Biathlon vs. Ski: "Nichts gegen das Skifahren ..."

Martin Fourcade ist im Biathlon das, was Marcel Hirscher bei den Alpinen ist.
Warum die WM in Hochfilzen den Vergleich mit St. Moritz nicht scheuen muss.

Der Kontrast könnte größer kaum sein: Auf der einen Seite St. Moritz, das Zentrum der High Snowciety, edel, elitär, weltbekannt als Wintersport-Dorado. Auf der anderen Seite Hochfilzen, die Heimat der Biathleten, beschaulich, bescheiden, hierzulande bekannt durch seinen Truppenübungsplatz und den Magnesitabbau.

Kann man diese so unterschiedlichen Orte überhaupt miteinander vergleichen?

Man kann. Gerade jetzt, da zwei Wochen lang die Blicke auf St. Moritz und Hochfilzen gerichtet sind, auf die große Ski-Party im Engadin und das Schützenfest in Tirol.

Es gibt viele Athleten und Sportfans, die nicht nachvollziehen können, dass die beiden Großveranstaltungen zur gleichen Zeit angesetzt sind. "Ehrlich gesagt passt’s mir auch nicht", gesteht ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, der dieser Tage hin- und hergerissen ist und notgedrungen zum Pendler wird. Gestern feierte er in St. Moritz noch die Goldmedaille von Nicole Schmidhofer, heute ist er in Hochfilzen bei der Eröffnung der Biathlon-WM. "Für mich wird’s die nächsten Tage stressig, aber grundsätzlich ergibt es schon Sinn, dass die beiden Weltmeisterschaften gleichzeitig sind. Davon profitieren am Ende alle."

Massenphänomen

Vor allem die TV-Stationen erhoffen sich durch den WM-Doppelpack Top-Einschaltquoten. "Biathlon-Fans sollen bei den Ski-Übertragungen aus St. Moritz dranbleiben. Und umgekehrt natürlich auch", sagt Schröcksnadel.

Biathlon vs. Ski: "Nichts gegen das Skifahren ..."
Dass der Biathlon-Weltverband IBU den frühen Februar-Termin für seine Titelkämpfe gewählt hat – die WM 2005 in Hochfilzen hatte noch im März stattgefunden – zeugt freilich auch vom Selbstvertrauen und Selbstverständnis der Waffenbrüder. International betrachtet brauchen die Biathleten den Vergleich mit den Alpinen längst nicht mehr zu scheuen. In diesem Jahrtausend hat sich der Sport mehr und mehr zu einem Massenphänomen entwickelt. "Man muss der IBU zu dieser Entwicklung gratulieren. Das war ein kleiner Haufen, der den Sport medientauglich gemacht hat. Biathlon ist für mich die Formel 1 des Winters", sagt Markus Gandler, der zuständige Direktor beim ÖSV.

Dabei hat sich die Eigenständigkeit des Weltverbandes als größter Trumpf herausgestellt. Jahrzehntelang hatten die Biathleten um Anerkennung und Aufnahme in die FIS gekämpft. Heute würden sie beim Weltverband den aufstrebenden Biathleten wohl den roten Teppich ausrollen.

Livespektakel

In Deutschland ist Biathlon mit großem Abstand der Wintersport Nummer eins, nicht anders verhält es sich in den osteuropäischen Ländern. So wurden heuer beim Biathlon-Weltcup im tschechischen Nove Mesto an einem Wochenende 140.000 Besucher begrüßt, zu den Hahnenkammrennen in Kitzbühel, dem alljährlichen Highlight im Skiweltcup, kamen 100.000 Fans.

Biathlon ist aber nicht nur ein Livespektakel, auch im TV wird der Sport perfekt ins Bild gerückt. Der ORF überträgt die Heim-WM mit 49 Kameras, sie ist damit eine der größten Sportübertragungen der Geschichte. "Unser Sport kommt auch deshalb so gut an, weil bei uns immer etwas passieren kann", sagt Lokalmatador Dominik Landertinger. "Nichts gegen das Skifahren, aber Biathlon ist mit Abstand der Wintersport mit der höchsten Leistungsdichte. Bei uns können 30 Leute gewinnen."

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