Tour de France ohne Eisel: "Es tut weh"

Sky Procycling rider Bernhard Eisel of Austria crosses the finish line during the individual time trial in the first stage of the 99th Tour de France cycling race in Liege, June 30, 2012. REUTERS/Stephane Mahe (BELGIUM - Tags: SPORT CYCLING)
Bernhard Eisel startet bei der Österreich-Rundfahrt, mit dem Kopf ist er in Frankreich.

Bernhard Eisel ist durch und durch eine ehrliche Haut. Er sagt, was er sich denkt, und er zeigt, wie er sich fühlt. „Es tut immer noch weh“, gibt der österreichische Radprofi unumwunden zu. Eigentlich sollte er an diesem Wochenende ja im sonnigen Korsika sitzen, Sattel an Sattel mit seinen berühmten Kollegen von der Sky ProCycling-Mannschaft und die Jubiläumstour in Angriff nehmen, aber stattdessen hockt er in Tirol und zittert dem Start der Österreich-Rundfahrt entgegen. Nicht etwa vor lauter Aufregung, sondern weil sich die Region dieser Tage wie im Spätherbst präsentiert.

Aber nicht einmal darüber kann und will sich Eisel derzeit richtig ärgern. Nachdem er die Nachricht erhalten hatte, dass die Tour de France erstmals seit neun Jahren ohne ihn stattfindet, ist der Steirer regelrecht in Schockstarre verfallen. „Team Sky setzt bei der Tour nur auf Bergfahrer. Da war dann kein Platz für mich“, erklärt Eisel.

Dabei waren seine Planungen ganz auf die Rundfahrt durch Frankreich ausgerichtet. Eisel hatte sich gedanklich bereits auf die Tortur eingestellt, aber nun sind ihm der Spaß und die Motivation ein wenig verloren gegangen. „Man kann das, was ich in den letzten zehn Tagen gemacht habe, wahrscheinlich nicht als Training bezeichnen“, erzählt der 32-Jährige, der sich erst gar nicht gezielt auf seine erste Österreich-Rundfahrt seit 2003 vorbereitet hat. „Ich war eigentlich nur mehr zum Spaß Radfahren und bin öfter einmal im Training abgebogen und habe einen Kaffee getrunken.“

Bergwertung

Deshalb will Bernhard Eisel vor der Österreich-Rundfahrt auch nicht groß über Ziele philosophieren. Aber nicht etwa, weil er nicht in Form wäre („ich war vor zehn Tagen in Topform“), sondern weil er derzeit noch nicht weiß, ob nach der erlittenen Enttäuschung auch der Kopf mitspielt. „Du kannst nicht so einfach den Schalter umlegen und alles zerreißen.“ Das selektive Streckenprofil kommt erschwerend hinzu: Zum Auftakt (11.30 Uhr in Innsbruck) geht’s in 2000 Meter Seehöhe nach Kühtai, am Montag wartet das Kitzbüheler Horn, dann kommt noch der Glockner. Alles andere als eine perfekte Umgebung für den Sprintspezialisten. „Es bietet sich wenig an“, meint Eisel, der auf ein Erfolgserlebnis bei den beiden Flachetappen hofft.

Prominenz

Es wäre langsam auch wieder höchst an der Zeit für einen österreichischen Sieg bei der Österreich-Rundfahrt. Seit 2008 radeln die Lokalmatadore einem Etappensieg nun schon hinterher, und auch in diesem Jahr wird’s schwierig angesichts der prominenten Konkurrenz. Mit dem Belgier Tom Boonen (2005), dem Italiener Alessandro Ballan (2008) und dem Norweger Thor Hushovd (2010) sind gleich drei ehemalige Straßen-Weltmeister am Start, dazu kommen noch der mehrmalige Schweizer Weltmeister im Zeitfahren, Fabian Cancellara, und etliche aufstrebende Talente.

Auch einen jungen Österreicher hat Bernhard Eisel dabei im Auge. Riccardo Zoidl. Der 25-jährige Zeitfahrspezialist aus Oberösterreich hat laut Eisel das Zeug für einen Spitzenrang in der Gesamtwertung und in naher Zukunft auch für einen Platz in einem Profi-Rennstall. „Der wird seinen Weg noch machen.“

Bernhard Eisel selbst will sich derweil durch die Degradierung nicht aus dem Tritt bringen lassen. Seine Gedanken sind noch immer, und schon wieder, bei seiner geliebten Tour de France. „Bevor ich nicht meine zehnte Tour gefahren bin, höre ich sicher nicht auf“, verspricht der 32-Jährige.

Kommentare