Eva-Maria Brem: "Ich muss gar nichts"

Eva-Maria Brem kennt sich aus mit Comebacks und weiß, wie viel Zeit nötig sein kann.
Eva-Maria Brem steht heute in Sölden im Fokus.

Man merkt es Eva-Maria Brem an, dass sie keine Scheu vor dem Rampenlicht hat. Im Gegensatz zu vielen ihrer Teamkolleginnen scheint es die 28-Jährige sogar zu genießen, dass sie vor dem Weltcupauftakt in Sölden (10 und 13 Uhr/live in ORFeins) die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Während Anna Veith im Ötztal die Ehrung zum Skieur d’Or, die ausgerechnet ihr Helmsponsor ausgelobt hat, schwänzte, wollte die Gewinnerin der kleinen Kristallkugel im Riesentorlauf gar nicht mehr aufhören aus ihrem Leben zu plaudern. Eva-Maria Brem über ...

... ihre Favoritenrolle "Der vergangene Winter war ein Kraftakt. Daher war nach dem Weltcupfinale auch eine gewisse Leere da. Es war wunderschön, aber wenn du vom Podium runtersteigst, dann ist es auch schon wieder vorbei. Die Kugel hilft mir jetzt nichts mehr. Ich fühl’ mich jetzt nicht als Gejagte: Die Kugel steht bei mir im Wohnzimmer, die kann mir keiner entreißen. Ich habe die Einstellung, dass es nur was zum Gewinnen gibt, und nichts zum Verteidigen oder Festhalten."

... die neuen Herausforderungen in ihrer Karriere "Man hat ja den Glauben, dass nach solchen Erfolgen alles leichter wird. Das stimmt nicht. Das Problem ist: Wenn du einmal gewonnen hast, dann willst du das immer und immer wieder erleben. Es ist schwer zu verstehen: Was uns süchtig macht, das ist das Gefühl, wenn einmal alles perfekt funktioniert. Wir sind alle immer auf der Suche nach dem perfekten Rennen. In der Hinsicht sind wir alle Getriebene. In Wahrheit sind wir alle in der Achterbahn unterwegs."

... die Ansprüche und die Erwartungshaltung "Ich spüre schon einen gewissen Druck und einen gewissen Anspruch. Aber das kommt in erster Linie von mir selbst. Ich will vor allem mich mit guten Leistungen und einem guten Rennen glücklich machen. Das ist der Antrieb. Ich lass’ mich aber sicher nicht in ein Hamsterradl reinzwängen, dass ich was leisten muss und soll. Ich muss gar nichts. Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass die österreichische Skination glücklich ist. Ich mag nicht funktionieren müssen. Was aber schon positiv ist, dass mir solche Dinge jetzt zugetraut werden."

... den Auftakt in Sölden "Ich weiß nicht, ob ich bereit bin. Man hat immer wieder solche Momente, in denen man zweifelt. Andererseits ist es gut, dass es endlich losgeht. Der Hang in Sölden ist oben extrem steil und unten extrem flach – das ist eine brutale Herausforderung. Du musst zwei Mal im Rennen umschalten und komplett anders fahren. Und das wird gleich beim ersten Rennen von dir verlangt. Ich habe aber das Gefühl, dass ich jetzt eine bessere Rennläuferin bin."

... ihre neue Popularität "Auf dem Weg zur Gondel brauche ich inzwischen etwas länger. Aber mich stresst das Ganze jetzt nicht. Vielmehr versuche ich, das zu genießen und sehe das Interesse an mir auch als Form von Wertschätzung."

... das Entscheidungsjahr 2014 "Es war schon sehr konkret, dass ich aufhöre. Ich habe mehrere Wochen darüber nachgedacht, was ich will. Eine Stimme in mir hat gesagt: ,Hey, das kann nicht alles gewesen sein.‘ Ich bin dann zur Überzeugung gekommen, dass ich es besser kann. Ich war ja gesund, erst 25 und durfte mein Hobby ausleben. Und trotzdem war ich traurig, weil es sportlich einfach nicht funktionieren wollte. Ich hab’ dann wie ein Legomännchen alles neu zusammengebaut – und seither geht’s."

... Sölden 2015 "Für mich persönlich war der achte Platz im vergangenen Jahr in Sölden meine größte Leistung im ganzen Winter. Weil es der schlimmste Tag in meiner Karriere war – und das anstrengendste Rennen überhaupt. Die Anna hatte sich verletzt und plötzlich wollte jeder, dass ich das Rennen gewinne. Dann bin auch noch krank geworden und hab’ am Abend vor dem Rennen zum Arzt müssen. Und was hat der mir verschrieben? Einen Nasenspray für Kinder. Ich hab’ mir gedacht, das kann ja nicht wahr sein. Das war wie in einem schlechten Film."

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