Rodel-Einsitzer: Gleirscher holt Olympia-Gold

Der große Triumphator: Sensationelles Olympia-Gold für Gleirscher.
Der Tiroler fährt im letzten Lauf von Rang drei auf eins vor und stoppt Felix Loch. Er holt damit die erste Medaille für Österreich.

David Gleirscher konnte es kaum fassen: Mit seinem sensationellen Sieg in der olympischen Rodelkonkurrenz sorgte der 23-jährige Tiroler am Samstag nicht nur für einen persönlichen Höhepunkt, sondern zeichnete auch für Österreichs erste Medaillen bei den Winterspielen von Pyeongchang verantwortlich. "Ich bin sprachlos. Was da jetzt gerade passiert ist, ein Wahnsinn", gab Gleirscher zu Protokoll.

Rodel-Einsitzer: Gleirscher holt Olympia-Gold
Luge – Pyeongchang 2018 Winter Olympics – Men’s Singles Competition – Olympic Sliding Centre - Pyeongchang, South Korea – February 11, 2018 - David Gleirscher of Austria reacts after his run. REUTERS/Arnd Wiegmann

Als letzter Österreicher hatte sich der Mann aus dem Stubaital für Olympia qualifiziert, nach vier Läufen und zwei Tagen winkte Gleirscher aber vom obersten Stockerl. Beachtlich für einen, der im Weltcup bisher nie über Platz vier hinausgekommen war. Bei der Bahn von Alpensia war es aber Liebe auf den ersten Blick. Schon im Vorjahr hatte er bei der Generalprobe Bahnrekord aufgestellt, diesmal lief es von Beginn an.

Nach dem ersten Lauf in Führung, fiel er zwar zwischenzeitlich auf die Plätze zwei und drei zurück, mobilisierte im Finish aber noch einmal alle Kräfte. Und profitierte von den Fehlern der Konkurrenz. Sowohl der nach drei Läufen führende deutsche Doppelolympiasieger Felix Loch als auch der US-Amerikaner Chris Mazdzer patzten. Mazdzer wurde schließlich 0,026 Sekunden hinter Gleirscher Zweiter, Gold-Favorit Loch musste sich gar nur mit Platz fünf zufriedengeben. Bronze ging an den Deutschen Johannes Ludwig (0,230).

Loch verpasst den Rekord

Als entscheidend sollte sich Kurve neun erweisen, in der Gleirscher im Gegensatz zu den beiden Konkurrenten eine recht saubere Linie fuhr. "Ich habe nicht geglaubt, dass Felix so etwas passiert. Für ihn tut es mir leid, aber ich bin überglücklich", meinte Gleirscher zu Loch. Der vergab die große Chance, mit seinem dritten Einzel-Olympiagold mit seinem bereits zurückgetretenen Landsmann Georg Hackl gleichzuziehen.

Gleirscher ("Ich bin mit dem Druck sehr gut umgegangen") ließ auch die interne ÖRV-Konkurrenz klar hinter sich: Doppel-Weltmeister Wolfgang Kindl wurde Neunter, Reinhard Egger landete auf Platz 15. Auch Rodel-Sportdirektor Markus Prock strahlte: "Das große Ziel war es, zwei Medaillen zu gewinnen. Ich hoffe, es geht so weiter", erklärte der 53-Jährige, dem olympisches Gold in der aktiven Karriere stets verwehrt geblieben war. Gleirscher ist der erste Österreicher seit 50 Jahren, dem dies im Einsitzer gelang: 1968 triumphierte Manfred Schmid bei den Spielen von Grenoble.


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Geboren

23. Juli 1994 in Hall in Tirol

Wohnort

Neustift/ Tirol

Größe/Gewicht

1,83 m/90 kg

Familienstand

ledig, Sohn Leon (7 Monate)

Verein

RV Swarovski Halltal

Hobbys

Fußball, Reisen

Homepage

www.david-gleirscher.at

Größte Erfolge

Olympia

Gold Einsitzer 2018 Pyeongchang

Weltcup

4. 2017/18 Winterberg

WM

7. Einzel und 9. Sprint 2016 Königssee

EM

17. 2015 Sotschi

U23-WM

Silber 2015/16/ Königssee

Junioren-WM

Gold Staffel 2014

David, wie erklären Sie das Rennen ihres Lebens?

Gleirscher: "Das Ganze lässt sich eigentlich nicht beschreiben. Es ist unglaublich, was da heute passiert ist. Ich glaube, ich brauche da ein paar Tage, um das zu realisieren."

Sie kommen nicht aus dem Nichts, aber wie kommt diese Verbesserung?

"Ich habe mich auf der Bahn schon immer sehr wohlgefühlt. Im letzten Jahr im Training und auf der internationalen Trainingswoche im Herbst. Ich bin hier immer schnell gewesen, dass ich so schnell bin, damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe mich in der Kurve neun schon im Oktober sehr wohlgefühlt, ich hatte es sehr gut in Griff. Von den sechs Trainingsläufen vor dem Rennen hatte ich leider nur eine 50:50-Quote. Deswegen war einfach das Ziel, viermal gerade ausfahren. Das ist mir geglückt."

Haben Sie noch Tipps von daheim bekommen?

"Nicht, was das Material betrifft. Nur dass ich bei mir bleiben und mich auf meine Leistung konzentrieren soll. Das tun, was ich kann. Dass es so hinhaut, ist ein Wahnsinn."

Vom Last-Minute-Qualifikanten zum Olympiasieger. Das klingt nach einem Märchen. Erklären Sie das?

"Es fühlt sich gerade auch so an wie ein Märchen. Die Qualifikation war sehr langwierig, ich habe es erst in Lillehammer geschafft. Was da jetzt passiert ist, ich weiß nicht, bis wann ich das realisiere."

Wie haben Sie auf einem Medaillenrang liegend zwischen den zwei Bewerbstagen geschlafen?

"Ich habe die Nacht recht gut geschlafen. Ich habe es geschafft, mich auf mich zu konzentrieren und nicht an das Rennen zu denken."

David, sie schütteln dauernd den Kopf, grinsen. Was geht in Ihrem Kopf vor?

"Ich weiß nicht genau, was überhaupt los ist und passiert ist. Im Weltcup war ich noch nie auf dem Podest und heute bin ich ganz oben, ich glaube es einfach nicht."

Als Sie ins Ziel kamen, stand die Medaille fest. Wie haben Sie den Moment erlebt?

"Im Ziel war es im ersten Moment ein Megagefühl. Die ganzen Teamkollegen sind schon da gestanden und haben einfach nur gejubelt. Da habe ich auch noch ein bisserl gebraucht, bis ich es realisiert habe. Mein Visier war ziemlich angelaufen und ich habe nicht gesehen, ob die Eins aufleuchtet. Als die ganzen Leute auf mich zukamen, wusste ich, es ist eine Medaille. Dass dann der Chris und der Felix zurückfallen, das war die Krönung."

Ihr Vater war dreimal als Rodler bei Olympia, dreimal Siebenter. Haben Sie ihn schon angerufen und gesagt, wie er hätte Olympiasieger werden können?

"Nein, ich hatte noch keine Zeit anzurufen. Ich bin von der Maskottchen-Zeremonie und dem Umziehen direkt hierher. Es ist sich nicht ausgegangen, wird aber nachgeholt."

Sie sind vor sieben Monaten Papa geworden, wie hat sich dadurch Ihr Auftreten als Sportler geändert?

"Sicher verändert das. Man merkt natürlich, was im Leben wichtig ist. Das ist für mich der Sport auch. Aber Vatersein ist ein Wahnsinnserlebnis. Sie unterstützen mich daheim sehr."

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