Super Bowl: Trump bevorzugt die Patrioten

Die Vince Lombardi Trophy gibt es am Sonntag zu gewinnen.
Hochpolitisch ist das Duell von den Atlanta Falcons mit den New England Patriots, die als Trump-Klub gelten.

Wieso oft in letzter Zeit blickt auch an diesem Sonntag die ganze Welt Richtung USA. Der feine Unterschied? Es ist ein Blick voller Vorfreude. Im 51. Super Bowl treffen in Houston die New England Patriots auf die Atlanta Falcons (TV-Übertragung ab 22.40 Uhr MEZ/live Puls4, Sat.1, DAZN). Die beste Offensive (Falcons) fordert die stärkste Defensive (Patriots).

Obwohl: Ohne Politik und Donald Trump geht auch das größte Sportspektakel des Jahres nicht über die Bühne. Das diesjährige Finale in der National Football League ist so politisch wie nur wenige Endspiele.

Die New England Patriots gelten als Trump-Klub, der Verein von der Ostküste pflegt eine enge Beziehung zum neuen Präsidenten der USA. Klubbesitzer Robert Kraft war lange Zeit sogar im Gespräch als Botschafter in Großbritannien, Cheftrainer Bill Belichik wurde im November am Tag vor der Wahl von Trump in dessen Abschlussrede erwähnt. Trump zitierte aus einem Brief, den ihm Freund Belichik geschrieben hat: "Hoffentlich wird die morgige Wahl dazu führen, dass Amerika great again wird." Trump war glücklich, "einen Sieger wie ihn an meiner Seite zu wissen".

Kein anderer Trainer hat den Super Bowl so oft gewonnen wie der 64-Jährige. Heute geht es für Belichik – wie auch für seinen Starquarterback Tom Brady – um die fünfte Trophäe. Ein Meilenstein.

Die beiden zeichnen gemeinsam für die prägendste Ära im modernen Football verantwortlich. In einem Sportsystem, dessen oberstes Gut (neben Profit) Chancengleichheit ist, haben es die Patriots in den vergangenen 16 Jahren sieben Mal in den Super Bowl geschafft. In den jüngsten sechs Saisonen standen sie zumindest im Halbfinale.

Strikte Klub-Philosophie

"Es geht nie um einen Akteur, einen Spielzug, eine Situation. An der Wand in unserer Kabine hängt ein Plakat, auf dem steht: Du musst das Richtige fürs Team tun, auch wenn es nicht das Richtige für dich sein mag", erklärt Tom Brady die Klub-Philosophie.

Auch den Quarterback verbindet eine enge Freundschaft mit Donald Trump, wenngleich der 39-Jährige vor dem Endspiel zu beschwichtigen versuchte: "Was gerade in der Welt los ist? Ich habe nicht wirklich aufgepasst."

Lady Gaga kündigte einen besonderen Moment an

Super Bowl: Trump bevorzugt die Patrioten
TOPSHOT - Lady Gaga throws a football as she meets with the press during the Super Bowl LI Pepsi Zero Sugar Halftime Show Press Conference at the George R. Brown Convention Center February 2, 2017 in Houston, Texas. / AFP PHOTO / TIMOTHY A. CLARY
Sehr wohl etwas von der politischen Stimmung mitbekommen hat Lady Gaga. Und der Popstar sorgt heute für die Halbzeitshow. Als bekennende Trump-Gegnerin kündigte die 30-Jährige an, einen Moment zu kreieren, "den jeder sehen kann und niemand vergisst".

Mit Aufregern kennt man sich in Houston aus: 2003, beim 38. Super Bowl, sorgte Janet Jackson mit einer entblößten Brustwarze für Schlagzeilen. Der Sieger hieß damals übrigens: New England.

Die größten Aufreger beim Super-Bowl:

American Football hat in Österreich zwei Gesichter bzw. Stimmen: die von Walter Reiterer und Michael Eschlböck. Seit Jahren kommentiert das Duo mit Fachwissen und Schmäh die Football-Übertragungen auf Puls4.

Die Super-Bowl-Übertragung wurde vom Studio mitten in eine gigantische Party in der Marx-Halle verlegt – es ist mit 2200 Besuchern das größte Super-Bowl-Fest Europas, behauptet der Sender. Reiterer: "Da wird ziemliche Partystimmung aufkommen!" Eschlböck: "Diesmal haben wir die unmittelbare Reaktion des Publikums, wie Platzsprecher. Ich bin schon neugierig, ob wir die Regieanweisungen im Kopfhörer noch hören werden."

American Football – vor einigen Jahren noch reiner Exoten-Sport für ein paar Experten – wird auch in Österreich immer mehr zum Massenphänomen. Das bildet sich auch in den Einschaltquoten bei Puls4 ab: 2016 hatte die Super-Bowl-Übertragung im Schnitt mehr als 83.000 Zuschauer (ein Plus von 17 % gegenüber 2015) – und das bei einer Sendung, die bis gegen vier Uhr Früh läuft. Zudem muss man die Quote vermutlich verdoppeln – weil all die Seher, die auf Partys zuschauen, vom Teletest nicht erhoben werden. Insgesamt wurden in der aktuellen Saison 1,4 Millionen Menschen mit den Übertragungen erreicht.

Avocado und Gaga

Der Super Bowl, erklärt Eschlböck – der auch Präsident des österreichischen Verbandes ist – durchdringt als Phänomen längst die Gesellschaft. Das beginne bei Wirtschaftsgeschichten über 95.000 Tonnen Avocados, die extra fürs Finale von Mexiko in die USA geliefert werden ("die werden über die Mauer geschossen", wirft Reiterer ein). Und es reicht bis zur Diskussion über die Halftime-Show – die heuer von Lady Gaga bestritten wird. Reiterer: "Ich würde mir zu Hause keine Platte von ihr auflegen, aber ich finde sie beeindruckend."

Football sei mehr als andere Sportarten auch ein Phänomen der Popkultur, analysiert Eschlböck. Etwa in der Mode – immer mehr Menschen tragen Football-Kleidung (oft ohne zu wissen, dass es solche ist).

Wie Schach

Das Faszinierende an dem Sport sei die Tatsache, dass er so viele Varianten ermögliche. Reiterer: "Mir hat ein Trainer gesagt, er sei Coach geworden, weil er das Spiel nie ganz verstehen wird." Eschlböck: "Vergleichbar mit Schach – man kann dem sein Leben widmen."

Reiterer und Eschlböck, Gewinner der KURIER-ROMY, sind selbst schon Kultfiguren, auch wegen ihrer Gags, die sie in die Übertragungen einstreuen. Geplant sei da nichts. Reiterer: "Wir haben uns noch nie einen Schmäh vorher überlegt." Eschlböck: "Das ist alles spontan, wir haben kein Drehbuch."

Die beiden werden auch immer öfter erkannt und um Selfies gebeten, was beide freut. Reiterer: "Ich bin aber nicht Justin Bieber, mir laufen keine Mädels nach, eher sind es sportbegeisterte Herren, die Selfies wollen." Eschlböck: "Auf einem Fest hat einmal eine Frau ihrem Mann zugerufen: ,Schau, Schatz, das ist der, der jede Sonntagnacht bei uns im Schlafzimmer ist‘."

Eschlböck erhofft sich, wie jedes Jahr, von der Super- Bowl-Begeisterung auch Impulse für den heimischen Sport. Es gibt jetzt sogar eine eigene Crowdfunding-Aktion zur Unterstützung von Nachwuchs- und Marketingarbeit: supportfootball.at.

Turbulentes Spiel

Und was erwarten die beiden Experten vom Spiel? Eschlböck: "Entscheidend wird sein, was der Defense der Patriots einfällt gegen die Offense der Falcons – denn die ist nahezu perfekt." Reiterer: "Wir werden ein turbulentes Spiel sehen, wir werden Fehler sehen, Turnovers erleben, Fumbles, es wird davon abhängen, wem mit der Defense mehr gelingt."

(von Guido Tartarotti)

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