Zu Gast bei den Skiverrückten

Nach zehn Jahren macht der Herren-Weltcup wieder einmal in Japan Station.

Wenn nicht gerade eine Drohne hinter ihm detoniert oder das Glas verkehrt in der Skibrille sitzt, kann Marcel Hirscher mittlerweile fast nichts mehr überraschen. Als er allerdings im vergangenen Jahr einen Einkehrschwung in Japan einlegte, kam sogar der viel gereiste Superstar noch ins Staunen.

Das öffentliche Podiumsgespräch mit Marcel Hirscher anlässlich der Skimesse in Tokio war besser besucht als einige Weltcuprennen, und auch die Fragen, die das fachkundige Publikum an ihn richtete, verblüfften den Salzburger. Die Japaner wollten von ihm doch tatsächlich wissen, ob denn nun der Zielhang in Adelboden schwieriger zu befahren sei, oder doch der Steilhang in Alta Badia. "Man hat mich auch am Hauptbahnhof in Tokio erkannt", erinnert sich Hirscher.

"Die Japaner haben immer das neueste Material"

Es war kein Zufall, dass der Österreicher im Frühjahr 2015 nach Asien jettete: Japan ist seit jeher einer der wichtigsten Märkte für den Skisport. "Bis vor zehn Jahren wurden dort die meisten Ski weltweit verkauft", berichtet Günter Mader, der Rennsportleiter von Salomon. "Du siehst dort auf den Pisten auch keinen mit alten Sachen herumfahren. Die Japaner haben immer das neueste Material und Outfit", weiß Christian Leitner, der langjährige Cheftrainer des kleinen japanischen Herrenteams.

Zu Gast bei den Skiverrückten
Runner-up Akira Sasaki of Japan and winner Benjamin Raich (R) of Austria celebrate with champagne after the FIS World Cup Alpine Skiing men's slalom on Mt Yakebitai in Shigakogen, central Japan, March 10, 2006. REUTERS/Kimimasa Mayama
Umso erstaunlicher, dass der Skiweltcup nur so selten in Japan Station macht. Zuletzt wurde 2006 in Shigakogen gefahren, und in Naeba, wo am Samstag und Sonntag Riesenslalom und Slalom ausgetragen werden, dauert die Pause seit 1975.
Zu Gast bei den Skiverrückten
Schon damals war das launische japanische Wetter ein Thema, "der Herren-Slalom konnte wegen anhaltender Schneestürme nicht stattfinden und wurde auf Sonntag verschoben", hieß es seinerzeit im KURIER. Am besagten Sonntag siegte dann übrigens Hansi Hinterseer vor "dem heuer so erfolgreichen Schweden Ingemar Stenmark" (KURIER). Den Riesenslalom von Naeba hatte Stenmark zuvor gewonnen – der Autor konnte freilich noch nicht wissen, dass Stenmark diesem dritten Weltcup-Erfolg weitere 83 würde folgen lassen.

Sie sind skiverrückt, sie haben Unmengen an Skigebieten (und in Naeba die mit 5,5 Kilometern längste Gondelbahn des Landes) – und doch sind die Japaner immer noch die Exoten. Warum? "Weil dort jeder sein eigenes Süppchen kocht", sagt Christian Leitner. "Die Sportler wie Okabe, Sasaki oder Yuasa sind alles Einzelkämpfer. Es gibt einfach keine Gesamtverantwortung."

Weltcup-Stände

Kommentare