Karriere-Ende für Reichelt kein Thema

Ein Hannes Reichelt gibt nicht so leicht auf.
Der Salzburger denkt vielmehr an einen Start schon beim Weltcup-Finale im März.

Vier Tage nach seiner akuten Bandscheibenoperation hat Kitzbühel-Abfahrtssieger Hannes Reichelt am Freitag erstmals über seine aktuelle Gefühlslage, aber auch über seine Zukunft gesprochen. Der Salzburger bedauerte natürlich, dass ihm der Olympiatraum verwehrt geblieben ist. Gleichzeitig stellte Reichelt aber klar, dass die Gesundheit vorgehe: "Es gibt ein Leben nach dem Skifahren."

Die Rückenprobleme hatten Reichelt schon seit dem Sommer geplagt, seit damals war er daher in Innsbruck bei Michael Gabl, dem späteren Operateur und ärztlichen Leiter des Sanatoriums Kettenbrücke, in Behandlung gewesen. Nachdem über das Hahnenkamm-Wochenende Taubheit in den Beinen aufgetreten war, war am vergangenen Montag mittels MRI ein akuter Bandscheibenvorfall diagnostiziert worden und umgehend ein im zentralen Nervenkanal freiliegendes, daumennagelgroßes Knorpelstück entfernt worden. Das Saisonende und das Ende der Olympia-Träume war damit gegeben.

Einbahnstraße

"Mir geht es den Umständen aber entsprechend gut", versicherte Reichelt am Freitag in Innsbruck bei einer Pressekonferenz. Der Sportler darf inzwischen aufstehen und sitzen, aber nie länger als zehn Minuten. Die Entscheidung, sich "fünf Minuten vor Olympia" und nur 48 Stunden nach seinem Triumph auf der Streif der Operation zu unterziehen, sei eine Einbahnstraße gewesen: "Es war ganz einfach. Doktor Gabl hat mir die Risiken aufgezeigt. Und wenn du das hörst, willst gar nicht mehr weiterfahren."

Auch wenn der 33-jährige Salzburger mit "weinenden Augen" den olympischen Abfahrtslauf verfolgen wird, sagte er am Freitag: "Das ist zu akzeptieren. Einfach weil ich erstmals seit sechs Monaten ohne Schmerzen dasitzen kann." Exakt begonnen hat der Leidensweg Reichelts im August des Vorjahres. "Beim freien Skifahren am Stilfser Joch habe ich einen Schlag bekommen." Seitdem wird er von Gabl neurologisch betreut.

"Vollhosenscheißer"

Dass er als "erster Streifsieger mit Bandscheibenvorfall" in die Ski-Annalen eingehen wird, macht Reichelt nicht stolz. "Zwei Nummern vor meinem Start habe ich überlegt, ob ich aus der Startbox rausgehen soll (wegen der Schmerzen, Anm.). Aber dann habe ich mir gesagt, wenn ich das tue, bin ich der 'Vollhosenscheißer'. Ich habe mich voll konzentriert und wollte nur noch ohne 'Brezn' runterkommen", schilderte Reichelt die dramatischen Augenblicke. "Dass es dann sportlich und gesundheitlich so ausgegangen ist, ist genial."

Während der Siegesfahrt auf der Streif habe er nichts gespürt, aber im Ziel konnte er kaum mehr stehen und musste sich bei den Interviews auf den Skiern abstützten. "Ich habe nur geschaut, dass keiner etwas merkt", erzählte Reichelt. Drei Stunden später sei es ihm dann ganz schlecht gegangen und am Sonntag seien dann auch Taubheit und Lähmung in den Beinen aufgetreten. "Dass es so gravierend war, haben weder Gabl noch ich gedacht", bekannte der Salzburger.

Kein Druck

An ein Karriereende habe er weder vor noch nach der Operation gedacht: "Als ich davon in den Medien gelesen habe, habe ich mir gesagt, die werden sich noch wundern." Reichelts Hauptziel ist nun die nächste Saison, wenn es sich körperlich ausgeht, will er aber schon beim Weltcupfinale in Lenzerheide wieder starten. "Aber ich mache mir keinen Druck, das ist auch ganz schön."

Gabl betonte, dass ein Start in Lenzerheide bei optimalem Heilungsverlauf möglich sei: "Ich würde mir aber wünschen, dass er sechs Wochen keine Rennen fährt. Aber er wird wieder vollkommen gesund", betonte Gabl, auch wenn beim Salzburger eine weitere "degenerierte" Bandscheibe festgestellt worden ist. Dass sei aber kein Problem. "Studien haben gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Vorfall gleich groß ist wie bei der Vergleichsbevölkerung", sagte Gabl. Reichelt wird am Samstag nach Hause entlassen.

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