Ferdinand Hirscher: Der Vater des Erfolges

Marcel Hirschers Vater ist ein wichtiger Betreuer des Ski-Stars.

Interview mit dem Vater des (einzigartigen Ski-)Erfolges im Lammertal. Ferdinand Hirscher, 60, sitzt zwischen Mini-Sesseln und Spielzeug in Fuxis Kinderskischule, während sein Marcel in Japan den vorentscheidenden Weltcup-Duellen gegen den norwegischen Torlauf-Wunderknaben Henrik Kristoffersen entgegenträumt.

Täglich holen Marcel Hirscher und sein Servicemann Edi Unterberger vom flugscheuen Hirscher Senior telefonisch Tipps ein. Doch in der neuen Talstation der Donnerkogelbahn, wo Ferdinand Hirscher und Kompagnons ihr Skischulbüro haben, deutet wenig auf Annabergs berühmtesten Sohn hin. Auch im Skischul-Prospekt fehlt der Name Hirscher. Penetranz sieht anders aus.

KURIER: Warum so dezent und bescheiden?

Ferdinand Hirscher: Wir wollen uns nicht auf geschäftlicher Ebene in den Erfolgen vom Marcel sonnen.

Obwohl Marcel stets betont, wie enorm Ihr Anteil an seinen Siegen ist. Und wie sehr er dem väterlichen Rat vertraut. Sind Sie auch schon einmal danebengelegen mit dem Material?

Vor zwei Jahren in Val d’Isère haben sich der Edi und ich beim Ski komplett vergriffen. Aber oft haben wir uns auch sehr gut vergriffen.

Überraschend ist, dass Marcel als Torlaufspezialist in dieser Saison immer noch der einzige österreichische Sieger in einer Speed-Disziplin ist.Die Startnummer in Beaver Creek war günstig. Aber Marcel ist auch schneller als richtig gute Speedspezialisten g’wesen, die – wie Guay, Innerhofer, Ganong – unmittelbar vor oder nach ihm gefahren sind.

In Südkorea hat Ihr Sohn soeben mit Platz sieben erneut viel Schneid in einem Super-G bewiesen. Sind Sie besorgt, wenn er im Grenzbereich daherrast?

Ganz ehrlich: Bei einem Torlauf bin ich noch nervöser.

Gerade über die Super-G-Läufe können Sie sich aber besonders ärgern.

Ja, weil manche Kurssetzer völlig vergessen, dass ein Super-G das Mittelding zwischen Abfahrt und Riesenslalom sein soll. Doch wenn ein Super-G zu gerade gesetzt wird, um Abfahrer zu bevorzugen, wird’s unnötig schnell und gefährlich.

So wie jetzt Ihnen wurde früher dem Vater von Marc Girardelli bei Speedrennen von Trainern nachgesagt, dass er nur an seinen Sohn denke.

Solche Trainer können leicht reden. Wenn’s einen Läufer von ihrem Team zerbröselt, ersetzen sie ihn durch den nächsten aus dem Kader. Für den eigenen Sohn gibt es keinen Nachfolger.

Sie haben nicht nur Ihren Sohn zum Ski-Champion, sondern auch Matthias Walkner zum Motocross-Weltmeister gemacht. Den hat’s jetzt bei der Dakar-Rallye zerbröselt.

Ferdinand Hirscher: Der Vater des Erfolges
Matthias Walkner, Motocross-Pilot mit Ferdinand Hirscher, Vater von Marcel Hirscher
Matthias ist trotz seines Oberschenkelhalsbruchs schon wieder gut drauf. Die Dakar ist etwas völlig anderes als Motocross. Das Schwierigste ist die Navigation. Wir haben das geübt: Ich habe bei uns alle Bauern ang’rufen, gefragt, ob wir im Gelände bei ihnen trainieren dürfen. Niemand hat Nein gesagt. Was Matthias in Südamerika passiert ist, war Pech. Das Licht war flach, die Sonne hat geblendet, und dann hat er ein Loch übersehen.

Flaches Licht und schlechte Sicht sollen auch die Ursache für die Stürze von Svindal, Reichelt und Streitberger in Kitzbühel gewesen sein.

Deshalb darf bei so schlechter Sicht eine schwierige Stelle wie am Hausberg nicht auch noch wellig sein.

Warum begleiten Sie Marcel nicht nach Asien? Hat einer wie Sie, der als ehemaliger Holzfäller, Bergfex und Skifahrer vor keiner Mutprobe zurückscheute, wirklich Flugangst?

Ja. Wenn ich zehn Stunden im Flugzeug sitz’, plagen mich immer wieder die gleichen Fragen: Irren die Fluglotsen net, und stimmt das Kerosin-Gemisch? Aber in zwei Jahren muss ich in Südkorea bei Olympia sein.

Noch im Februar kommt’s zu einer Premiere, zum ersten Weltcup-Parallelrennen in Stockholm. Begrüßen Sie das?

Parallelrennen sind klass. Schade, dass aus dem geplanten Weltcup vor der Gloriette in Wien noch nix geworden ist. Das wäre allein schon vom Ambiente her eine einmalige Werbung. Ich habe übrigens früher oft Parallelrennen gewonnen. Einmal auch gegen den damaligen Profi-Weltmeister Werner Herzog.

Weshalb sind Sie nicht selbst Profi in den USA geworden?

Ich hab’s mir überlegt . Ich hatte damals gerade 200.000 Schilling beisammen. Das Risiko, dass das erste, mühsam Z’sammgesparte auf der US-Tournee, wo man alles selbst hat organisieren müssen, draufgehen und ich mit null dastehen würde, war mir dann doch zu hoch.

Kann man den Trainervater des weltbesten Rennläufers als Skilehrer buchen?

Natürlich. Ich bin g’rad mit fünf gut fahrenden Kunden im Gelände g’wesen. Das verlangt Konzentration. Es ist aber eine willkommene Abwechslung vom Weltcup-Stress. Dank meiner Skischulpartner kann ich bei jedem Europa-Rennen von Marcel dabei sein.

Die letzte österreichische Weltcup-Station dieser Saison wird in zwei Wochen Hinterstoder sein. An Hinterstoder haben Sie keine guten Erinnerungen ...

Ich ärgere mich noch heute sehr darüber, dass der Kurs genau über ein Loch geführt hat und meine Warnung ignoriert wurde. Obwohl die Piste breit genug war, um den Riesenslalom-Kurs weit an diesem Loch vorbeizuführen. Prompt hat sich Marcel verletzt und die WM 2011 in Garmisch versäumt. Ähnlich fahrlässig war die Kurssetzung, der Klaus Kröll beim Finale 2013 in Lenzerheide den komplizierten Oberarmbruch zu verdanken gehabt hat.

Sie, Marcel und sein jüngerer Bruder Leon als Atomic-Angestellter sind ständig in Sachen Ski engagiert – ist wenigstens Ihre holländische Gattin schneebefreit?

Sylvia ist Skilehrerin in unserer Kinderskischule. Und sehr engagiert. Das macht es auch für unsere vielen kleinen holländischen Gäst’ viel leichter mit der Verständigung. Wenn’s Hunger haben oder aufs Klo müssen.

Wissen die Holländer, dass Marcel ihr halber Landsmann ist?

Was ich so mitbekomm’, sind sie in den holländischen Zeitungen nach Marcels Siegen ganz schön stolz auf ihn.

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