Hannes Reichelt im Höhenflug

Hannes Reichelt im Höhenflug
Der Salzburger hat sich in drei Disziplinen zum Sieganwärter gemausert: "Mit dem Alter wird man ruhiger."

Mit zwei Podestplätzen und insgesamt 310 Punkten hat Hannes Reichelt eine mehr als ordentliche vorweihnachtliche Bilanz im alpinen Ski-Weltcup hingelegt. Und das, obwohl der immer mehr zum Allrounder avancierende Salzburger in seiner eigentlichen Paradedisziplin Super-G den Erwartungen hinterherhinkt.

Reichelt mischt nach Rang zwei am Sonntag im Alta-Badia-Riesentorlauf an der Spitze des Gesamt-Weltcups mit, die Große Kristallkugel ist für ihn aber trotz drei starker Disziplinen kein Thema.

"Darüber können wir dann diskutieren, wenn ich anfange, Rennen zu gewinnen. Und zwar nicht nur eines, sondern mehrere. Nur so hat man gegen Leute wie Aksel Lund Svindal eine Chance", meinte der 31-Jährige, der seine aktuelle Fitness und auch die Routine als wichtige Faktoren für den Höhenflug sieht. "Mit dem Alter wird man ruhiger, das hilft sicher auch. Das Paket passt derzeit recht gut."

"Dumme Fehler" im Super G

In Alta Badia hat Reichelt nicht nur sein Gespür auf selektiven Kursen, sondern auch die Wut im Bauch ganz weit nach vorne gebracht. "Der Super-G in Gröden ist mir schwer im Magen gelegen", berichtete Reichelt, der im Grödnertal nur 28. war. "Ich mache im Super-G dumme Fehler. Vielleicht, weil ich mir in dieser Disziplin den größten Druck mache.

Die Erfolge im Riesentorlauf machen Reichelt stolz. "Weil die Spezialisten klar im Vorteil sind und sich tagelang auf ein Rennen vorbereiten können." Reichelt legt deshalb Extra-Schichten ein. Vor den Abfahrts-Trainings in Gröden absolvierte Reichelt zum Beispiel jeweils zwei bis drei Riesentorläufe. "Das ist ganz schön anstrengend, trägt aber offenbar Früchte. Der Riesentorlauf-Schwung ist der wichtigste von allen", weiß Reichelt, dass ein schneller Riesentorlauf-Schwung die Basis für einen guten Allrounder ist.

Für Außenstehende am überraschendsten ist Reichelts wieder gewonnene Stärke in der Abfahrt. "Ich hab`s früher schon einmal gekonnt", erinnerte der Radstädter an Europacup-Tage. Ein schwerer Sturz hat Reichelt aber weit zurückgeworfen, im März 2005 zog er sich bei einem zu weiten Sprung in der Abfahrt in Roccaraso einen Kreuz-und Innenbandriss zu. "Das war lange im Hinterkopf drinnen."

Schlüsselerlebnis Kitzbühel

Das Schlüsselerlebnis war dann die Kitzbühel-Abfahrt 2011. "Da hab ich mich trotz schlechter Sicht mit hoher Startnummer richtig brutal überwunden und blind über die Hausbergkante geschmissen. Und im Ziel hab ich mir dann gedacht: `Jawohl, jetzt geht`s auch in der Abfahrt wieder!`" In der Vorbereitung auf die laufende Saison hat Reichelt große Fortschritte beim Gleiten und Springen gemacht. Die erfolgreiche Umsetzung gelang vor allem mit Rang drei in Lake Louise.

Im Höhenflug befindet sich Reichelt auch bei seiner liebsten Nebenbeschäftigung, dem Fliegen. Reichelt macht in der Pilotenausbildung große Fortschritte. Den Privatschein hat er schon in der Tasche, damit kann er etwa seine Freundin Larissa auf einen Sichtflug mit einer einmotorigen Cessna ausführen. Reichelts Traum wäre nach Ende der Rennfahrerlaufbahn eine Karriere als Linienpilot. Doch am Beispiel seines langjährigen ÖSV-Teamkollegen und Freundes Christoph Gruber sieht Reichelt, dass die Jobsuche in dieser Branche alles andere als einfach ist.

Und mit 65.000 Euro ist die Ausbildung zum Berufspiloten kein Schnäppchen. "Da muss man schon ordentlich Geld in die Hand nehmen." Reichelts Plan: "Ich muss in Kitzbühel den Niki Lauda kennenlernen."

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