Schladmings gelungene WM-Generalprobe

Schladmings gelungene WM-Generalprobe
Schladming putzt sich für die WM 2013 heraus. Die Generalprobe ist nicht nur aus sportlicher Sicht schon gelungen.

Wo tut’s ihr denn den ganzen Schnee hin?", fragt Charly Kahr und deutet auf die Ladefläche des Lastwagens, der gerade vor seinem Ski-Geschäft in Schladming Halt gemacht hat. Ein wenig Besorgnis schwingt in der Stimme der 70-jährigen Trainerlegende mit. "Über den Dreck drüber", antwortet der junge Mann, der aus der Fahrerkanzel springt und deutet auf den WM-Hang hinter sich. Bei Tagestemperaturen von knapp 20 Grad auf 771 Metern Höhe sind gerade noch die Schneebänder der Pisten einigermaßen weiß geblieben. Rechts und links davon werden die braunen Flecken hingegen immer größer. Da sei ein wenig Kosmetik angebracht, erklärt der Pistenarbeiter, der mit seinen Kollegen noch bis in die Nacht den Zielraum verschönern sollte. Dem Flutlicht sei dank.

"Aha", sagt Charly Kahr – und verschwindet wieder in seinem Geschäft.

Abriss & Aufbau

Schladmings gelungene WM-Generalprobe

Nicht nur in der Planai-Arena wird bis zur letzten Minute gearbeitet, um für die WM-Generalprobe bereit zu sein. Auch auf dem Hechlplatz, eine Gehminute entfernt, wo in den vergangenen Tagen ein kleines Party-Areal aus dem Asphalt gewachsen ist, wurde bis zur letzten Minute gewerkt. Zum einen war das Feintuning von Wurstbude, Bühne, mobiler Klozeile und Co. angesagt, zum anderen der Abriss eines Hauses. Ein großes Loch im Boden, drei arbeitslose Schaufelbagger, sortierte Schutthaufen und die feine Staubschicht, die durch die Stadt schwebt, zeugen noch von der Last-Minute-Aktion, die deshalb erst am Montag beginnen konnte, weil der Untermieter (ein Souvenirgeschäft) erst vor wenigen Tagen zum Auszug bereit war.

Quasi im letzten Moment: Denn bis zur WM 2013 soll gegenüber der gläsernen Gondelbahn-Station am Fuße der Planai ein schickes, neues Hotel entstehen.

Gelungene Generalprobe

Schladmings gelungene WM-Generalprobe

"Die neue Arena ist geil – da ist eine Stimmung wie in einem richtigen Stadion", sagt Marcel Hirscher, während die Welle auf den Tribünen kreist. Der 23-jährige Salzburger sorgte mit seinem Überraschungserfolg im Super-G nicht nur dafür, dass der Kampf um die große Kristallkugel weiter spannend blieb, er stellte die Veranstalter auch vor den ultimativen Härtetest für die WM im nächsten Jahr.

Seit den frühen Morgenstunden schlängelten sich Autokolonnen zu den Parkplätzen im Ennstal. 15.000 Zuschauer hatten sich für jeden der zwei letzten Weltcup-Tage angesagt, am Samstag kamen 14.000. 500 Freiwillige und 150 Exekutivbeamte waren im Einsatz.

Der Haken: Anders als beim Nachtslalom im Jänner können statt 50.000 "nur" 15.000 an den Pistenrand.

Und anders als beim Nachtslalom (und nächstes Jahr bei der WM) wird der Herren-Slalom am Sonntag nicht auf dem steilen Planai-Hang, sondern auf der flachen Ausweichpiste links daneben gefahren.

Dem Publikum ist’s egal. Es blinzelt glückselig in die Sonne, verzeiht den Organisatoren, dass die große Video-Wall noch an einer ungünstigen Stelle steht, die bei einem Teil der Zuschauer Genickstarre auslöst.

Einen ungleich besseren Blick auf die großen Fernsehwand haben VIP-Gäste. Aber die zahlen auch bis zu 700 Euro pro Renntag. Inkludiert im Angebot sind neben feinem Menü Badeschlapfen und Badehose. Schließlich lädt ein Whirlpool am Dach der Privilegierten-Zone zum Pritscheln ein.

Dass nicht ein Einziger der österreichischen Ski-Hoffnungsträger bisher baden ging, trägt zur fröhlichen Stimmung bei, die an das Klagenfurter Beachvolleyball-Turnier erinnert. Die Zuschauer feiern nicht nur die Sportler, sondern sich selbst. Auch die Temperaturen sind ähnlich hoch wie im August am Wörthersee.

Kriegsbeil begraben

Das gelungene Ski-Fest lässt auch vergessen, dass im Vorfeld des Finales gestritten wurde, dass die Fetzen flogen. Das Lehrerehepaar Grogl, bei dem in der Schladminger Skihandelsschule spätere Champions wie Petra Kronberger, Alexandra Meissnitzer oder Michael Walchhofer sportlich wie geistig ausgebildet worden sind, darf auf Geheiß von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel nicht mehr so eine dominante Rolle spielen wie bei den erfolgreichen Nachtrennen. Die wurden von Hans und Elisabeth Grogl zuweilen im Alleingang organisiert.

Grogl verließ nach einem Rotlauf, der eine Folge von Mobbing gewesen sein soll, erst wenige Tage vor dem Finale das Spital. Inzwischen nimmt Grogl wieder Siegerehrungen vor. Inzwischen wird er von Schröcksnadel bei offiziellen Anlässen immer wieder lobend erwähnt.

Und am Samstag strahlten der neue, von Schröcksnadel installierte WM-Boss Reinhold Zitz (seit vielen Jahre bewährter Geschäftsführer des Austria Ski-Pools) und Grogl, als wären sie ohnehin stets Freunde gewesen, mit der heißen Märzsonne und den Tausenden Zuschauern um die Wette.

Im Appartement über Charly Kahrs Ski-Fachhandel ist die Ski-Party am Nachmittag immer noch voll im Gange. "Und wenn ihr wollt’s, a ganz alan ...", tönt es aus dem Haus neben der Planaier Bergbahn. "I am from Austriaaaa", stimmen zwei junge Männer, die aus dem Fenster hängen, ein. Und sie prosten jedem Lastwagen vorbei, der neuen Schnee in die Arena karrt.

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