IOC-Chef Bach: "Hier werden Vorurteile gepflegt"

Der IOC-Präsident Thomas Bach will die russischen Athleten in Pyeongchang nicht noch weiter demütigen.

IOC-Präsident Thomas Bach hat die Beschlüsse des Internationalen Olympischen Komitees zur Doping-Affäre in Russland noch einmal verteidigt. Auch meinte er in einem Interview der "Welt am Sonntag", dass man die teilnehmenden russischen Athleten nicht demütigen dürfe, indem man sie quasi noch ihrer Herkunft beraube. Sie dürfen unter der Bezeichnung "Olympische Athleten aus Russland" (OAR) antreten.

Bach wehrte sich gegen die These, der Ausschluss einer russischen Mannschaft von den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang bei gleichzeitigem Start russischer Einzelsportler sei ein Pseudoausschluss, um Russlands Präsident Wladimir Putin nicht zu verärgern. "Diese haltlose Theorie wird vornehmlich in Deutschland vertreten", sagte Bach. "Wie weit sie von der Realität entfernt ist, sieht man nicht nur an der Reaktion der Öffentlichkeit in Russland, sondern insbesondere an der Tatsache, dass der vom IOC lebenslang gesperrte stellvertretende Ministerpräsident Witali Mutko diese Strafe gerichtlich anfechten will", erklärte Bach.

Er kritisierte: "Hier werden offensichtlich Vorurteile weiter gepflegt." Die gleichen Stimmen hätten bereits vor dem Abschluss eines ordentlichen Verfahrens einen Totalausschluss gefordert. "Und jeder, der nicht für einen Totalausschluss war, wurde als unethisch bezeichnet, wobei ich mich heute noch frage, was daran ethisch sein soll, wenn man unschuldige Athleten bestraft", fügte Bach hinzu.

Kollektivbestrafung

Dass startberechtigte russische Einzelsportler in Pyeongchang nicht als neutrale Teilnehmer antreten, sondern als OAR, sieht Bach als Anerkennung der Realität. Jeder wisse, woher die Sportler kommen. Durch den Verzicht auf Fahne, Hymne und Symbole müssten die eingeladenen russischen Athleten trotz ihrer Unschuld bereits ein Maß an Kollektivbestrafung erdulden.

Bach unterstrich, durch die Oswald-Kommission habe man hieb- und stichfeste Beweise für die systemische Manipulation des Anti-Doping-Systems in Russland bekommen, insbesondere während der Winterspiele 2014 in Sotschi. Die Beweise beruhten nicht nur auf den Aussagen von Kronzeuge Grigori Rodschenkow, dem in die USA geflüchteten früheren Leiter des Moskauer Doping-Kontrolllabors.

Insgesamt 43 russische Athleten wurden von der IOC-Disziplinarkommission lebenslang für Olympia gesperrt. Offen ist, ob der Internationale Sportgerichtshof CAS alle Sperren bestätigen wird. Bach erinnerte daran, dass der CAS im Zuge der Doping-Affäre um österreichische Sportler 2006 in Turin alle lebenslangen Olympia-Sperren des IOC bestätigt habe. Sollte er das in den Fällen der russischen Sportler nicht tun, "wäre dies kein Schlag ins Gesicht des IOC. Gerichte und deren Rechtsprechung muss man respektieren, auch wenn sie einem nicht gefällt", sagte Bach.

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