Ligety gewinnt, Österreich geht leer aus

Ligety bezeichnete seinen WM-Titel als "äußerst unerwartet" und "surreal".
Auch im zweiten WM-Rennen bleibt der ÖSV ohne Medaille. Reichelt wird Vierter, Mayer Fünfter.

Der ehemalige Mister Super-G sah sich in seiner Meinung nach dem WM-Super-G bestätigt: „Technik geht vor Speed. Die beste Technik setzt sich durch.“ Dieser schwierige Super-G habe es eindeutig bewiesen.

Hermann Maier verfolgte von Flachau aus via Bildschirm das Renngeschehen im 20 Autominuten entfernten Schladming, um möglichst schnell via Blog ski-wm.raiffeisen.at seine Meinung online zu stellen.

Ausnahmslos ehemalige Head-Markenkollegen des mittlerweile 40-jährigen Maier landeten auf dem Podest, wobei niemand, nicht einmal die Medaillengewinner selbst, mit dieser Reihenfolge gerechnet hatten.

Überraschung 1

Der neue Super-G-Weltmeister Ted Ligety bezeichnet seinen Sieg als skurril. „Denn ich war bisher ganz auf einen Riesenslalom-Sieg fokussiert.“

Der neue Super-G-Vizeweltmeister Gauthier de Tessieres wird überhaupt als der groteskeste WM-Erfolg in die französische Ski-Geschichte eingehen.

Noch am Wochenende war der 31-Jährige, frustriert über seine Nichtberücksichtigung für die WM, daheim in Alpe d’Huez auf der Coach gelegen, als er plötzlich von der französischen Teamführung den Anruf erhielt, dass er anstelle von Johann Clarey doch nach Schladming komme solle.

Clarey, der seit dem Lauberhorn-Rennen mit 160 Stundenkilometern der Geschwindigkeitsweltrekordhalter im alpinen Ski-Weltcup ist, verletzte sich am Rücken, wurde am Dienstag operiert. Er wäre vor allem in der Abfahrt ein Medaillenkandidat gewesen.

Überraschung 2

Tessieres setzte sich ins Auto und erfuhr vor Ort, dass er, der Riesenslalomfahrer, für den Super-G vorgesehen sei. Und jetzt kann der so oft verletzt gewesene Super-G-Silberling als 31-Jähriger sein spätes Glück kaum fassen.

Für Tessieres war seine niedrigere Startnummer (vier) zweifellos kein Nachteil, zumal die Super-G-Piste mit Fortdauer des Rennens immer ruppiger wurde. Aber Svindal, streut der Raiffeisen-Blogger Hermann Maier dem Norweger Rosen, habe bewiesen, was dank guter Technik mit einer späten Nummer (22) auch noch möglich war.

Überraschung 3

Topfavorit Aksel Lund Svindal machte es allerdings eher unfreiwillig seiner amerikanischen Herzdame gleich, indem er ebenso wie Julia Mancuso Bronze herausfuhr. „Das ist mein schwächstes Saison-Resultat im Super-G. “

Einen ungleich größeren Rückschlag galt es für Svindals Team- und Markenkollege Kjetil Jansrud, 27, nach seinem Super- G-Sturz zu verkraften, als er im Krankenhaus mit der Diagnose Kreuzbandriss im rechten konfrontiert wurde.

Und so erlebt der ehemalige Vorarlberger Vize-Weltmeister Rainer Salzgeber als Head-Rennchef nach dem folgenschweren Unfall seiner Starpilotin Lindsey Vonn neuerlich ein Wechselbad der Gefühle. Jansrud hätte auch in der Abfahrt zu den Favoriten gezählt.

Bester österreichische Head-Pilot war Matthias Mayer, der Kärntner WM-Debütant. Dafür bekam Mayer via online Lob von Maier. „Er hat mir von den Österreichern am besten gefallen.“

Ligety gewinnt, Österreich geht leer aus
APA11324296 - 06022013 - SCHLADMING - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT SI - ALPINE SKI-WM IN SCHLADMING: Hannes Reichelt (AUT) am Mittwoch, 06. Februar 2013, im Zielraum nach seinem Lauf im Super-G der Herren in Schladming. APA-FOTO: HARALD SCHNEIDER
Mayer wusste nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte. Einerseits hatte der Zeitsoldat nach monatelanger Krankheit seinem Cheftrainer Mathias Berthold telefonisch im August bereits mitgeteilt, dass mit ihm im WM-Winter nicht mehr zu rechnen sei, andererseits befand er sich aufgrund von Zwischenbestzeiten auf Medaillenkurs, bevor er am Zielhang einen unfreiwillig Umweg fuhr. Dort, wo der 28-jährige Ted Ligety mit viel Kraft und einer Ideallinie das spannende Rennen vor 28.000 Augenzeugen für sich entschied.

Dabei hatte gerade Ligety nach der Materialreform immer wieder mit Bedauern erklärt, dass die schmäleren, längeren Skier ihm zu viel Kraft kosten und er sich vor einem Rennen nicht wie gewohnt „drei mal einfahren“ könne. „Würde ich mich am Renntag so vorbereiten wie ich das jahrelang gewohnt war, wäre ich jetzt schon vor dem Start völlig kaputt.“

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Ted Ligety hat Aksel Lund Svindal und Marcel Hirscher im Kampf um den Titel des WM-Superstars in Schladming gleich im ersten Rennen den Fehdehandschuh hingeworfen. Nach nur einem Super-G-Podestrang bisher im Weltcup als Zweiter im Dezember 2009 in Val d'Isere, räumte der US-Amerikaner mit der Goldmedaille in Schladming gleich ganz groß ab.

Der 28-Jährige aus Salt Lake City hat auch in der Super-Kombination Medaillenchancen, im Riesentorlauf ist er der absolute Topfavorit, im Teambewerb wird das US-Team ebenfalls um den Sieg mitreden. Für das US-Team war es nach Super-G-Bronze von Julia Mancuso am Vortag bereits die zweite Medaille.

Beim Weltcupfinale im März 2012 hatte Ligety mit Rang zehn bereits aufgezeigt, dass ihm die Planai liegt. Dritter war vor einem Jahr übrigens Marcel Hirscher und Fünfter Benjamin Raich. Beide waren am Mittwoch nicht im ÖSV-Aufgebot, Hirscher hat nach einem Versuch zu Saisonbeginn in Übersee das Super-G-Projekt auf Eis gelegt, Raich die Qualifikation verpasst.

"Sensationell, Mann!"

"Gratuliere, Ted! Diesen Lauf wäre ich auch gerne gefahren. Sensationell, Mann!", schrieb ein wehmütiger Hirscher auf Twitter und Facebook.

"Das ist mehr etwas für Techniker. Mir war klar, ich muss die Riesentorlauf ähnlichen Schwünge gut nehmen. Aber es ist trotzdem auch ein sehr schnelles Rennen. Aber ich wusste, ich habe eine gute Chance. Und ich bin Siebenter in der Super-G-Disziplinwertung", merkte Ligety an, dass er keineswegs ein Sensationssieger ist. "Mit Gold habe ich nicht gerechnet, aber ich wusste, dass ich eine Medaillenchance habe."

Im unteren Teil, im dem viele andere mit Fehlern noch um bessere Platzierungen gebracht wurden, holte sich Ligety den Titel: "Ich habe viel Risiko genommen, das hat sich bezahlt gemacht." Er sei insgesamt gut gefahren, es sei ein schwieriges Rennen gewesen. "Es waren viele Unebenheiten, die man nicht gesehen hat. Der Schnee war schwierig zu fahren, man musste so sauber wie möglich auf den Skiern stehen und die Linie halten." Weniger gefiel ihm das lange Warten im Ziel, bis die Topleute unten waren: "Ein Nervenrennen. Dieses Gefühl mag ich nicht so gerne."

"Unglaubliche Form"

Der verhängnisvolle Sturz am Vortag von Teamkollegin und Superstar Lindsey Vonn ist auch an Ligety nicht spurlos vorüber gegangen. "Das kann man natürlich nicht ganz auf die Seite schieben, aber es hatte keinen Einfluss auf mein Rennen", sagte der Gewinner von 15 Weltcup-Riesentorläufen, drei kleinen Kristallkugeln in dieser Disziplin (2008, 2010, 2011) und der WM-Goldmedaille 2011.

Vor dem Riesentorlauf in Schladming kommt aber noch die Super-Kombination. "Da habe ich wirklich sehr gute Chancen. In Wengen war ich bis wenige Tore vor dem Ziel auf Podiumskurs. Und im Riesentorlauf bin ich sowieso in unglaublich guter Form."

Für Theodore Sharp "Ted" Ligety war es die vierte Medaille bei Großereignissen. Bei Weltmeisterschaften eroberte er 2009 in Val d'Isere Riesentorlauf-Bronze, es folgte Gold in Garmisch-Partenkirchen. Von Olympischen Spielen hat er den Kombi-Titel 2006 in Turin zu Buche stehen. Bei Junioren-Weltmeisterschaften reichte es 2004 in Maribor zu Slalomsilber.

Ted LIGETY (USA/28 Jahre):
Geboren am 31. August 1984 in Park City
Wohnort: Park City (Utah)
Größe/Gewicht: 1,80 m/81 kg
Familienstand: ledig
Ski: Head
Schuhe: Head
Verein: Park City Ski Education Foundation
Hobbys: Mountainbike, Wasserski, Tennis, Eishockey
Homepage: www.tedligety.com

Größte Erfolge:
Olympia: Gold Super-Kombination 2006 Turin
WM: Weltmeister 2011 im Riesentorlauf und 2013 im Super-G
WM-Dritter 2009 im Riesentorlauf
Weltcup: 15 Siege (alle im RTL) und 19 weitere Podestplätze (12 RTL, 6 Slalom, 1 Super-G)
Riesentorlauf-Sieger 2007/08, 2009/10 und 2010/11
Junioren-WM: WM-Zweiter 2004 im Slalom

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