Unentschieden: Kontroverse bei Canelo vs. GGG

GGG hatte Canelo über weite Strecken des Kampfes im Griff.
Der vielbeachtete Showdown zwischen zwei der besten Boxer der Welt endete nicht ohne einen Hauch von Skandal.

Es hätte die Rückkehr des Boxsports zu einer Art von Normalität werden sollen, nach einem Sommer, in dem alles im Schatten des "Money Fight" zwischen Floyd Mayweather und MMA-Star Conor McGregor stand. Es hätte ein echter Jahrhundertkampf werden sollen - das erste Aufeinandertreffen zwischen Gennadi "GGG" Golovkin und Saul "Canelo" Alvarez, die gemeinsam auf 89 Kämpfe kommen und dabei nur eine Niederlage zu Buche stehen haben, die Alvarez 2013 gegen Mayweather erlitt. Es hätte ein Spektakel zwischen zwei Knockout-Künstlern werden sollen, die in ihren Karrieren insgesamt 67 Gegner vorzeitig auf die Bretter geschickt haben.

Hätte. Denn was nach dem großen Kampf in Las Vegas bleibt, das ist ein fauler Nachgeschmack, ein Geschmack, den der Boxsport nur allzu gut kennt: Betrug. Denn nach 12 Runden steht kein Sieger fest, sondern ein Unentschieden - für GGG das erste in seiner Karriere, für Canelo das zweite. Kein ausgeschlossenes Ergebnis, wenn zwei der weltbesten Boxer aufeinander treffen und gleich um vier WM-Gürtel boxen - jene der IBF, IBO, WBA und WBC. Aber der Blick auf die Urteile der Punkterichter lässt nach einem Kampf, den Golovkin über weite Strecken dominierte, Zweifel aufkommen.

Drei Richter, drei Kämpfe?

Als einziger der drei Punktrichter hatte Don Trella am Ende ein Unentschieden zu Buche stehen - 114:114 nach zwölf Runden. Angesichts von Golovkins Überlegenheit eine Überraschung. Weniger überraschend, dass Dave Moretti den Kampf mit 115:113 - wenn auch denkbar knapp - zugunsten von Golovkin beurteilte. Nur die dritte Punktrichterin, Adalaide Byrd, schlägt aus der Reihe. Sie wertet den Kampf mit 118:110 zugunsten von Alvarez.

Das sollte nicht überraschen - Byrd ist bekannt dafür, eigenartige Urteile zu fällen. Schon 2016 stand sie bei einem Kampf von Canelo in der Kritik - als Alvarez Amir Khan über sechs Runden dominierte und schließlich per Knockout bezwang, hatte Byrd als einzige den unterlegenen Khan auf ihrem Wertungszettel vorne. Ähnlich kontroverse Entscheidungen finden sich auch in ihren Auftritten als Punktrichterin im Mixed-Martial-Arts-Bereich.

Der Sport kommt nicht zur Ruhe

Es ist zudem die nächste mehr als dubiose Entscheidung in einem Titelkampf in diesem Jahr. Erst im Juli hatte sich Manny Pacquaio, selbst lange Zeit als einer der weltbesten Boxer gefeiert, überraschend in Brisbane gegen den Lokalmatador Jeff Horn geschlagen geben müssen. Horn war von den Punktrichtern nach einem engen Kampf zum Sieger und neuen Weltmeister gekürt worden, obwohl der Kampf nach Ansicht zahlreicher Experten zugunsten von Pacquaio verlaufen war.

Box-Legende Teddy Atlas war nach dem Urteil in Las Vegas nicht zu halten. "Korruption im Boxsport", kommentierte der einstige Trainer von Mike Tyson das Ergebnis knapp. "Immer dem Geld nach. Der Boxsport ehrt die Dinge nicht, die man ehren sollte. Der Sport verehrt nur noch Geld und Macht." Mit der Unterstellung, dass die Veranstalter ein Unentschieden forcierten, um einen lukrativen Rückkampf ansetzen zu können, war Atlas nicht alleine.

Was bleibt nach dem erhofften Superfight? Die Erkenntnis, dass der Boxsport auch nach dem "Money Fight" nicht zur Ruhe kommt - und dass auch abseits von Mayweather-Dimensionen vor allem anderen das Geld zählt.

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