Bestzeit für Kriechmayr im letzten Abfahrtstraining

Vincent Kriechmayr: 'Ich habe selten so eine Blufferei gesehen'.
Viele Favoriten blufften allerdings, fuhren den unteren Teil nur noch aufrecht.

Vincent Kriechmayr hat im dritten und letzten Training für die Olympiafahrt Bestzeit erzielt. Der Oberösterreicher war am Samstag in 1:40,76 Min. Schnellster vor den norwegischen Mitfavoriten Kjetil Jansrud und Aksel Lund Svindal. Weil im Jeongseon Alpine Centre nochmals von ganz oben gefahren werden konnte, blufften viele Favoriten und fuhren den unteren Teil nur noch aufrecht.

So wurde der letzte Test vor dem ersten Höhepunkt der Spiele 2018 für viele zu einem Muster mit ganz speziellem Wert. Asse wie Beat Feuz (45.) etwa nutzten die Gelegenheit vor allem, um die Linien im oberen Teil nochmals anzupassen. Den Rest fuhr er aufrecht bis ins Ziel. Nur wenige Favoriten ergriffen hingegen die Chance auszuprobieren, wie sich die 100 Sekunden zu einer möglichen Medaille anfühlen könnten.

Jansrud und Svindal etwa. "Es war wichtig, oben nochmals alles zu probieren. Man darf hier nicht zu hart fahren, besser alles mit ein bisschen Gefühl", erklärte Svindal, der aufgrund von Rückenwind im letzten Training durchaus Probleme hatte.

Deutlich wärmer

Das Wetter präsentierte sich einen Tag vor der Abfahrt deutlich wärmer. Zuvor hatten die wegen der enormen Kälte sehr aggressiven Schneekristalle die Ski der Rennläufer förmlich "ausgebrannt". Vermutlich hat man am Renntag auch Wetterglück, denn der angekündigte Wind soll sich am Sonntag zurückhalten.

Weltmeister Feuz testete im oberen Teil noch Ski und Linie und meinte danach: "Ich weiß zu 99 Prozent, was ich im Rennen fahren werde. Nämlich nicht den Ski von heute", erklärte der in Tirol lebende Schweizer. Er sei froh zu den Favoriten zu gehören. "Da sind aber viele andere, die schnell fahren können. Speziell die Norweger. Auch die Österreicher haben ein starkes Team."

Kriechmayr blieb trotz eher unerwarteter Bestzeit unaufgeregt. "Nach dem ersten Training habe ich mich heute am Limit bewegen müssen", sagte der Oberösterreicher, der eher technisch anspruchsvolle Pisten liebt. "Natürlich ist das hier nicht Kitzbühel oder Wengen und ich bin kein Gleitwunder. Aber endlich habe ich alle Passagen einmal halbwegs erwischt, oben aber auch viel Zeit verloren", sagte "Vince". Sein Blick auf die Konkurrenz führte zur Erkenntnis: "Ich habe selten so eine Blufferei gesehen."

Mayer war eher kurz angebunden. "Was ich vorhatte, hat gut gepasst. Es ging darum, nochmals ein bissl das Material zu spüren. Ich habe sicher noch was im Köcher, denn das Material stimmt, wenn es so ist wie heute", sagte der Kärntner.

Hannes Reichelt beendet den letzten Test ebenfalls verhalten und als 36. "Ich bin ein bisserl danebengestanden von der Linie. Gott sei Dank ist das bei der Generalprobe passiert, hoffen wir auf eine gute Aufführung", sagte der 37-jährige Salzburger. "Man kann auf jeden Fall sagen, dass Feuz der Topfavorit ist."

Der Routinier wird übrigens als Erster an den Start gehen. Reichelte wählte die Startnummer eins, hinter dem US-Amerikaner Bryce Bennett folgen mit Titelverteidiger Mayer (3) und Max Franz (4) zwei weitere Österreicher. Kriechmayr als vierter ÖOC-Teilnehmer startet mit Nummer 11.

Dazwischen kommen u.a. der deutsche Kitzbühel-Sieger Thomas Dreßen (5), Feuz (7) sowie Svindal (9) an die Reihe. Sein Landsmann Jansrud hat die Startnummer 17, der Südtiroler Christof Innerhofer die 18.

Hirscher tastete sich heran

Bestzeit für Kriechmayr im letzten Abfahrtstraining
Austria's Marcel Hirscher takes part in the Men's Downhill 3rd training at the Jeongseon Alpine Center during the Pyeongchang 2018 Winter Olympic Games in Pyeongchang on February 10, 2018. / AFP PHOTO / Dimitar DILKOFF

Hirscher nutzte den für ihn vorletzten Test für die Kombiabfahrt, fuhr aggressiv und rammte die Tore weg wie im Riesentorlauf. Trotzdem hatte er als 49. fast eine Sekunde Rückstand auf seinen voraussichtlichen Kombi-Hauptkonkurrenten Alexis Pinturault (38.). "Das Herantasten geht in viel zu kleinen Schritten. Favoriten in der Kombi sind andere, sie kommen hier besser zurecht", sagte der Salzburger seufzend und sprach auch Marco Schwarz an.

Auch sein Landsmann aus Kärnten war als 43. wieder schneller als Hirscher. "Marco hat sich in den Favoritenkreis für die Kombi geschoben", ist Hirscher überzeugt. Der Kärntner winkte ab. "Da sind genug andere." Schwarz gab aber auch zu: "Man muss Vollgas geben, dann kann sich was ausgehen." Aber auch Wengen-Sieger Viktor Muffat-Jeandet oder einen Luca Aerni dürfe man nicht vergessen.

Macht das Wetter mit?

Zumindest auf dem Papier stehen die Chancen, dass die Abfahrt planmäßig stattfinden kann, nicht sehr gut. Windgeschwindigkeiten von über 70 km/h werden vorhergesagt. Sollte das Rennen abgesagt werden, wird es auf Montag verschoben.

Wie schlimm das Wetter tatsächlich ist, wird sich die Jury bereits früh ansehen. "Wir müssen uns auf einen Tag mit einer großen Herausforderung einstellen", sagte Herren-Renndirektor Markus Waldner am Samstag beim Team Captains Meeting. Ist der Wind wirklich derart stark, könnte auch die Gondelbahn nicht in Betrieb genommen werden.

Wie immer wird daher zunächst wie üblich nach Protokoll vergegangen. Waldner kündigte die erste Entscheidung für 10.00 Uhr Ortszeit an, geplanter Rennbeginn ist 11.00 Uhr (3.00 Uhr MEZ). Eine Verschiebung auf später am Tag ist auch möglich. Was optimistisch stimmt, ist, dass auch für das dritte Training am Samstag Wind angesagt gewesen war. Dann fanden die Läufer aber höchst akzeptable Bedingungen vor.

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