Vier Schanzen, ein Mythos

Vier Schanzen, ein Mythos
Die Vierschanzentournee feiert ab 30. Dezember Jubiläum: Der Skisprung-Bewerb steigt zum 60. Mal.

Sechzig Jahre und kein bisschen leise: Die Geschichte der Vierschanzentournee, die in diesem Jahr ihre 60. Auflage erlebt, ist reich an Triumphen, Dramen und Anekdoten. Bis heute hat die deutsch-österreichische Veranstaltung nichts von ihrer Faszination eingebüßt, und sie wird auch zum runden Geburtstag Millionen von Fans vor den Fernsehern und an den Schanzen begeistern.

Der bisher einmalige Grand Slam des Deutschen Sven Hannawald war das absolute Highlight, der geteilte Sieg von Rekordgewinner Janne Ahonen (fünf Erfolge) und Jakub Janda ein schier unglaubliches Novum.

Als die Vierschanzentournee am Neujahrstag 1953 aus der Taufe gehoben wurde, ahnten die beiden Gründerväter, Emmerich Pepeunig aus Innsbruck und Franz Rappenglück aus Partenkirchen, wohl kaum, dass dies die Geburtsstunde einer der berühmtesten Sportveranstaltungen der Welt sein würde.

"Mythos entsteht aus der Tradition heraus, die die Tournee mit 60 Jahren hat. Sie ist immer einer der Höhepunkte und hat für jeden Skispringer einen besonderen Stellenwert", beschreibt der vierfache Tourneesieger Jens Weißflog aus Ostdeutschland die Bedeutung des Springer-Events rund um den Jahreswechsel. Über fast sechs Jahrzehnte hinweg trotzte die Veranstaltung allen Widrigkeiten – der Politik wie dem Klima.




Ein Streifzug durch 60 Jahre Tradition:

1956 musste das Abschlussspringen wegen Schneemangels von Bischofshofen nach Hallein verlegt werden.

1959 folgte der erste Eklat: Der sogenannte Flaggenstreit führte zum Boykott der DDR um Titelverteidiger Helmut Recknagel sowie der Teams aus Polen, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion. Recknagel, der ein Jahr später seinen dritten Tourneesieg feierte, wurde 1961 erneut zum Opfer der Politik. Weil nach dem Mauerbau jeglicher Sportverkehr zwischen der DDR und der Bundesrepublik abgebrochen worden war, durfte der Olympiasieger mit seinen Teamkollegen nur zu den beiden Springen in Österreich antreten.

1972 Den wohl kuriosesten Ausgang nahm die Auflage 1971/1972. Nach drei Erfolgen hatte der Japaner Yukio Kasaya den Gesamtsieg so gut wie fixiert, musste dann aber vor dem Finale abreisen, weil die Asiaten zeitgleich die nationale Qualifikation für die Olympischen Winterspiele in Sapporo angesetzt hatten. Nutznießer war der Norweger Ingolf Mork.

1993 Andreas Goldberger schlug gleich im ersten Anlauf bei der Tournee zu. "Bei der Tournee bin ich eigentlich immer super zurecht gekommen. Das Schönste war sicher, wie ich 1992/’93 das erste Mal teilgenommen und gleich gewonnen habe", betont der Oberösterreicher, für den die Tournee von der Atmosphäre her mit keiner anderen Veranstaltung vergleichbar ist.

Neben Goldberger haben von Österreichs Skisprung-Stars nur noch der Tiroler Olympiasieger Ernst Vettori und der Steirer Hubert Neuper die Tournee je zwei Mal gewonnen.

2002 Die Top-Story der Tournee schrieb aber ein anderer: Bei der 50. Auflage schaffte es Sven Hannawald als bisher einziger Springer, alle vier Wettbewerbe zu gewinnen. "Das war das geilste Erlebnis überhaupt. Es war ein Genuss, weil ich gewusst habe: Ich habe meine Form. Wenn alles mitspielt, kann mir keiner was", erinnert sich Hannawald.

2006 schrieben zwei Springer Tournee-Geschichte: Nach acht Sprüngen lagen Janne Ahonen und Jakub Janda gleichauf und teilten sich den Sieg.

2008 wurde die Veranstaltung zur Dreischanzentournee, weil der Bewerb in Innsbruck wegen eines Föhnsturms am Bergisel komplett ausfiel. Bischofshofen erlebte deshalb damals zwei Springen und Ahonens fünften Triumph, mit dem er Weißflog überflügelte und zum alleinigen Rekordhalter avancierte.

Und ein Ende der Erfolgsstory ist nicht absehbar. "Das Ganze ist eine spannende Sache, die meistens erst mit dem letzten Sprung entschieden wird", meint etwa der deutsche Routinier Martin Schmitt zum Mythos der Vierschanzentournee.

Dem kann sich auch der Schweizer Superstar Simon Ammann nicht entziehen, der wie Schmitt bisher nie die Gesamtwertung gewonnen hat: "Die spezielle Tournee-Erfahrung ist viel wert fürs Leben."


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