Sensationsfinale in New York

Kei Nishikori darf erstmals Finalluft bei einem Grand-Slam-Turnier schnuppern. Sein Erfolgsgeheimnis heißt Michael Chang.
Zwei Debütanten in einem Grand-Slam-Endspiel: Der Japaner Kei Nishikori besiegte bei den US Open den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic in vier Sätzen, der Kroate Marin Cilic den Schweizer Roger Federer in drei.

Überraschung in New York: Der Japaner Kei Nishikori setzte seinen Siegeszug bei den US Open prolongiert und steht als erster asiatischer Tennisspieler im Endspiel eines Grand-Slam-Turniers. Der in Florida lebende 24-Jährige schaffte am Samstag eine Sensation, als er den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic in New York überraschend deutlich mit 6:4,1:6,7:6(4),6:3 bezwang.

Im Finale am Montag (23 Uhr MESZ, Eurosport) trifft der neue Weltranglisten-Achte nicht auf den fünffachen Turniersieger Roger Federer, den dieser wurde vom Kroaten Marin Cilic vorgeführt und verlor glatt 3:6, 4:6, 4:6. Nishikori verwandelte nach 2:52 Stunden im Arthur-Ashe-Stadium seinen zweiten Matchball und ließ seinen Coach Michael Chang jubeln. „Es ist ein großartiges Gefühl, die Nummer eins geschlagen zu haben. Ich bin so happy“, sagte Nishikori noch auf dem Platz. „Ich habe versucht, konzentriert zu bleiben nach dem zweiten Satz. Es waren schwere Bedingungen, sehr heiß, sehr feucht.“ Djokovic hingegen kam nie richtig in Fahrt.
Alles gleicht ein bisserl dem amerikanischen Traum. Immerhin wird Nishikori, der als erster Japaner in einem Grand-Slam-Halbfinale der Profi-Ära (seit 1968) steht, seit Jahresbeginn von einem Amerikaner trainiert, der kämpfen gelernt hat: Michael Chang, seines Zeichens French-Open-Sieger 1989 (legendär wurde er damals im Achtelfinale, in dem er beim Marathonsieg über Ivan Lendl von unten aufschlug).

In New York selbst war dieser als Lokalmatador weniger vom Glück verfolgt. Nur 1996 marschierte der heute 42-Jährige nach einem Sieg über den Publikumshelden Andre Agassi ins Finale ein, in dem er gegen einen anderen Hausherren und Landsmann, nämlich Pete Sampras, ziemlich chancenlos war.
So unbeugsam wie Chang, der seine Wurzeln ebenfalls in Asien hat, wirkte in seinem Widerstandsgeist auch Nishikori im Verlauf dieses Turniers, und vor allem gegen Djokovic. Dazu kommen eine ausgeprägte Technik, eine enorme Reaktionsschnelligkeit und vor allem ein Kampfgeist à la Chang.

Nationalheld

Jetzt ist er einmal in seinem Geburtsland Japan ein Nationalheld, wird in New York von zahlreichen Journalisten seines Landes verfolgt und von Fans um Autogrammwünsche gebeten. Dabei sind die USA längst seine Heimat, da er bereits mit 14 im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Grenzen durchbrechen wollte. Es gelang. Heuer schaffte er den endgültigen Durchbruch, im Mai stand er erstmals in den Top 10 der Weltrangliste. Tendenz nach den US Open natürlich steigend. Und: Vielleicht sieht man den talentierten Burschen ab 13. Oktober auch bei den Erste-Bank-Open in der Wiener Stadthalle. Turnierboss Herwig Straka bemüht sich, den Sensationsmann nach Wien zu bekommen.

Finale

Nishikoris Gegener im Finale heißt überraschenderweise nicht Roger Federer, sondern Marin Cilic. Der Kroate setzte sich gegen den Schweizer durch. "Das ist ein wunderbarer Tag für mich. Davon habe ich nie zu träumen gewagt. Es war die beste Leistung meiner Karriere", sagte Cilic im Siegerinterview auf dem Platz, während Federer enttäuscht in der Kabine verschwand. Der fünfmalige US-Open-Champion verpasste nach der unerwartet klaren Niederlage die Chance auf seinen 18. Titel bei einem der vier wichtigsten Turniere im Jahr. In drei Jahren erreichte der doppelte Zwillingsvater nur ein Grand-Slam-Endspiel - und das verlor er in diesem Jahr in Wimbledon gegen Djokovic.

Marin Cilic' Erfolg kommt auch nicht von ungefähr. Der 25-Jährige kann alles gut, vor allem aufschlagen. Kein Wunder, wird er doch Goran Ivanisevic betreut, für den der Begriff Aufschlagkanone wahrscheinlich erfunden wurde. "Er gibt mir das Selbstbewusstsein, habe das Gefühl, ich kann alle schlagen. Goran hat mich vor allem aber auch im Spiel verbessert", sagt Cilic über seinen Coach.

Zum ersten Mal seit fast zehn Jahren stehen damit weder Djokovic, Federer oder der aktuell verletzte Rafael Nadal im Finale eines Grand-Slam-Turniers. Zuletzt war dies 2005 bei den Australian Open im Finale zwischen Marat Safin und Lleyton Hewitt der Fall. Nishikori schaffte es als erster asiatischer Tennisspieler in ein solches. Damit ist auch klar, dass 2014 erstmals seit 1998 sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern vier verschiedene Spieler die vier Grand-Slam-Turniere gewinnen werden.

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