Walchhofer: "Was wollen die alten Depp’n?"
Der ÖSV-Vizepräsident ist der letzte österreichische Abfahrtsweltmeister. Vor 14 Jahren war Michael Walchhofer (vor mehr als zwei Millionen ORF-Zeugen) in St. Moritz zu Gold gerast. Dort, wo ab Dienstag Medaillen vergeben werden. Und wo auch schon 1936, 1948 und 1974 Weltmeisterschaften stattfanden.
In den 1940er-Jahren standen im Salzburger Schneeloch Zauchensee nur einige Almhütten. Inzwischen ist aus Zauchensee ein weltcupbewährter Ort mit 1400 Fremdenbetten geworden. Unter tatkräftiger Mitwirkung der Familie Walchhofer, die drei Hotels betreibt. In einem davon versieht während der Mittagszeit der Chef selbst Dienst an der Rezeption. Davor und danach stand Michael Walchhofer dem KURIER Rede und Antwort.
KURIER: Wer wird neuer Abfahrtsweltmeister?
1974 ist mit David Zwilling ein Salzburger in St. Moritz Weltmeister geworden. 2003 hat angeblich auch ein Salzburger die Abfahrt g’wonnen. Jetzt hat der Salzburger Hannes Reichelt alle Voraussetzungen dafür. Vielleicht wird es wieder die Strecke der Salzburger. Obwohl das Gelände auch sehr für den Kärntner Max Franz spricht.
Was ist das Besondere an der Schweizer WM-Piste? Der steilste Startschuss der Welt?
Man ist dort schnell schnell. Typisch für St. Moritz sind aber die langgezogenen Kurven.
Sie sind 2003 bei Ihrem WM-Sieg in St. Moritz mit der hohen Nummer 31 gestartet. Aus welchem Grund?
Weil der Hermann (Maier, Anm.), der Aamodt, der Kjus und ich im Training ein Tor ausgelassen haben, mussten wir mit Nummern jenseits der Top 30 starten. Das war mir alles andere als unangenehm. Weil es ein offenes Geheimnis in St. Moritz ist, dass dort eher vordere Nummern ein Nachteil sind. Nicht zuletzt deshalb ist Hannes Trinkl als Titelverteidiger damals mit Nummer zwei nur 31. geworden.
Ihr ex-weltmeisterlicher Ex-Kollege Trinkl ist inzwischen als FIS-Direktor verantwortlich für die Speedbewerbe. Beneiden Sie ihn um diese Aufgabe?
Hannes macht einen Superjob. Obwohl man in dieser Rolle von Haus aus der Prügelknabe ist. Wenn niemand stürzt, ist es keine richtige Abfahrt. Und wenn einiges passiert wie in Garmisch, wird sofort gleich von allen dramatisiert.
Hat Sie der Sturz von Erik Guay in Garmisch nicht schockiert?
Guay hat mir imponiert. Weil der Kanadier bewiesen hat, was man als Abfahrer für eine Körperbeherrschung haben muss, um so einen Abflug zu überstehen. Erik hat im Sommer sicher Salti geübt.
Sie hatten vor zwei Jahren Kritik an den ÖSV-Abfahrern geübt und sie im Dezember nach dem Debakel in Val d’Isère wiederholt. Worauf die Piloten nicht sehr begeistert waren. Stört es Sie, wenn die ...
... ang’rührt sind? Ich stellte mir nachträglich so bildlich vor, wie sich die Läufer, nachdem sie auf die Aussagen vom Stephan Eberharter und mir im Zielraum angesprochen wurden, gedacht haben werden: Was wollen die alten Depp’n? Aber auch nach Val d’Isère war das von mir lediglich eine Sachverhaltsdarstellung, Und es war halt nicht viel Positives festzustellen. Mir hat eben bei einigen die Körpersprache nicht gefallen. Auch steht’s mir als ÖSV-Vize zu, dass ich, wenn Journalisten anrufen, abhebe und meine sportliche Meinung äußern darf. Zudem sieht man häufig, wie sich gewisse Burschen durch Kritik aus der Reserve locken lassen.
Wollen Sie einmal Nachfolger des mittlerweile 75-jährigen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel werden?
Nein. Dazu fehlt mir die Zeit, dafür müsste ich meine berufliche Planung völlig ändern. In der Privatwirtschaft kann man schnell einmal einen tüchtigen neuen Manager finden. Im Skiverband aber ist es neben wirtschaftlichem Know-how auch erforderlich, sich im sportpolitischen Hickhack durchzusetzen.
Weinen Sie noch dem verpassten Olympiasieg in Sestriere nach, als sie 2006 "nur" Silber holten?
So hochnäsig es klingt: Der Olympiasieg war nicht wirklich mein Ziel. Das war mein Hauptproblem und nachträglich gesehen ein Riesenfehler, weil Olympia die allerwichtigste Bühne ist. Aber ich war damals so knapp nach meinem Kitzbühel-Sieg einfach zu zufrieden. Marcel Hirscher hingegen kennt selbst nach einem Kitzbühel-Sieg kein Zurücklehnen. Auch deshalb bewundere ich ihn so besonders.
Der am 28. April 1975 in Radstadt geborene Walchhofer feierte seine ersten alpinen Erfolge als Technikspezialist. 1999 gewann er im Europacup die Gesamt- sowie die Slalomwertung.
Erst im Weltcup entwickelte er sich zu einem der besten Abfahrer seiner Zeit. Walchhofer siegte 19-mal im Weltcup und gewann drei Mal den Abfahrtsweltcup. Bei Weltmeisterschaften stand er vier Mal auf dem Podest, Höhepunkt war WM-Gold in der Abfahrt 2003 in St. Moritz. 2006 gewann er Silber bei Olympia.
Der dreifache Familienvater betreibt in Zauchensee mehrere Hotels, seit 2013 ist er Vizepräsident im ÖSV.
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