Benjamin Karl: Lord of the Board

Benjamin Karl: Lord of the Board
"Ich geb' intern nie den Star": Der Snowboard-Profi über Druck, Frechheit, Neid und Millionen.

Für Benjamin Karl, 26, haben sie in Niederösterreich sogar die Geologie überlistet. 321 Meter vom Meeresspiegel erhebt sich Wilhelmsburg, der Geburtsort des besten Alpin-Snowboarders der Gegenwart. An rasante Abfahrten und Carvingschwünge war im Mostviertel nie zu denken. Bis zu diesem Winter. Am Freitag macht der Snowboard-Weltcup erstmals am Jauerling nahe Melk Station und Herr Karl hat sein Heimrennen.

KURIER: Herr Karl, wie fühlt es sich an, wenn eine Region für eine Person ein Rennen aus dem Boden stampft?
Benjamin Karl: Es ist eine Ehre. Ich bin ja noch am Jauerling gefahren, als es noch urig war mit einem Holzbügellift. Die Entwicklung des Areals ist beeindruckend.

Ist der mediale Aufwand im Vorfeld größer als sonst?
Wir können nur froh sein, wenn ein Bewerb medial so angenommen wird. Da dürfen wir Athleten uns nicht zu schade sein für Medien- und Sponsortermine.

Die Fans erwarten am Freitag von Ihnen den Sieg.
Mittlerweile ist der Druck am Jauerling größer als bei Olympia. Die Leute sind ein bisschen verwöhnt durch meine Erfolge.

Das liegt aber auch an Ihren frechen Ansagen. Muss man als Snowboarder lauter sein, um wahrgenommen zu werden?
Mir geht`s da gar nicht so sehr um die Lautstärke, sondern um den Inhalt.

Inwiefern?
In Österreichs Medien kommen im Winter in erster Linie Skifahrer zu Wort. Von denen hab` ich immer nur gehört: "Schau` ma mal, dann seh` ma scho." Einen schlimmeren Satz kenne ich nicht. Ich hab mir vorgenommen, sollte ich einmal erfolgreich werden: `So etwas Halbweiches gibt’s von mir nie zu hören.`

Sie haben bei den ORF-Shows "Die Überflieger" und "Das Match" mitgemacht. Wie groß war die Überwindung, abseits Ihres Metiers im TV aufzutreten?
Das war nie ein Thema. Außerdem hat es mir ja medial geholfen, obwohl "Die Überflieger" ein Flop gewesen sind, was die Quoten betrifft. Rückblickend wundert es mich, dass ich damals ausgewählt worden bin. Ich war zwar in der Szene bekannt, aber das war`s. Bei "Das Match", nach Olympia-Silber, hat das schon anders ausgesehen.

War Neid zu spüren?

Am Anfang sicherlich. Ich weiß nicht, ob es direkt Neid war, aber gleichaltrigen Kollegen ist es manchmal schwer gefallen, meinen Erfolg zu akzeptieren. Ich geb` intern aber nie den Star. Mittlerweile schauen sie sich das eine oder andere ab – wie ich auch noch immer von ihnen.

Gibt es bei Ihnen Neid? Der Freestyle-Snoboarder Shaun White aus den USA verdient pro Jahr rund 10 Millionen Dollar.

Das ist doch relativ. Tiger Woods hat vergangenes Jahr 63 Millionen Dollar verdient. Und das nach einer für ihn miserablen Saison. Ärgert sich nun Shaun White, weil er nicht Golfer geworden ist? Im Sport muss man sich sehr früh für eine Richtung entscheiden, da spielt Geld noch keine Rolle. Wenn ich mir andere Spitzenathleten in Österreich anschaue, geht es mir verhältnismäßig gut.

Wie steht es um die Karriere danach?
Ich hab` in meiner Jugend alles auf die Karte Snowboard gesetzt. Ich habe einen Handelsschulabschluss – wir alle wissen, das ist nicht das Gelbe vom Ei. Zehn Jahre kann ich wohl noch fahren. Danach möchte ich so viel Geld verdient haben, dass ich mir zwei Jahre Freizeit leisten kann, in der ich mich aus- und weiterbilde.

Es heißt, die alpinen Snowboarder sterben aus ...
Das hat es schon vor zehn Jahren geheißen. Wir sind noch immer da – und zwar ziemlich lebendig. Die Märkte haben sich eben ein wenig verschoben: nach Russland, nach Japan. Am Freitag wird das Zielstadion am Jauerling mit 5000 Fans voll sein. Sieht so eine tote Sportart aus?

Dennoch macht der Parallel-Weltcup planmäßig nur ein Mal pro Winter in Österreich Station.
Das ist bei der Stärke des österreichischen Teams ein wenig beschämend. Stellen Sie sich den Aufstand vor, wenn es bei den Skifahrern nur ein Heimrennen geben würde. Österreich ist ein Kernland für den Snowboardsport. Dem wird vonseiten der FIS nicht immer Rechnung getragen.

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