzensportlern wird häusliche Gewalt oft zum Problem, insbesondere wenn jeglicher Respekt vor der Partnerin fehlt. Das zeigt sich nicht nur durch physische, sondern auch durch psychische Gewalt. So hat Golfprofi Tiger Woods seine Frau erniedrigt, indem er sie ständig betrogen hat.“

Gefallene Sport-Helden

Mike Tyson zählt zu den größten Boxern aller Zeiten. Aufgewachsen im New Yorker Armenviertel Brooklyn, gelangte er schon in seiner Kindheit auf die schiefe Bahn und war mit zwölf Jahren bereits 38 Mal, meist wegen Diebstahls und bewaffneter Überfälle, festgenommen worden. Tysons Sportlehrer in einer Anstalt für Schwererziehbare erkannte sein Boxtalent und förderte ihn. Mit 18 war er Profi und zwei Jahre später erlangte er als bislang jüngster Boxer den Weltmeistertitel im Schwergewicht.

Vergewaltigung

Als Boxer lange unschlagbar, taumelte Tyson in seinem Privatleben von einer Niederlage in die andere. 1987 wurde er wegen sexueller Belästigung angeklagt, im Jahr darauf war er in eine Schlägerei auf offener Straße verwickelt. Nachdem seine Ehe zerbrach, ging Tyson auch im Boxring mehrmals K.o. Er schaffte spektakuläre Comebacks, wurde aber 1992 von der Kandidatin einer „Miss Black America“-Wahl der Vergewaltigung bezichtigt. Nach drei Jahren Haft wieder frei, feierte er einmal mehr sein Comeback als Weltmeister.

Das Publikum verzieh

Mike Tysons Popularität war ungebrochen, sein Publikum schien alles zu verzeihen. Doch er musste immer wieder vor Gericht, einmal weil er den gegnerischen Fahrer nach einem Autounfall, einmal als er einen Pressefotografen tätlich angriff. 1997 biss er seinem Gegner Evander Holyfield im Boxring einen Teil des rechten Ohres ab, wofür er mit einer Strafe von drei Millionen Dollar und vorübergehendem Berufsverbot belangt wurde.

Als Boxer einer der gefürchtetsten Schläger aller Zeiten zerstörte er sein Können mit seiner kriminellen Energie. Der einst reichste Sportler der Welt ging pleite und hat heute Millionenschulden. Im Jahr 2005 bestritt er seinen letzten Kampf, danach meinte er, sein Leben sei eine einzige Verschwendung gewesen. Trotz seiner Vorstrafen wurde Tyson 2011 in die „International Boxing Hall of Fame“ aufgenommen.

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