Grabner: "Am Liebsten bin ich daheim in Villach"
Es gibt Eishockey. Und dann gibt es Eishockey in der NHL. Willkommen in einer eigenen Welt, in einer anderen Umlaufbahn. Ein Heimspiel der New York Rangers im alt-ehrwürdigen und immer noch imposanten Madison Square Garden bietet ein Spektakel, wie man es in Europa in den Eishallen so nicht kennt. Ein Projektor, eine Million Dollar günstig, erzeugt vor jedem Drittel Bilder auf die Eisfläche, die ebenso gut aus einem Disney-Animationsfilm stammen könnten.
Erzählt wird die Geschichte der Rangers, gezeigt werden die Stadt mit ihrer Skyline sowie sämtliche aktuelle Rangers-Cracks. Auch jenes von Michael Grabner, dessen Konterfei plötzlich Eisflächen-groß erscheint. Der Villacher, dessen starke Kärntner Wurzeln ihm die nötige Bodenhaftung geben, spielt mit in dieser völlig anderen Welt. Und in dieser Saison sogar besonders erfolgreich.
Nach dem Spiel durfte der KURIER in das Heiligtum des Tempels vordringen. In der Kabine der NY Rangers präsentierte sich Michael Grabner gesprächig und plauderte über sein Leben in New York und seine Pläne nach der Karriere.
KURIER: Die Aufholjagd von 0:6 auf 4:6 blieb unbelohnt. Zu viele Fehler in der Defensive?
Michael Grabner: Das war kein Einzelfall, so ist es uns in einigen Heimspielen schon ergangen. Wir müssen einen Weg finden, wie wir daheim regelmäßig gewinnen können. Zuletzt haben wir häufiger den Start verschlafen. Und wenn du dann 0:6 hinten bist, ist es halt schwierig, dass du wieder zurück ins Spiel findest. Wir denken vielleicht zu offensiv und achten zu wenig auf die Defensive. Unser Auswärtsspiel ist hingegen sehr gut.
Mehr als nur gut ist dagegen Ihre bisherige Saison mit 22 Treffern und acht Assists. Grund genug zu großer Zufriedenheit?
Absolut. So weit läuft es gut, besser hätte ich mir den Start nicht für ich persönlich nicht vorstellen können. Aber es ist in dieser Saison noch viel Eishockey zu spielen, wir sind erst knapp über der Hälfte. Dabei haben mich die Rangers gar nicht fürs Toreschießen geholt. Aber wenn es so gut funktioniert, dann nehme ich das gerne mit.
Kennen Sie den Grund für Ihre Hochform? Liegt’s am Selbstvertrauen?
Ich habe gleich von Beginn an mit meinen Mitspielern eine Chemie gefunden, das hilft natürlich. Dann sind mir auch gleich ein paar Tore gelungen, das Selbstvertrauen ist gestiegen. Und wenn du nicht allzu viel darüber nachdenken brauchst, dann läuft vieles leichter und von allein. Eine alte Weisheit im Sport, die schwer zu erklären ist.
Wagen Sie einen Blick in die nahe Zukunft. Was kann am Ende der Saison für die Rangers heraus schauen?
Natürlich alles. Vom Management über die Spieler bis hin zu den Fans wollen wir alle gewinnen. Wir haben eine sehr gute Mannschaft, nur haben wir bisher zu viele schlechte Phasen. Vielleicht auch aufgrund der vielen Verletzungen.
Wie lebt es sich in New York – besser gesagt etwas außerhalb des Big Apple?
Wir wohnen ungefähr 60 Kilometer außerhalb, in der Nähe des Trainingszentrums. Dort gibt es auch eine Schule für die Kinder. Nach New York Downtown komme ich nur für die Heimspiele. Einige meiner Kollegen wohnen in der City. Aber mir reicht es, 41 Mal zu den Heimspielen hinein zu fahren.
Nehmen Sie dafür das Auto?
Nein, ich fahre immer mit dem Zug, mit dem Express sind es nur zwei Stationen bis zur Penn Station, das dauert 38 Minuten. Mit dem Auto wäre ich den ganzen Tag unterwegs.
In dieser Saison war ich vielleicht zwei oder drei Mal in Manhattan.
Wieso das? So viele Menschen wollen nach New York, Sie haben die Metropole vor der Haustüre.
Es ist mir zu hektisch. Dann auch wegen den Kindern, weil wir zwischen den Spielen so wenig Zeit haben. Der Kalender ist dermaßen gedrängt, dass wir momentan gar nicht richtig zum Trainieren kommen. Und die freien Tage genießen wir eher in Ruhe daheim.
Das heißt, als New-York-Reiseführer würden Sie verhungern?
Ja! Ich schaue mir die Sehenswürdigkeiten kaum an, das macht dafür meine Frau.
Zeigt Sie Ihnen danach mit Fotos, wie Ihre Stadt aussieht?
Ja, so ungefähr. Sie fährt oft mit Bekannten und Freunden, die uns besuchen kommen, nach Manhattan. Durch den Direktflug von Wien kommen uns viele Leute besuchen, demnächst ist ein guter Freund von mir da, dann meine Mutter, die ein Monat bei uns bleibt.
Sie als bodenständiger Villacher schätzen wohl mehr die Ruhe.
Ja, ich mag nicht zu viele Leute auf einem engen Raum. In Toronto war ich gerne. Das ist auch eine Großstadt, aber nicht so hektisch wie New York. Hier läuft jeder von einem Ort zum anderen, schaut nicht, wo er hinrennt. Wenn du da stehen bleibst und dir etwas anschaust, laufen gleich zehn Leute in dich hinein. Draußen, wo wir wohnen, da ist es ruhig.
Gibt es auch einen See, der im Winter zufriert?
Nein, leider nicht. Aber ein Spieler von uns hat sich in seinem Garten eine kleine Eisfläche angelegt. Und wir Spieler können die Rangers-Halle auch nützen, da gehe ich mit meinem Sohn Aidan nach der Schule oft Eislaufen, das ist lässig. Er spielt auch ein Mal in der Woche Eishockey. Das ist schön.
Hätten Sie sich damals als kleiner Bub aus Villach diese Karriere zu träumen gewagt?
Nicht wirklich. Ich habe gehofft, dass ich einmal Profi werde, es in die österreichische Liga schaffe. Als ich mit 17 Jahren dann in die USA gegangen bin, habe ich gehofft, dass ich es hier schaffe. Und jetzt spiele ich schon viele Jahre hier, war bei einigen traditionsreichen Klubs.
Nein. Ich denke auch nicht daran. Es geht alles so schnell, es passieren so viele Dinge, wir müssen immer im Moment bleiben. Ich glaube, dass ich das alles erst nach meiner Karriere realisieren werde, was ich alles erreicht habe.
Was hat Villach, was New York nicht zu bieten hat?
Heimat. Ich fahre immer im Sommer heim, wir werden dort auch nach meiner Karriere leben. Ich habe in super Städten gelebt, in Vancouver, Toronto, jetzt in New York. Natürlich gefallen mir diese Metropolen. Aber am liebsten bin ich daheim in Villach. Ich habe aktuell beide Welten. Das Jahr über New York, im Sommer Villach. Ich suche schon einen Grund in Villach, sodass wir in den nächsten ein bis zwei Jahren zu bauen beginnen können.
Gibt’s ein Karriere-Ende beim Villacher SV?
Man weiß nicht, was passieren wird, vieles geht so schnell. Vor einem Jahr haben mich hier viele abgeschrieben und mir prophezeit, dass ich wieder nach Europa gehen werde. Ich bin bald 30 Jahre alt und hoffe schon, dass ich hier noch ein paar Jahre spielen kann in der NHL. Danach werden wir schauen. Natürlich wäre es reizvoll, noch einmal in Villach zu spielen. Aber das ist noch ein langer Weg.
Bleiben Ihnen noch Träume?
Ja sicher. Der Stanley Cup zum Beispiel. Die Ziele ändern sich im Laufe der Karriere Schritt für Schritt. Zuerst willst du spielen, dann Tore schießen, dann der Spieler werden, der du bist. Daher habe ich darauf geachtet, wo für mich und meine Spielweise der beste Platz ist. Die Rangers sind jedes Jahr vorne dabei und wollen den Titel gewinnen. Und so viele Chancen bekommst du nicht. Ich habe bisher erst zwei Mal in den Play-offs gespielt. Es gibt so viele Legenden, die nie etwas Großes gewonnen haben.
Haben Sie noch Kontakt zu Spielern in Österreich?
Ja, aber es ist schwer. ich bin im Stress, sie auch. Über Internet geht es zwischendurch.
Bekommen Sie von Österreich viel mit?
Nein, ein wenig übers Internet. Aber die meisten Nachrichten sind ohnehin nur negativ, wie man auch hier aktuell sieht. Am besten ist es, gar nicht den Fernseher aufzudrehen oder die Zeitung aufzuschlagen.
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