Dunkle Wolken hängen über dem Skisport

Die Journalistin Helen Scott-Smith glaubt an weitere Fälle, die für ein "echtes Erdbeben" sorgen könnten.

Die Masse der positiven Nachrichten auf ihrem Handy überstieg ihre Vorstellungskraft. Helen Scott-Smith wartet in London auf ihren Weiterflug in die Schweiz, und sie "kann’s nicht glauben", weiß aber sehr wohl, wie befreiend es war, über ihren Schatten zu springen.

Im am Donnerstag erschienenen Standard hat sie ihre Geschichte erzählt, eine weitere Geschichte, die schockiert, die eine Lawine mächtig anwachsen lässt, die den Skisport immer mehr vom ewig gepachtet geglaubten Heldentum trennt.

Die Sportjournalistin Helen Scott-Smith, Tochter eines Briten und einer Schweizerin, wurde vom Bericht der Nicola Werdenigg ermutigt. Zwei Aussagen, ein bedrückendes Thema. Scott-Smith wollte als 16-jähriges Mädchen bei den Briten im Skiport Fuß fassen. So sei sie Opfer von massiven körperlichen Annäherungsversuchen geworden, der Macht von Trainern ausgesetzt, die vor allem aus Österreich kamen. Männer, die mittels sexueller Erpressung ihre Karriere zu steuern versuchten.

Dunkle Wolken hängen über dem Skisport
Helen Scott-Smith

Scott-Smith konnte sich dem nur entziehen, weil sie ihre aktive Karriere beendete. 1987 kehrte sie als Journalistin in den Weltcup zurück. 1993 wurde sie von einem österreichischen Servicemann vergewaltigt.

Aufgespürt

"Ich habe den Mann seither nicht mehr gesehen. Bekannte haben jetzt recherchiert, er ist in einem anderen Job tätig, allerdings noch immer im Skisport", sagt Scott-Smith. Von dem Vorfall habe sie nur einem Journalisten und ihrer Schwester erzählt. "Der Journalist wollte es immer unbedingt öffentlich machen. Doch ich wollte das nicht. Denn dann wäre ich fertig gewesen mit der Tour."

Überhaupt hätten "diese Machtspiele, die ich als Mädchen im Skisport aushalten musste, viel, viel mehr wehgetan". Total alleine sei sie gewesen, in abgelegenen Gegenden einmal in der Woche habe sie Gelegenheit erhalten, zu telefonieren.

Warum die österreichischen Trainer im Ausland so verhaltensauffällig gewesen sind? "Klar war, dass sie in kleineren Ländern viel weniger Druck von den Medien bekommen haben. Da wurde von der Öffentlichkeit nicht so viel Augenmerk darauf gelegt, ob wir wirklich gut im Skifahren werden oder nicht."

Und jetzt, im Jahr 2017? "Die schlimmen Dinge sind sicher viel weniger geworden. Denn heutzutage ist es es ohnehin ganz anders. Es gibt Handys, du kannst etwas filmen und innerhalb von zwei Sekunden Hilfe rufen."

Neue Fälle

An diesem Wochenende will Scott-Smith im Rahmen der Weltcup-Rennen viele Gespräche führen. Auch über Vorfälle aus der Vergangenheit, von denen sie schon oft erfahren habe. Vorfälle, die nicht nur mit Trainern in Verbindung zu bringen sind, "es gibt ja viele andere Angestellte im Skizirkus".

Was jetzt noch kommen könnte?

Helen Scott-Smith ist überzeugt: "Ich war ja damals nur ein kleiner Fall. Ich glaube, da wird es noch um Leute gehen, die sind echt bekannt. Ich glaube, das große Erdbeben kommt erst. Nein, das war nicht alles. Und daran zu denken, macht mich krank."

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