Svindal-Sieg: Ein Streifzug ohne Emotionen

Aksel Lund Svindal hofft am Samstag auf den großen Triumph.
Norwegischer Doppelsieg vor Mayer am Hahnenkamm - aber die Ski-Fans waren nur über Public Viewing dabei.

Als der Hahnenkammsieger sich dem Ziel der Streif näherte, nahm kaum jemand Notiz von ihm. Aksel Lund Svindal hatte seine Startnummer unter einem dicken Anorak versteckt und sich die Stöcke unter den Arm geklemmt. In seiner rechten Hand trug er eine Wasserflasche, die der Norweger unterwegs ausgetrunken hatte. Mit eleganten, weiten Schwüngen passierte der Norweger noch den letzten Sprung und rutschte schließlich ins Ziel, wo auf der Anzeigetafel neben seinem Namen bereits der große Einser aufleuchtete.

Noch nie zuvor in der langen Geschichte des berühmtesten Skirennens der Welt hat ein Hahnenkammsieger so teilnahmslos und emotionslos im Ziel der Streif abgeschwungen. Aber es hat in der langen Geschichte in Kitzbühel auch noch nie so ein Rennen gegeben, wie es gestern stattgefunden hat. Dass wegen der Witterung der Start nach oben (Mausefalle) verlegt wird, ist an sich schon ungewöhnlich. Dass dann aber auch das Ziel gleich mitübersiedelt wird und die Läufer bereits vor der Hausbergkante stoppen, machte den Super-G noch kurioser.

"Das war schon ziemlich komisch", sagte Aksel Lund Svindal, der ungefeierte Held im Super-G in Kitzbühel. "Das war nicht nur komisch für uns Läufer, sondern auch für die Zuseher."

Ohne Emotionen

Der Norweger weiß, wovon er spricht. Svindal hatte in der Vergangenheit schon zwei Mal den Super-G gewonnen, und dabei hatten ihm die Tausenden Fans im Zielstadion immer einen triumphalen Empfang bereitet. So wie normalerweise in Kitzbühel jedem Rennläufer, der es auf der schwierigsten Strecke der Welt ins Ziel schafft, mit Ovationen lautstark gehuldigt wird. "Es gibt im ganzen Weltcup nichts Schöneres und Emotionaleres, als in Kitzbühel ins Ziel zu kommen und die Leute jubeln dir zu", erklärt Hannes Reichelt, der Vierte. In dieser aufgedrehten Atmosphäre hatte sich der Italiener Kristian Ghedina dereinst beim Zielsprung sogar einmal zu einer Grätsche hinreißen lassen.

Diesmal bekamen die Besucher nicht nur keine spektakulären Einlagen zu sehen, sie lösten bei den Athleten auch keine großen Emotionen aus. Wegen des verlegten Ziels verkam der Super-G für die 10.000 Skifans zu einer stimmungslosen Public-Viewing-Veranstaltung. Alles starrte apathisch auf die fünf riesigen Vidiwalls im Zielraum, zwischendurch wurde dezenter Applaus gespendet, wenn gerade wieder einmal ein Läufer über einen Schleichweg ins Zielstadion kam. Minuten, nachdem er die echte Ziellinie passiert hatte. "Ich bin mir diesmal beim Abschwingen vorgekommen wie früher bei FIS-Rennen. Da waren auch keine Leute", erzählt Reichelt.

Ohne Alternative

"Das Wichtigste ist, dass wir überhaupt fahren", erklärte FIS-Direktor Markus Waldner. Und ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ergänzte: "Der Skisport lebt, wenn Tausende Leute sich ein Rennen auf der Leinwand ansehen." Ohne die ungewöhnliche kurzfristige Verlegung von Start und Ziel hätte es gestern in Kitzbühel erst gar keinen Super-G gegeben. Unter den heftigen Schnee- und Regenfällen hatte vor allem der letzte Streckenteil nach der Hausbergkante extrem gelitten. Weil es kälter wird, soll die Abfahrt am Samstag (11.30 Uhr, live ORFeins) aber nicht in Gefahr sein.

Das freut vor allem Aksel Lund Svindal, dem die Goldene Gams für den Sieg in der Hahnenkammabfahrt noch immer in der Trophäensammlung fehlt. Mit dem dritten Super-G-Triumph in Kitzbühel hat der Norweger mit der Streif wieder Frieden geschlossen, nachdem er sich vor zwei Jahren bei der Hahnenkammabfahrt das Kreuzband gerissen hat. "Ich bin jedenfalls bereit", meint der 35-Jährige.

Sprach’s und verabschiedete sich zur großen abendlichen Feier im Zielraum. Denn zumindest dort wurde der Hahnenkammsieger an diesem kuriosen Renntag dann noch gebührend gefeiert.

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