Lisicki auf den Spuren Beckers

Die 23-jährige Deutsche trifft am Samstag im Wimbledon-Finale auf Marion Bartoli.

Sabine Lisicki und Marion Bartoli – da gibt es auf den ersten Blick nicht wirklich viele Gemeinsamkeiten. Und doch eint die beiden Damen, die am Samstag das Wimbledon-Endspiel (15.00 Uhr, Sky Sport 1) bestreiten, eines: Beide mussten jahrelang mit wenig Unterstützung seitens des jeweiligen Tennis-Verbandes auskommen.

Lisicki auf den Spuren Beckers
Marion Bartoli of France trains on a practise court at the Wimbledon Tennis Championships, in London July 5, 2013. REUTERS/Toby Melville (BRITAIN - Tags: SPORT TENNIS)
Bartoli ist daran nicht ganz unschuldig: Die Wahl-Schweizerin war jahrelang mit dem französischen Tennisverband zerkracht. Der Grund der Streitereien war Bartolis Trainer-Vater Walter. Die Französin verlangte, um beim Fed-Cup (Damen-Nationalteam) dabei zu sein, dass ihr Vater mit ins Trainerteam aufgenommen werden muss. Der Verband blieb jedoch hart und hielt sich an seine Vorgaben, dass beim Fed-Cup keine Privattrainer zugelassen sind. Bartoli, die seit Jahren mit ihrem Vater unzertrennlich verbunden ist, wollte die Vorgabe nicht erfüllen und bleibt dem Fed-Cup-Team lange Zeit fern.

„Das ist ein Thema, über das zu reden ich vermeide, weil es mich die ganze Zeit in eine schlechte Stimmung versetzt“, erklärte die Französin, die von ihrem Land im Vorjahr auch nicht zu den Olympischen Spielen nach London entsandt worden ist. Anfang dieses Jahres wurde der Streit aber beigelegt: Bartoli schlug gegen Deutschland erstmals seit Jahren wieder im Fed-Cup-Team auf, verlor dort gegen Mona Barthel und war anschließend erkrankt. Sabine Lisicki war damals bei den siegreichen Deutschen dabei.

Nach ihrem 6:4-2:6-9:7-Marathonsieg über die Polin Agnieszka Radwanska erzählte die Deutsche Begebenheiten aus weniger schönen Tagen. „Ich musste mit dem Auto von Turnier zu Turnier fahren.“ Auch die Hotels waren nur schwer leistbar. „Aber ich habe mir mit 16 Jahren das Ziel gesetzt, die Nummer eins zu werden“, sagte Lisicki, die Einbußen in Kauf nahm. Gefördert wurde sie jahrelang nicht, weil einfach andere in Deutschland besser waren. Angelique Kerber zum Beispiel, oder Andrea Petkovic, oder Julia Görges. Sie alle erreichten aber im Gegensatz zu Lisicki niemals ein Grand-Slam-Finale. Schon der Finaleinzug bringt umgerechnet fast 940.000 Euro, der Sieg würde mit 1,87 Millionen Euro vergütet werden. Das gilt freilich auch für Marion Bartoli.

Boulevard und Poesie

Die britischen Medien haben mit Lisicki jedenfalls ihren Liebling gefunden. „Sab Fab! – Fantastische Lisicki trifft auf Schlafmütze Bartoli“, schrieb The Sun. Die Times wurde gar poetisch: „Mit ihrem blonden Zopf, ihrem etwas schrägen Gesichtsausdruck sowie ihrer Neigung, in unerwarteten Momenten zu lächeln – und noch unerwarteter zu gewinnen – wurde sie zur großen Überraschung der vergangenen 14 Tage.“ Und in England bekam sie die Spitznamen Doris Becker oder Boom- Boom-Bine – in Anlehnung an den dreifachen Wimbledon-Champion Boris Becker. Wenngleich nicht in den großen Geschichten, die bekam natürlich Lokalmatador Andy Murray, der gestern Abend seine Semifinalpartie gegen den Polen Jerzy Janowicz bestritt.

Fest steht, dass es zwei Spielerinnen ins Finale geschafft haben, die vor dem Turnier nicht in den Top 10 standen. Die 23-jährige Lisicki ist (noch) die Nummer 24, die 28-jährige Bartoli die Nummer 15.

Historisches

Keine Überraschung ist, dass die Zwillinge Bob und Mike Bryan heute im Doppel-Finale aufschlagen. Besiegen die Amerikaner die kroatisch-brasilianische Paarung Ivan Dodig/Marcelo Melo dann halten sie als erstes Team überhaupt alle vier Major-Titel sowie Olympia-Gold zur selben Zeit.

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