Finnland: Von Ehefrau-Tragen bis Gummistiefelweitwurf

In Lahti beginnt heute die WM. Das Land hat aber mehr zu bieten als Skispringen und Langlaufen.

Hyvää päivää, Lahti. Servus Lahti also heißt es in den kommenden zwölf Tagen für 24 österreichische Sportler bei der Nordischen WM. Mit dabei ist auch Gregor Schlierenzauer, der rechtzeitig für den Saisonhöhepunkt wieder fit geworden ist.

Lahti hat sich als Schauplatz Nordischer Titelkämpfe bewährt. Schon zum siebenten Mal geht die Medaillenjagd in der siebentgrößten Stadt Finnlands in Szene. So vertraut Lahti den Athleten sein mag, so seltsam muten manche finnische Gepflogenheiten an. So ungewöhnlich können die Bewerbe gar nicht sein, dass die Finnen nicht einen Weltmeister ermitteln.

Ehefrau-Tragen
Von der Romantik des Über-die-Schwelle-Tragens ist das Eukokanto in etwa so weit entfernt wie Sonkajärvi von Wien. Das Dorf in der Landschaft Nordsavo ist die Weltmetropole des Ehefrau-Tragens. Exakt 253,5 Meter misst dieser Hindernisparcours, über den die Frauen gehuckepackt, geschleppt und gezerrt werden müssen. Über Stock und Stein und durch zwei Wassergräben – wie es das "International Wife Carrying Competition Rules Committee" festgelegt hat. Seit 1992 findet in Sonkajärvi jährlich die Eukokanto-WM statt.

Amtierende Champions sind zwei Russen, und auch im Ehefrau-Tragen hat mittlerweile der Fortschritt Einzug gehalten. Bewährt hat sich die sogenannte Estnische Technik, sozusagen der V-Stil unter den Hebefiguren. Ob diese Technik tatsächlich im Windkanal getestet wurde, ist nicht überliefert, aber es hat sich herausgestellt, dass jene Paare am schnellsten ins Ziel kommen, bei denen die Frau kopfüber auf dem Rücken des Mannes hängt.

Luftgitarre-Spielen
Im Grunde ist es nichts als heiße Luft, was all die Möchtegern-Jimi-Hendrixe und Pseudo-Keith-Richardse in der Stadt Oulu zum Besten geben. Aber genau das ist der Reiz bei diesem alljährlichen Konzert der Luft-Virtuosen, die vor allem eines beherrschen: So zu tun, als ob. Die Airness ist eines der wichtigsten Kriterien der "World Air Guitar Federation", also die Fähigkeit, "das Luftgitarrespielen über die bloße Imitation hinaus zu transzendieren". Bei der 21. WM im Vorjahr machte ein amerikanischer Luftgitarrist den meisten Wind. Als Belohnung für seine Performance erhielt er eine: echte Gitarre.

Saunieren
Hinter dem Begriff Saunomisen maailmanmestaruuskilpailut verbirgt sich das wilde Wettschwitzen, für das sich so viele Finnen erwärmen können. Bis zu 2000 Kiebitze sahen zu, wenn sich bei der WM die Hitzköpfe freiwillig in den engen Schwitz-Kasten aus Holz begaben. Bei 110 Grad Anfangstemperatur, alle 30 Sekunden erfolgte ein Aufguss. Sieger war derjenige, der als Letzter die Sauna ohne fremde Hilfe verlassen konnte. Bjarne Hermansson hielt es dereinst 18:45 Minuten im Glutofen aus. Seit 2010 im Finale ein gedopter Russe ums Leben gekommen war und ein Finne schwere Verbrennungen erlitten hatte, findet keine WM mehr statt.

Handywerfen
Der gemeine Finne schmeißt sein altes Handy nicht einfach weg, er schleudert es herum. Jedes Jahr im Sommer macht Savonlinna mobil, und dann haben in der ostfinnischen Stadt bei der Handyweitwurf-WM die Telefone die Lufthoheit. Ere Karjalainen ist der Anders Fannemel (Skiflugweltrekordhalter, 251,5 Meter) der Handy-Schleuderer. Sein Nokia flog dereinst 101,46 Meter weit.

Finnland: Von Ehefrau-Tragen bis Gummistiefelweitwurf
epa03793663 Players in action during the Swamp Soccer Championships 2013 in Hyrynsalmi, Finland, 19 July 2012. The World Championship in swamp football is played annually on Vuorisuo bog in Hyrynsalmi, Finland, the first taking place in 2000. EPA/Kimmo Brandt FINLAND OUT
Matschfußball
Sollte sich wieder einmal ein Fußball-Profi über den ach so holprigen Rasen beklagen, dann sei ihm ein Abstecher nach Hyrynsalmi empfohlen. Dort, in der Pampa Nordostfinnlands, finden die Matches noch auf echten Spiel-Feldern statt – im wahrsten Sinne des Wortes. Bei der Matschfußball-WM stehen dreckige Fouls und schmutzige Aktionen an der Tagesordnung. 30.000 Fans locken die Titelkämpfe an, bei denen in einer Sumpf- und Moorlandschaft gekickt wird.

Beerensammeln
Auf die Beeren, fertig, los – das ist jedes Jahr das Motto in den Wäldern rund um Suomussalmi. Der Weltrekord im Wettsammeln von Preiselbeeren liegt bei 27,98 Kilogramm in einer Stunde. Beerenstark, auch wenn der Sammler zu einem Riffel (Beerenkamm) gegriffen hatte.

Gummistiefelweitwurf
Schon lange vor den Mobiltelefonen schleuderten die Finnen gerne ihre Gummistiefel durch die Gegend – immerhin wurden die dereinst ebenfalls von Nokia hergestellt. Heute gibt es einen Weltverband (International Boot-Throwing Association) und einen eigenen Gummi-Paragrafen. Die Frauen werfen Stiefel der Größe 38, die Männer 43er, als bevorzugtes Modell gilt mittlerweile ein Stiefel aus Italien, dem ganz besondere Flugeigenschaften nachgesagt werden. Das Dorf Kinnula ist seit jeher der Treffpunkt der finnischen Gummi-Fetischisten. Amtierender Stiefel-König ist, wie könnte es anders sein, ein Finne: Antti Ruusuvirta hält mit 68,03 Metern den Weiten-Weltrekord.

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