Florian Iberer: "Der Druck schweißt zusammen"

In der Offensive: Auch bei den Capitals überzeugt Verteidiger Iberer mit seiner Übersicht und seinem harten Schuss.
Einer der besten Verteidiger der EBEL erklärt das Erfolgsrezept der Vienna Capitals.

2013 wurde Florian Iberer nach einem 4:0 gegen die Capitals mit dem KAC Meister. Im Sommer 2014 wurde er in Klagenfurt ausgemustert und wechselte nach Wien. Nach 15 Liga-Spielen hat der Verteidiger 13 Scorerpunkte – mehr als der beste KAC-Spieler. Vor dem Duell am Freitag mit dem KAC spricht der 31-Jährige über sein Weltenbummeln, den Schlendrian und den Ausrutscher von Sotschi.

KURIER: Sie haben beim KAC keinen Vertrag bekommen, gehen nach Wien und sind punktbester Verteidiger der Liga. In Ihrem Lebenslauf gibt es mehrere solche Beispiele. Ist es eine Genugtuung, wenn es nach einem Wechsel so gut klappt?

Florian Iberer: Ich habe nie ein Problem gehabt, was Neues auszuprobieren und weiter zu ziehen. Mir hat es immer gefallen, anderes auszuprobieren, sei es in Schweden, Deutschland oder Amerika. Ich habe mit 17 in der Liga gespielt. 15 Jahre in der EBEL wären langweilig geworden. Vor allem war das Niveau damals nicht so hoch und ich wollte mich weiter entwickeln.

Wie ist der Abschied beim KAC verlaufen?

Es war schon bitter. Nach der unglaublichen Finalserie gegen Wien und dem Titel will man nicht weg von dem, was man mitaufgebaut hat. Es haben sich viele Freundschaften entwickelt. Ich lebe außerhalb der Saison auch in Klagenfurt. Mir wurde mitgeteilt, dass Trainer Stloukal (Anm.: der Tscheche wurde nach nur vier Spielen entlassen) mit jungen Österreichern spielen will. Ob er es im Endeffekt gemacht hat, ist wieder was anderes. Wenn man einen Spieler nicht haben will, muss man ihm scheinbar was Nettes sagen. Aber das ist normal im Profi-Geschäft, daran gewöhnt man sich.

Hatten Sie als 22-Jähriger bei Ihrem Wechsel nach Nordamerika die NHL im Hinterkopf?

Mit dem Gedanken spielt man schon, ob man dort mithalten könnte. Aber, wenn man realistisch ist und zwei Ligen tiefer in der East Coast Hockey League spielt, ist einem schon klar, dass man nicht gleich in die NHL kommt. Ich habe zweieinhalb Jahre dort gespielt und keine schlechten Leistungen gebracht. Es gibt dort aber Spieler wie Sand am Meer und am Ende hat es nicht gereicht.

War die Herkunft Österreich damals ein Hindernis?

Das nicht. Es ist egal woher du kommst. Aber es gibt 20 Spieler, die deinen Platz in der Mannschaft haben wollen. Dieser Konkurrenzkampf macht die Spieler drüben viel besser. Es haben einige gesagt, ich bin verrückt, dass ich von der EBEL nach Amerika gehe. Aber die Lebenserfahrung will ich nicht missen. Ich bereue nichts.

Wahrscheinlich auch nicht Ihren Wechsel nach Wien...

Es hat auch andere Angebote gegeben. Aber Wien mit einem erfolgreichen Trainer und einem Neuanfang war sehr reizvoll. Der Trainer vertraut mir und es macht unglaublich viel Spaß, in unserer ersten Linie zu spielen.

Die Capitals haben 18 der 21 Pflichtspiele gewonnen. Welche Erklärung haben Sie dafür?

Wir haben einige knappe Spiele gewonnen. Das hat mit der Taktik und der von Trainer Tom Pokel geforderten Disziplin zu tun. Bozen hat letztes Jahr unter ihm ähnlich gespielt. Die haben auch selten hoch gewonnen, aber dafür sehr oft. Pokel hat bewusst keine Topstars geholt, sondern ein Kollektiv geformt. Ein Bonus war, dass wir durch die Champions Hockey League auf einem sehr hohen Niveau gespielt haben. Der Druck, dass alles sofort passen muss, schweißt zusammen.

Früher hat es nach internationalen Spielen oft Motivationsprobleme in der Liga gegeben.

Diese Anfälligkeit haben wir natürlich auch. Aber unser Trainer erkennt es sehr gut, wenn der Schlendrian einkehrt und wir glauben, dass wir schon Weltmeister sind. Er versteht es, uns auf dem Boden zu halten. Wir sind keine perfekte, aber im Moment eine gute Mannschaft. Bei den Video-Meetings werden unsere Fehler aufgezeigt. Wichtig ist, oft daran erinnert zu werden, was uns erfolgreich macht.

Ist es gefährlich, wenn man im Oktober so einen Lauf hat, der Titel aber erst im April vergeben wird?

Es ist sicher kein Nachteil. Wenn man nicht bei den oberen Sechs ist, muss man kämpfen, um überhaupt ins Play-off zu kommen. Das hat man ja beim KAC im letzten Jahr gesehen. Es heißt ja nicht, dass man später einen Lauf bekommt, wenn man jetzt keinen hat. Es gibt für nichts eine Garantie.

Wie geht’s im Nationalteam weiter? War Sotschi das Ende?

Offiziell weiß ich von nichts. Manny Viveiros hat mit den Spielern abgeschlossen, die damals dabei waren (Anm.: einige Spieler machten zwei Tage vor dem 0:4 in der Viertelfinal-Qualifikation gegen Slowenien die Nacht zum Tag). Ich weiß nicht, was der neue Trainer Ratushny bringen wird.

Sie haben sich öffentlich entschuldigt und wurden gelobt.

Ich wollte die Spekulationen beenden. Vielleicht hätten es alle sofort tun müssen, damit das Thema früher ein Ende hat.

Florian Iberer (31) stammt aus einer Eishockey-Familie. Bruder Matthias (29) stürmt für Linz, Martin (28) beendete seine Karriere 2012. Schwester Anna Katharina (20) holte mit Österreich bei den Olympic Youth Games 2012 in Innsbruck die Silbermedaille. Iberer kam mit 17 in die österreichische Liga und wechselte nach fünf Saisonen nach Nordamerika.

2008 holten ihn die Black Wings Linz zurück. In dieser Saison debütierte er im Nationalteam. Nach zwei Jahren in Graz bekam er in Österreich keinen Vertrag und ging nach Dresden, wo er zum besten Verteidiger der zweiten deutschen Liga gewählt wurde. Ende 2012 holte der KAC Iberer aus der zweiten schwedischen Liga. Wenige Monate später waren die Klagenfurter Meister. Bei den Capitals ist er mit vier Toren und neun Assists zweitbester Scorer hinter Stürmer Kris Foucault (8/9).

Vor dem heutigen Spiel (19.15 Uhr) in Wien hat der KAC einen neuen Spieler verpflichtet: Der Rekordmeister nahm Jason DeSantis unter Vertrag. Der 28-jährige Verteidiger geht in Klagenfurt in seine dritte Saison in Europa, nachdem er 2009/’10 für den tschechischen Extraliga-Klub Liberec und im Vorjahr für das finnische Spitzenteam HIFK spielte. DeSantis soll am 14. November im Heimspiel gegen Innsbruck debütieren.

Die Capitals haben zuletzt sieben Spiele in Folge gewonnen, müssen aber auf den gesperrten Rotter sowie die verletzten Peter und Jessiman verzichten. Assistant-Coach Horsky warnt, dass der KAC besser sei, als es der zehnte Platz vermuten lässt: "Der KAC ist eines der besten Teams hinsichtlich Qualität der Einzelspieler. Da schlummert viel Potenzial, das zum Ausbruch kommen wird."

KAC-Stürmer Manuel Geier erwartet ein Geduldsspiel in Wien: "Es ist nicht einfach, Tore gegen die Capitals zu erzielen. Also müssen wir hinten ebenfalls dichtmachen, diszipliniert agieren und geduldig bleiben."

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