Olympia in Asien fordert Schnee- und Eissportler

Martin Pfurtscheller, Markus Gandler und Toni Giger posieren mit Ski-Schleifmaschinen
"Exotische" Bedingungen sind auch in Südkorea eine Herausforderung.

Olympische Winterspiele in Asien sind für die Schnee- und Eissportler immer eine besondere Herausforderung. 2018 auch wieder für die Innovationsabteilung des Österreichischen Skiverbandes. Die Schneebedingungen sind in Pyeongchang so speziell, dass das von Anton Giger geleitete Service-Department einen zur Werkstatt umgebauten, riesigen High-Cube-Container nach Korea verschifft hat.

"Wir wollen drüben auf jede Situation reagieren können", erklärt Giger das Unternehmen, das mithelfen soll, möglichst viele Medaillen nach Österreich zu holen. Der 54-jährige Salzburger war ÖSV-Trainer und am Ende Herren-Alpinchef, ehe er nach Olympia 2010 die Innovation im Skiverband übernahm. "Ski Austria Race Service and Technology", heißt nach einigen Umbenennungen die Abteilung, die in Spitzenzeiten fast 100 Mitarbeiter in den beiden Werkstätten Bramberg (Alpin) und Hall in Tirol (Nordisch) beschäftigt. Ein Großteil sind Serviceleute.

Der Bereich mit dem größten Wachstum ist Alpin. Denn da betreuen die Skifirmen mittlerweile fast nur noch die Topstars, weshalb sich das Ski-Service stark in Richtung des ÖSV-Servicecenters verlagert hat. 2010 begann man mit vier Personen, heute betreuen an die 35 Serviceleute Rennfahrer über das sogenannte "Pool-Service" des ÖSV permanent. Um die Synergieeffekte weiter zu stärken, sollen die alpinen und nordischen Standorte möglichst bald in der Nähe von Innsbruck zusammengelegt werden.

12 Meter langer Container

Aus dem Inntal hat Anfang Dezember auch der 12 Meter lange Mega-Container seine Reise nach Korea angetreten. Darin befinden sich auch drei Wintersteiger-Schleifmaschinen, mit denen Beläge und Kanten der Ski bearbeitet werden können. Neben dem Aufbau ist der Schliff wichtigstes Kriterium für eine gute Gleiteigenschaft, wichtiger fast noch als das Wachs.

Dank der Vor-Ort-Maschinen kann man in Korea auf das wechselhafte Wetter reagieren, weil die Ski abgestimmt auf die lokale Wettersituation erst kurz vor den Bewerben ihren "letzten Schliff" bekommen. Das gilt speziell für nordische Ski. Alpinski funktionieren wegen der deutlich höheren Geschwindigkeit am besten, wenn sie schon viele Fahrten auf dem Buckel haben. Außerdem ist laut Giger in Pyeongchang aufgrund der kurvenreichen Strecken die Abstimmung zwischen Ski, Bindung und Schuhe fast wichtiger als schnelle Ski-Beläge.

Unter dem Strich sind Reibung auf Schnee und Eis sowie Aerodynamik die vorherrschende Themen in allen Disziplinen, die der ÖSV betreut. Ganzjährig wird deshalb auch im sogenannten "Tribometer" getestet. Das ist eine 1 m breite Schneewanne in einer 40 m langen Halle im Innsbrucker Technologiecenter, in der Ski bzw. Kufen beschleunigt und Widerstände gemessen werden können. ÖSV und der Rodelverband sind dort beteiligt.

Denn das Wichtigste sei schon noch immer, "dass die Ski gut rutschen", so Giger. Man habe zwar nicht viel Geld für Entwicklungen, bedauert der Salzburger einerseits das Fehlen von Instituten, in denen eigene Sportprodukte entwickelt werden. "Beim Testen sind wir dafür sehr gut aufgestellt."

Exotisch

Deshalb hat man auch den Container auf seine mehrmonatige Reise nach Korea geschickt und dank Logistikpartner Schenker letztlich eine relativ kostengünstige Lösung für den ÖSV und das ÖOC gefunden. Der Transport vom Logistikcenter in Kufstein in den Hafen bei Seoul kostet nicht viel mehr, als die vom Olympia-Spediteur organisierten, letzten Kilometer ins Herz Olympias.

Hinter dem Österreichhaus, angeschlossen an eine Starkstromleitung, wird der Container dann Zentrum etwa für Situationen sein, die in den Wachscontainern der Wettkampfstätten nicht gelöst werden können. Die Herausforderung beschrieb Giger so: "Man kennt typisch europäische, skandinavische oder nordamerikanische Verhältnisse. In Korea kann man aufgrund der Nähe zum Meer aber sagen, dass dort spezielle, um nicht zu sagen exotische, Verhältnisse sind."

Aber verschiedene Schneearten sind ohnehin genau Gigers Thema. Vor allem die Schnee-Umwandlung sei die Haupt-Herausforderung. "Sie findet in Südkorea schneller statt als anderswo. Das hat man als Servicemann nicht so gerne, man muss da ja immer einige Stunden nach vorne schauen, um es beurteilen zu können. Prognosen haben eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Aber auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es dann doch anders ist."

Auch die Erfahrung aus früheren Winter-Medaillenbewerbe in Asien wie der Alpin-WM 1993 in Morioka oder Olympia 1998 in Nagano soll helfen. Aufzeichnungen Gigers oder von Edi Unterberger - der frühere Betreuer von Hermann Maier und Marcel Hirscher ist jetzt Chef-Servicemann in Gigers Abteilung - werden herangezogen, helfen aber nur bedingt. Schon bei den zeitnahen Test-Bewerben in Pyeongchang wurde klar: "Einmal hatten wir kalte, aggressive Bedingungen, dann wieder frühlingshaften Weichschnee, so Giger. "Wir hatten im Langlauf dennoch sehr schnelle Ski. Aber das heißt für die Spiele gar nichts."

Testfahrer

Deshalb wird im Februar nicht nur von den Skifirmen, sondern auch vom ÖSV vor Ort getestet, was das Zeug hält. Ehemalige Weltcupläufer agieren als Testfahrer. Gigers Personal ist sehr erfahren. Über die Saison arbeiten alleine im Alpinbereich mittlerweile über 70 Mitarbeiter für ÖSV-AthletInnen, darunter Asse wie Michael Matt, Christian Hirschbühl, Bernadette Schild oder Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer.

Während die Rennski von den Serviceleuten persönlich in den Flieger nach Seoul verfrachtet werden, hat der ÖSV sogenannte "genullte" Ski vorausgeschickt, die für Wachs- und Strukturtests herangezogen werden. Während der Bewerbe, soll möglichst wettkampfnah getestet werden. Giger: "Wir versuchen, in Korea möglichst gut gesattelt zu sein."

Das gelingt auch, weil die Innovationsabteilung des ÖSV zwölf Monate im Jahr in Betrieb ist. Um einen laut Giger "erstaunlich schlanken" Betrag, dafür mit Hoffnung nach mehr. "Unsere Entwicklungswege sind sehr kurz, die Zusammenarbeit mit den Skifirmen ausgezeichnet, auch die Wissenschaft ist bei uns sehr gut eingebunden." Was fehle, seien Institute wie das FES in Deutschland oder Olympiatoppen in Norwegen, die exklusiv Sportprodukte entwickeln würden.

Dass passiert hierzulande neben Dingen wie etwa Rennanzüge für die Ski-Crosser vorrangig nur in Bereichen ohne Markt-Hintergrund, wie etwa dem Skispringen. Giger: "Wenn wir aber international über alle Sparten dran belieben wollen, ist die Gründung so eines Institutes in einem Land, in dem Wintersport einen derart hohen Stellenwert hat, eigentlich ein Muss."

Bis dahin macht Gigers Abteilung mit den vorhandenen Möglichkeiten weiter. "Wenn Goldmedaillen gewonnen werden und der Anteil der Serviceleute honoriert wird, dann sind das die großen Erfolge. Es ist ja letztlich unser Ziel, das Material so herzurichten, dass die Athleten im Wettkampf möglichst gute Voraussetzungen haben."

Auf der Suche nach Perfektion und Erfolg sind Rückschläge und Flops freilich fixer Bestandteil. "Es ist unser tägliches Brot, dass wir Sachen probieren und die funktionieren dann nicht", weiß Giger aus leidvoller Erfahrung. "Es ist schon eine gute Ausbeute, wenn aus 20 Experimenten eine kleine Verbesserung herausschaut."

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