Missbrauchsvorwürfe: Tiroler Skiverband durchsuchte Heim-Protokolle

Laut der TSV-Vizepräsidentin kann man "in diese Protokolle vieles hineininterpretieren, es steht aber nichts Handfestes drinnen."

Im Fall der Missbrauchsvorwürfe von Nicola Werdenigg hat der Tiroler Skiverband (TSV) nun Sitzungsprotokolle der Skihauptschule Neustift aus den 70er-Jahren durchsucht. Dabei habe man gesehen, dass im September 1976 nach einem neuen Heimleiter gesucht werden musste, bestätigte TSV-Vizepräsident Peter Mall gegenüber der APA einen Bericht der Tiroler Tageszeitung.

Konkrete Verdachtsfälle könne man aus den Protokollen aber nicht ableiten, meinte Mall. "In diese Protokolle kann man vieles hineininterpretieren, es steht aber nichts Handfestes drinnen. Und es steht auch nicht drinnen, dass die Verantwortlichen damals von etwaigen Übergriffen gewusst hätten", betonte der Vize-Präsident. Der TSV war damals Träger der Einrichtung.

Recherchen der Tageszeitung Der Standard, wonach schon damals höchste Verbandskreise über die Vorgänge informiert gewesen wären, wollte Mall nicht bestätigen. Laut Standard würden sich Zeitzeugen daran erinnern, "dass der Heimleiter schnell entfernt werden musste". Der Sohn eines damals hohen Sportfunktionärs soll von den Vorfällen betroffen gewesen sein.

"Wir möchten volle Transparenz"

Im TSV werde man sich in einer Präsidiumssitzung nächsten Dienstag jedenfalls näher mit dem Thema beschäftigen, kündigte Mall an. "Wir möchten volle Transparenz", so der Vize-Präsident. Trotzdem sah Mall den TSV nicht in der Verantwortung. "Wir möchten den Skisport propagieren, es ist nicht die Aufgabe des TSV Geschehnisse aus den 70er-Jahren aufzuklären", meinte Mall. Viele der damals handelnden Personen seien mittlerweile auch verstorben. Außerdem bräuchte es einen konkreten Anlassfall. Im Ermittlungsverfahren, das die Innsbrucker Staatsanwaltschaft, eingeleitet hatte, gebe es indes noch keine Neuigkeiten, sagte Staatsanwaltschaftssprecher Hansjörg Mayer der APA.

Ob der ÖSV von den Vorfällen in Neustift etwas wusste, wollte Präsident Peter Schröcksnadel im "ZiB-2"-Interview am Montag nicht beantworten. "Das kann ich nicht sagen", meinte er. Denn der ÖSV habe "keinen Zugriff" auf die Landesverbände. "Aber wir haben heute einen Beschluss gefasst, dass wir die Landesverbände auffordern, auch in dieser Richtung tätig zu werden", so Schröcksnadel. Man sei an einer Aufklärung zwar interessiert, aber die Vorwürfe würden eigentlich nicht den ÖSV betreffen, da die Sportler erst im Alter von 16, 17 oder noch später zum Skiverband kommen würden.

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