Grugger: Demütig zurück auf den Schnee

Grugger: Demütig zurück auf den Schnee
Hans Grugger denkt keine sechs Monate nach seinem Sturz in Kitzbühel an ein Comeback auf der Piste.

Hans Grugger, 29, hat sich endgültig entschieden: Der Salzburger will wieder Rennen fahren. 170 Tage nach seinem lebensgefährlichen Sturz auf der Kitzbüheler Streif kann Grugger fast schon alle Übungen des Konditionstrainings der Abfahrer problemlos mitmachen. Das personifizierte medizinische Wunder aus Bad Hofgastein ist bereits wieder 87 Kilo schwer. An den Oberschenkeln hat Grugger überhaupt nichts mehr an Muskelmasse aufzuholen. Nur noch fünf Kilo trennen ihm von seinem Idealgewicht, mit dem er Weltcup-Abfahrten gewonnen hatte. Das sagen ...

der Chef (Mathias Berthold): "Dass er wieder mit uns trainieren kann, gibt der ganzen Truppe enorm Auftrieb. Aber wir werden nichts überstürzen. Im Gegensatz zu unseren anderen Pechvögel Mario Scheiber und Georg Streitberger, denen's schon wieder blendend geht, wird Grugger mit uns noch nicht nach Chile zum Abfahrtstraining fliegen."

der Abfahrtstrainer (Andreas Evers): "Im Grundlagenbereich ist Grugger gar nicht mehr so weit weg. Beim Radlfahren lasse ich mich mit ihm nicht mehr auf einen Sprint ein. Da ist der Hans jetzt schon wieder einen Tritt schneller."

der Arzt (Unfallchirurg Manfred Mittermair) aus Gruggers Heimatgemeinde Bad Hofgastein: "Was bei Grugger gelungen ist, gelingt leider nicht bei jedem. So ehrlich muss man sein. Die Versorgungskette hat nach seinem Unfall optimal gepasst. Dazu kam Grugger die außergewöhnlich gute Verfassung eines Hochleistungssportlers entgegen. Und natürlich sein eiserner Wille. Dass der Hans im rechten Fuß noch über Gefühllosigkeit klagt, ist, wenn man so massiv auf die linke Kopfhälfte fliegt, nicht unüblich. Das wird sich geben."

Und das sagt Grugger, der unweit der mondänen ÖSV-Trainingszweigstelle (Alpentherme Bad Hofgastein) daheim ist, über sich selbst:
"Mein Ziel ist es, wieder Ski zu fahren. Mitte, Ende September will ich es probieren. Weiter habe ich noch nicht gedacht. Mein Tagesablauf ist jetzt schon der gleiche wie bei den Kollegen. Vormittags trainieren, Mittagessen. Nachmittags wieder trainieren. Die Kameraden sind jetzt noch einiges besser als ich. Dort will ich wieder hin. Mein Entschluss wird nicht für alle verständlich sein. Aber bei mir ist erst vier Wochen nach dem Sturz die Wahrnehmung wiedergekommen. Dadurch habe ich das Ganze nie so dramatisch mitgekommen wie meine Familie. Irgendwann werde ich mir auch den Sturz auf Video ansehen."

Schweizer Hilfe

Grugger will mit Daniel Albrecht, den die Streif ein Jahr zuvor abgeworfen hatte, Kontakt aufnehmen, um sich über dessen Erfahrung in der Reha zu informieren. "Die Handynummer hab ich mir bereits besorgt." Der Schweizer war länger im Koma gelegen als Grugger und fuhr inzwischen wieder Rennen.

"Aber ich weiß", gibt sich Grugger realistisch, "dass es zunächst rasch aufwärts geht, ehe es dann sehr zäh wird oder vorübergehend zum Stillstand kommt." Immer wieder deutet der ehemalige Hotelfachschüler auf das Bergpanorama seiner Heimat. "Ich war immer schon ein Naturmensch. Aber nach dem Unfall ist mir beim Radlfahren so richtig bewusst geworden, wie schön unser Land und das Leben ist. Ich weiß das mehr denn je zu schätzen."

Richtig demütig sei er geworden.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare